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Road of no Return

Road of no Return

Titel: Road of no Return Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Philip
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hatte, dass er sich eine Jahreskarte für das Arbeitsamt besorgen sollte. Das hatte ihn wohl schwer getroffen, und nicht nur ihn, sondern, wie sich zeigte, auch mich. Er stand einfach nur da, bis er mich nicht länger ansehen konnte und sein Blick suchend im Zimmer umherwanderte, damit er sich auf etwas anderes konzentrieren konnte. Er murmelte eine Entschuldigung, und wir erzählten Mum, ich sei die Treppe hinuntergefallen. Danach roch er nie wieder mittags nach Whisky und er hat mich auch nie wieder geschlagen. Das habe ich nicht zugelassen. Nie wieder sollte mich jemand schlagen.
    Das hatte ich mir damals geschworen und jetzt, viele Monate später, wollte ich es beweisen. Der Respekt von Leuten wie Mickey und Kev war, wie ich feststellte, wesentlich befriedigender als der von Menschen wie Calum.
    So wurde mein angeborener Selbsterhaltungstrieb sehr gut geschult. Außerdem war ich schon immer groß für mein Alter, muskulös, und ich hatte einen finsteren, drohenden Blick. Dafür konnte ich nichts, aber ich würde einem geschenkten guten Gen nicht ins Maul schauen, und mir war klar, dass es gut war, wenn ich mich mit Kev Naughton zusammentat. Dann wäre ich sicher vor den niederen Schlägern,
und ich war mir sicher, dass ich Kev nützlich sein konnte. Und so war es auch.
    Aber wie ich schon sagte: Es ist kompliziert.
    Ich hielt das alles für ein Spiel, wie das eben so ist, wenn man zwölf ist. Ich glaubte zwar nicht, dass ich schauspielerte, aber ich verkörperte eine Rolle in meinem eigenen kleinen Film. Traurig war nur, dass ich nicht einmal die Hauptrolle hatte. Kev gab an und schikanierte Leute, er drohte und schüchterte ein, aber er war auch lustig, und wenn er aus seiner Arschloch-Rolle fiel, konnte er überraschend nett sein. Ich glaube nicht, dass er so schlecht war, und um ehrlich zu sein hatte ich das Gefühl, man müsse ihn vor sich selbst beschützen.
    Also so ist es passiert. So ist es aus meiner Sicht passiert.
    Es fängt damit an, dass man sich an Leute ranmacht, die man nicht mag, Leute, die keiner mag. Nur kleine Sachen und Schikanen. Du erteilst ihnen eine Lektion. Du und deine Freunde, ihr seid keine Schläger, ihr seid die Drei Musketiere , die Fantastischen Vier , die Liga der außergewöhnlichen Gentlemen .
    Es ist alles so einfach. Wenn du jemanden fertigmachst, gefällt dir das so gut, dass du dieses Gefühl immer wieder spüren möchtest. Und du willst, dass dich selbst nie wieder jemand fertigmacht.
    Also wacht man eines Morgens auf und ist der Wächter der Moral, der Wächter der Coolness. Und dann fängt man an, Leute für Dinge zu bestrafen, die einem eine Woche vorher noch nicht einmal in den Sinn gekommen wären: dafür, dass jemand die falschen Schuhe trägt, die falsche Musik mag, das
falsche Handy dabei hat oder dich falsch ansieht. Und am Ende tut man es nur noch für sein Image, seinen Status und seinen Stolz.
    Einfach nur so.
    Ich glaube, Kev war wie ich. Er hielt sich für Vinnie Jones oder Samuel L. Jackson, eher einen Antihelden als einen echten Schurken. Er wollte nicht der Kerl sein, der in der zweiten Einstellung an die Wand geklatscht wird, er wollte noch dabei sein, wenn der Abspann lief.
    Vielleicht hätte Kevin ein Held des Alltags werden können, aber Mickey ganz sicher nicht; Mickey Naughton war nicht wie Kev, allerdings war er auch wie niemand sonst, den ich je getroffen habe. Er hatte einen Platz in der Welt, und er war klug, gut angezogen, nett zu alten Damen und wahrscheinlich auch zu frustrierten Milchkühen. Mickeys Boss hielt große Stücke auf ihn.
    Mickey Naughton war ein elender Scheißkerl.
     
    Bei mir trat die entscheidende Wende ein, als ich sah, wie er seinen kleinen Bruder windelweich schlug. Ich glaube, ich hätte sowohl nach der einen als auch nach der anderen Seite kippen können. Ich hatte mich noch nicht entschieden. Es war immer noch früh genug, meine Seele zu retten, einer der Guten zu sein, eines der Opfer oder einer der Loser.
    Ich weiß nicht, was Kev getan hatte, und ich mochte ihn auch nie fragen, aber ich glaube nicht, dass es so schlimm gewesen ist. Mickey brachte ihn lediglich in Form, das war alles. Vielleicht hatte sich Kev vor einer Herausforderung gedrückt, vielleicht hatte er es versäumt, eine Nachricht zu
überbringen, oder versucht, ein gestohlenes Handy für sich zu behalten, vielleicht hatte er auch nur seinem Bruder an einem schlechten Tag Widerworte gegeben. Wie auch immer, als ich an diesem Tag auf dem Heimweg um die

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