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Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)

Rixende ... : Historischer Roman (German Edition)

Titel: Rixende ... : Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helene Luise Köppel
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stand, nickte.
    „Nun gut“, meinte Fulco, trat zur Tür und ließ den Kerkermeister holen. Jetzt war es an der Zeit, die Drohung zu verschärfen.
    Es dauerte eine Weile, bis Polignac die Treppen heraufgekeucht kam.
    „Ja, Herr Inquisitor?“ fragte er und schnappte nach Luft. Er trat ein und sah dann erstaunt auf den Gefangenen. Diesen Mann hatte er doch schon einmal gesehen! Woher nur kannte er das listige Mausgesicht?
    „Auf die Streckbank mit ihm!“ sagte Fulco leise.
    Polignac zögerte einen Augenblick, denn er überlegte noch immer. Dann zuckte er ratlos mit den Schultern und setzte seinen massigen Körper in Bewegung. Cléments Augen weiteten sich vor Schreck. Er stieß einen heiseren Schrei aus, wich geschickt vor Polignac zurück, machte einen Satz zum Fenster, drückte die hölzernen Läden auf, schwang sich hinaus - und sprang ...
    Polignac, der schon seiner Schwerfälligkeit wegen, nicht die geringste Aussicht gehabt hätte, Clément zurückzuhalten, sah verblüfft auf den Inquisitor, dem ebenfalls der Mund offenstand vor Überraschung.
    Fast gleichzeitig rannten die beiden zum Fenster.
    Dort unten auf der Gasse lag er, in einer Blutlache, seltsam verrenkt, und rührte sich nicht mehr.
    In diesem Augenblick jedoch fiel es dem Kerkermeister wie Schuppen von den Augen. Er kannte seinen Namen nicht, aber er wusste dennoch, wer der Mann war. Vormals hatte er einen sonderbaren griechischen Bart getragen.

31
    Im Herzen leugnet, wer samt ihren Gaben
    missachtet die Natur in frevlem Mut ...
    Dante, Die Göttliche Komödie

    Die Nachricht, dass sich jemand aus dem Turm der Inquisition zu Tode gestürzt hatte, machte noch am selben Tag die Runde in Carcassonne. Auch Rixende erfuhr davon, und sogleich kam ihr Clément in den Sinn. Doch sie verwarf diesen Gedanken wieder und schob ihn ihrer ausschweifenden Phantasie zu.
    Als aber am nächsten Morgen Saint-Georges vor ihr stand, sah sich Rixende in ihrer Ahnung bestätigt. Fulco hatte dunkle Ringe unter den Augen, seine Bewegungen waren fahrig, und er war ernst wie nie zuvor.
    „Was ist mit dir, Liebster?“ fragte sie besorgt, als sie sich die Schreibstube eingeschlossen hatten.
    Nachdem ihr Fulco alles erzählt hatte, meinte sie mit Tränen in den Augen.
    „Das hab ich nicht gewollt. Hätte ich nur geschwiegen! Habt ihr ihn bereits bestattet?“
    „Ich habe ihn dorthin bringen lassen, wo die Ketzer verscharrt werden.“
    „Verscharrt?“ Rixende war erschüttert. „Aber er war doch ganz sicher kein Katharer!“
    „Natürlich nicht, doch er hat selbst Hand an sich gelegt. Solche Leute kommen wie die elenden Ketzer für gewöhnlich auf den Schindanger.“
    „Was wird Abbéville dazu sagen?“
    „Laß mich nur machen! Ich befördere seinen Kundschafter kurzerhand zu einem Katharerparfait aus den Bergen. Punktum. Abbéville wird den Leichnam nicht ausgraben und ansehen wollen. Irgendwann wird er seinen Spitzel natürlich vermissen, dann werde ich ihm sagen, dass er gut beraten ist, ihn in der Hölle zu suchen, dort, wo er hingehört.“
    Rixende hielt die Luft an. „Ich bin überrascht, wie kalt du daherreden kannst. Du scheinst deinem Amt nicht immer entfliehen zu können.“
    „Wie meinst du das?“
    „Nun, aus deinen Worten sprach soeben der Inquisitor von Carcassonne. Was ... was würdest du denn tun, wenn ich zugäbe, eine Ketzerin zu sein?“ fragte Rixende leise.
    Fulco sah sie überrascht an.
    „Nun, bist du eine Katharerin, Rixende?“
    „Nein“, sagte sie nach langer Überlegung. „Ich bin keine Katharerin, ich bin im rechten Glauben aufgewachsen und noch heute eine gute Katholikin, wenn auch höchst wahrscheinlich nicht getauft. Doch ist es an der Zeit, dass du erfährst, dass meine Eltern auf dem Scheiterhaufen ihr Leben lassen mussten. Das ist lange her.“
    Fulco senkte seinen Blick. „Ich weiß es längst ...“
    „Seit du in Gavarnie warst, nicht wahr?“
    „Nein. Diese Grazide war zwar nicht besonders gut auf dich zu sprechen, doch sie hat dich nicht verraten. Abbéville hat es mir erzählt. Er weiß alles über dich und deinen Bruder.“
    „Über meinen Bruder?“ Rixende fuhr erschrocken hoch.
    Fulco nahm Rixendes Hände in die seinen, doch sie entzog sie ihm rasch.
    „Hab doch keine Angst, Liebste. Mir kannst du vertrauen! Ich würde nicht wollen, dass dir etwas geschieht.“
    „Vertrauen?!“ Nicht Enttäuschung, sondern tiefe Traurigkeit lag in Rixendes Stimme. „Du reitest hinter meinem Rücken nach Gavarnie und fragst

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