Riyala - Tochter der Edelsteinwelt 3: Unter dem Eis funkelt die Nacht: Fantasy-Serial (German Edition)
Riyala. „Wie viele eurer jungen Frauen und Männer habt ihr schon nach Orkania ziehen lassen – um sie nie mehr wiederzusehen? Wie viele Leben wurden geopfert, damit die Halbgöttin ihren Hunger nach Seelen stillen konnte?“
„Schweig, Fremde!“, donnerte der schnauzbärtige Glatzkopf, und aus dem Hintergrund schrillte die Stimme einer Frau: „Seht nur, sie wurde von A-UL gezeichnet!“
Und jetzt starrten alle auf die Klaue des Falken, die Riyala vor Erregung in die Luft gestreckt hatte. Es musste ohne jeden Zweifel bizarr aussehen.
Flüche und Verwünschungen zerrissen den Frieden des Sandstrandes und die Stille der See. Die Jaméaner waren ohne jeden Zweifel fanatische Anhänger ihrer „Halbgöttin“ und würden sich in blinde Wut hineinsteigern – es war sinnlos, vernünftig mit ihnen sprechen zu wollen.
Als die ersten Männer mit lautem Gebrüll auf sie losstürmten, blieb Riyala ruhig stehen und zog mit einer eleganten Bewegung ihr Kurzschwert. Die Klinge blitzte hell im Licht der Nachmittagssonne. Sofort prallten die Männer zurück, als seien sie gegen eine unsichtbare Mauer gelaufen.
Riyala wusste, dass sie allein mit einem Schwert gegen diese Übermacht nichts ausrichten konnte. Und sie wollte im Grunde auch niemanden erschlagen. Aber es fühlte sich gut an, die Waffe fest in der Hand zu halten. Mehr als gut: Es war richtig, sich zu wehren und das Leben mit starkem Griff in die eigenen Hände zu nehmen.
„Steinigt sie!“, heulte der Anführer der Leute nun mit Schaum vor dem Mund, und alle johlten zustimmend – doch selbst jetzt, angesichts dieser grausamen Bedrohung, verspürte Riyala keine Furcht.
Sie sah die rasenden Menschen weiterhin ruhig und gefasst an. Einer plötzlichen Eingebung folgend, holte sie tief Luft und sagte stolz und mit lauter Stimme: „Jetzt bin ich bereit für jenes magische Land, wo der Schattenstein wächst.“
Die ersten Steine flogen auf sie zu, aber dann passierte etwas höchst Merkwürdiges.
Das gesamte Geschehen um sie herum verlangsamte sich – nur sie selbst konnte sich nach wie vor schnell bewegen. Der aufgebrachte Mob der Dörfler schien gleichsam wie in einer sirupzähen Blase gefangen zu sein, ohne es zu merken.
Einer Blase aus Zeit.
Mühelos wich Riyala den Geschossen aus. Kein einziger Stein hatte eine Chance, sie zu erreichen.
Und als nächstes verblassten sämtliche Farben um sie herum, und alle Konturen wurden undeutlich – ah, das war wie ein Gruß des Edelstein-Magisters! – und Riyala konzentrierte sich auf die altvertraute Art und Weise, um zu jenem Ort zu gelangen, an den sie sich wünschte.
Kapitel 2: Die Zwielichtgrenze
Während ihrer langen Reise hatte sich Riyala immer wieder Szenarien vorgestellt, wie es sein könnte, wenn sie das Land des Magischen Schattens betrat – Szenarien, eines phantastischer als das andere.
Sie hatte an einen dunklen Sog gedacht, schwarz wie ein Tintenpfuhl. An einen zauberhaften Nachtgarten, in dem Mondblumen schimmerten. An Sturmwolken, durch die sie hindurchflog und die sich gehorsam öffneten, um sie in ihr Himmelsschattenreich einzulassen. Oder an das Gegenteil, die finstere Unterwelt, in der doch Erkenntnisse hell wie Kristalle blitzten ...
Auf
diesen
Ort war sie nicht im entferntesten gefasst gewesen.
Es war, ganz ohne jeden Zweifel, eine
Taverne
. Noch dazu eine besonders schäbige und finstere. Nun, das immerhin passte zu dem Schattenbild ... und auch, dass der Schankraum mit Gestalten gefüllt war, die wenig mehr als Silhouetten zu sein schienen, wirkte stimmig.
Riyala hatte sich kaum von ihrer Verblüffung und, sie musste es zugeben, Enttäuschung erholt, als eine dieser Silhouetten sie mit einem heiseren Flüstern anredete: „He, was willst du denn hier, du seltsamer Vogel?“ Und ein anderer fiel in einem wispernden Singsang ein: „Du hast hier nichts zu suchen, junges Weib!“
Das war nicht eben ein freundlicher Empfang.
Aber nach allem, was sie erlebt und hinter sich gebracht hatte, war Riyala entschlossen, sich nicht einschüchtern zu lassen.
Sie war, ohne sich bewusst zu sein, wie das zugegangen war, direkt im Eingang dieses Etablissements angekommen; als sie einen Blick über die Schulter zurückwarf, sah sie die Tür unmittelbar hinter sich – es handelte sich um eine doppelflügelige Schwingtür, deren Flügel noch leicht zitterten. Riyala stützte herausfordernd die rechte Hand in die Hüfte und meinte: „Dies ist ein Gasthaus, oder etwa nicht? Ich möchte essen und
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