Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Riven Rock

Riven Rock

Titel: Riven Rock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.C. Boyle
Vom Netzwerk:
seinen Mund und gab ihm einen Kuß, einen feuchten, echten Kuß, die Hitze ihrer Leiber vereinigte sich, sie lag über ihm auf der Decke, und Stanley zwängte sich nach hinten gegen das Kopfbrett, aber ihm blieb kein Ausweg. Er kämpfte sich von ihren Lippen frei und kam prustend hoch wie ein Taucher, die Nachtmütze schief auf dem Kopf, das blaue Licht von den Fenstern so scharf und greifbar wie ein Eisblock. »Ich bin nicht...« sagte er, »ich – ich – ich...«
    »Psst«, raunte sie wieder, und im nächsten Moment war sie unter der Decke bei ihm, berührte seine Zehen mit ihren, ihre Brüste drückten sich sanft gegen den Stoff seines Nachthemds, ihr Kopf drängte sich unter seinen Arm, und sie umarmte ihn lange, eine Ewigkeit, bis sie spürte, wie er sich entspannte – ansatzweise jedenfalls. Sie küßte ihn weiter, küßte seine Wange, seine Kehle, seine Finger, und dann, nach einer weiteren Ewigkeit, schob sie ihm forschend die Hand unter das Nachthemd, bis sie fand, wonach sie suchte.
    Sein Penis war schlaff. Oder eigentlich nicht schlaff, aber steif war er auch nicht gerade. Es war der erste Penis, den sie je in der Hand gehalten hatte, und sie war erstaunt, wie klein er war, wie sie ihn in voller Länge in der Hand bergen konnte, aber sie wußte genug, um ihn zu reiben, zu reizen, ihn anschwellen zu lassen, und dabei küßte sie die ganze Zeit seinen Hals und keuchte heiße Koseworte in den Kragen seines Nachthemds. Anfangs versteifte er sich – überall außer an der einen Stelle – und versuchte ihrer Berührung auszuweichen, doch nach einer Weile (fünf Minuten? zehn?) fühlte sie etwas, eine deutliche Regung, ein Zucken, eine spürbare Schwellung. Ermutigt brachte sie die andere Hand ins Spiel, sie streichelte ihn jetzt heftig, streichelte Stanleys erwachendes Glied zwischen den Handflächen, mit der Intensität einer Indianerin, die mit zwei Stöcken Feuer schlägt.
    Und sie erzeugte auch Feuer – gewissermaßen. Er war jetzt erigiert – oder fast jedenfalls, sie war da keine Expertin –, und sie hob sein Nachthemd, um sich auf ihn zu rollen, rieb jetzt nicht mehr mit den Händen, sondern mit dem eigenen Unterleib, und dieses Gefühl war berauschend, wie nichts, was sie je erlebt hatte, außer vielleicht bei Lisette mit dem frühreifen Zeigefinger, und sie flüsterte: »Stanley, Stanley, ich bin bereit. Mach mir ein Baby, Stanley, mach ein Baby.«
    Aber er machte kein Baby. Versuchte es nicht einmal. Sobald sie es sagte, verschrumpelte er zu einem Nichts, ja weniger als nichts, zu einem weichen, kleinen, verzärtelten Dingelchen, das sich in seinem Nest zusammenkringelte, und als sie wieder nach ihm griff, stieß er sie weg – und das weit unbeherrschter als notwendig.
    Schlagartig drang kalte Luft herein, die Laken flatterten heftig, und plötzlich stand er im Gletscherlicht des Schlafzimmers vor ihr, sie konnte gerade sein Gesicht erkennen, die verzerrten Lippen, das wilde Glitzern in seinen Augen. Er bebte. »Du Hure!« schrie er. »Du dreckige Hure!«

3
    Auf unsicherem Boden
    Dr. Kempfs Ära begann 1926, aber die Notwendigkeit von Taten, von Hoffnung, von einem Wechsel bestand seit langem, wie O’Kane als erster bezeugt hätte. Unter Brush und dem neuen Grundstücksverwalter (einem schmuddligen, unfähigen, unredlichen kleinen Schwabbelgesicht namens Hull) verfiel allmählich nicht nur das Haus, sondern auch Mr. McCormick selbst. Tag für Tag, aber so langsam, daß man es kaum recht bemerkte, zog er sich in sich zurück, so als entglitte er wieder in die Katatonie der Anfangsjahre, und O’Kane befürchtete schon, sie müßten ihn bald wieder fixieren und mit dem Schlauch ernähren. Mr. McCormick war mißmutig und apathisch, er sprach kaum noch, und manchmal wollte er sich tagelang nicht ankleiden – selbst die Aussicht auf eine Spazierfahrt entlockte ihm nur wenig Enthusiasmus. Und natürlich war es unangenehm genug, ihn dazu zu zwingen, sich auszuziehen und in die Dusche zu steigen, noch viel schlimmer aber war es, ihn dazu zu bringen, in die Hosenbeine zu schlüpfen, wenn er absolut dagegen war.
    O’Kane war kein Psychiater (auch wenn er mehr Erfahrung auf dem Gebiet besaß als die Hälfte aller Seelenklempner, die mit ihren aufgeklebten Bärten und ihren Kraut-Theorien im Land herumliefen), aber er hatte mittlerweile einen Draht zu Mr. McCormicks Stimmungen, und er war besorgt. Soweit er es einschätzte – und er hatte wieder und wieder mit Mart darüber gesprochen –, ließ sich

Weitere Kostenlose Bücher