Riyala - Tochter der Edelsteinwelt 3: Unter dem Eis funkelt die Nacht: Fantasy-Serial (German Edition)
trinken, und niemand hat das Recht, mich daran zu hindern.“
„Ach ja?“, höhnte eine der Silhouetten und erhob sich mit fließender Geschmeidigkeit. Die vermummte Gestalt wirkte bullig und kampferfahren. Eine Kapuze beschattete sein Gesicht teilweise. „Wir wollen unter uns sein, verstehst du! Siehst du hier etwa noch andere deines Geschlechts, Weib?“ Es klang äußerst abfällig, wie dieser Mann das sagte. Seine Kameraden – es mussten, den Stimmen nach zu schließen, tatsächlich alles Männer sein – brummten und murmelten zustimmend.
„Bei euch ist ein rauer Umgangston gebräuchlich, wie?“, erwiderte Riyala kühl, obwohl ihr Herz vor Nervosität ein wenig rascher schlug. „Aber das stört mich nicht. Ich bin hier, und ich bleibe hier. Und seid getrost: Ich werde eure Männergeheimnisse nicht weitererzählen, wenn ich welche aufschnappen sollte.“
Die immer noch wie Schatten wirkenden Kerle schienen verblüffte Blicke miteinander zu wechseln; hie und da klang sogar ein anerkennendes Gelächter auf. Nur der Bullige schien ungerührt. „Du hast eine freche und flinke Zunge, Weib, aber du glaubst sicher nicht, dass dies als Eintrittskarte in die
Zwielichtgrenze
genügt.“
Zwielichtgrenze, aha. Das ist also der Name dieser Spelunke ... und er deutet darauf hin, dass ich das eigentliche Land des Magischen Schattens noch gar nicht erreicht habe, sondern mich an seinen Grenzen befinde ...
Riyala fixierte ihren Widersacher und folgte dann einer hellsichtigen Eingebung: Sie zog ihre linke Hand aus dem Federumhang und streckte sie aus. Das kostete sie Mut, denn schon seit langem war sie daran gewöhnt, ihre Hand zu verbergen, und jetzt, da sie sich auf derart bizarre Weise verändert hatte, war dieser Drang noch stärker geworden. Aber nachdem sie sich, tief Atem holend, dazu durchgerungen hatte, war es ein gutes Gefühl. Die langen, gebogenen Krallen aus scharfem Horn wirkten stark und verteidigungsbereit, und sie gehörten zu ihr. Das fremdartige Gewebe, die Gelenke, die Muskeln waren bereits ein Teil von ihr geworden.
Von der niedrigen Balkendecke der Spelunke baumelte eine einzige Öllampe herunter, und an den Wänden gab es außerdem ein paar Fackeln – und in dem Moment, als Riyala ihre verwandelte Hand ausstreckte, fingen die Krallenspitzen das spärliche Licht ein und bildeten daraus eine knisternde bläuliche Aura um sich herum.
Das Phänomen wirkte Wunder. Schlagartig waren alle Anwesenden wie ausgewechselt, freundliche Rufe erklangen, und der Bullige verneigte sich sogar leicht vor Riyala, ehe er sie zuvorkommend zur hölzernen, langgestreckten Theke im Hintergrund des Schankraumes geleitete.
„Du gehörst also tatsächlich zu uns!“, sagte er und bleckte gelbe, schiefe Zähne zu einem Grinsen, das wohl herzlich gemeint war. „Wir alle hier“, er machte eine weit ausholende Bewegung und beschrieb ein Halbrund in den Raum hinein, „sind Auserwählte und Gezeichnete. Ich bin Maruc. Die
GEWALTIGEN
meinten es gut mit uns und nun – sind wir bereit für die jeweilige Letzte Prüfung.“
„Die
GEWALTIGEN
?“
„Oder nenne sie Götter und Göttinnen, wenn du willst. Welchem Kult gehörst du an, wer von den ERHABENEN ist dein Herr oder deine Herrin?“ Erwartungsvoll glühten die dunklen Augen in dem Gesicht des Mannes.
Riyala wollte schon abwehrend den Kopf schütteln und erklären, das träfe auf sie nicht zu, sie sei anders – doch dann besann sie sich und entschied, dass dies taktisch unklug wäre.
„Die Halbgöttin Aul von Orkania“, sagte sie also, obwohl sie dabei ein äußerst ungutes Gefühl beschlich.
„Ah!“, nickte Maruc, nun vollkommen überzeugt. „Stimmt, sie steht in dem Rufe, Frauen und Mädchen zu bevorzugen, wenngleich sie auch Jünglinge keinesfalls verschmäht ...“
„Wem dienst du, Maruc?“, unterbrach Riyala ihren neuen Bekannten rasch; sie verspürte wenig Lust, über Aul zu reden.
„Wie für die meisten hier ist auch für mich Al-Thon, der Ewige Kämpfer, mein Herr und Gebieter“, erwiderte der stiernackige, starke Mann mit großem Stolz.
Ein Frösteln rann über Riyalas Rückgrat, ohne dass sie so recht wusste, weshalb. Irgendetwas war an diesem Namen ... hatte sie ihn schon einmal gehört? Nein. Vielleicht einen anderen, der so ähnlich klang? Das kam schon eher hin.
„Was willst du trinken?“, fragte plötzlich vor ihr ein hagerer Hüne von einem Kerl, der hinter dem langgestreckten Bartresen stand und Gläser polierte. Seine Stimme klang
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