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Road of no Return

Road of no Return

Titel: Road of no Return Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Philip
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würde es hassen, zur Schule zu gehen, wenn ich nicht musste, aber es kam völlig anders. Ohne Kev war die ganze Atmosphäre anders. Die schlimmsten aus seiner Gang waren mit ihm verschwunden, und die, die blieben, so wie Sunil, mussten feststellen, dass sie ohne ihn nicht mehr ganz so bedrohlich wirkten, und außerdem hatten sie zum großen Teil schlicht das Interesse verloren. Ich war immer noch ein Ausgestoßener, aber dafür entwickelten sich Englisch und die Naturwissenschaften zu interessanten Fächern, und meine Lehrer behandelten mich mit – wenn auch nicht Zuneigung – so doch zumindest mit etwas mehr Respekt. Ich war freiwillig da, und als sie ihren Schock darüber erst einmal überwunden hatten, schienen sie es zu schätzen. Ich glaube, es hätte wirklich gut werden können, wenn Kev nicht immer noch an der Schule herumgehangen hätte.
    Ich glaube, er vermisste die Schule ein wenig, vermisste sein leichtes, arbeitsfreies Leben und seinen Status als großer Hai, der in einem kleinen Teich Blut wittert. Außerdem wollte
er natürlich angeben: sein aufgemotztes Auto, seine schicken Markenklamotten, sein überlegenes Ich-bin-erwachsen-Grinsen. McCluskey wurde es müde, ihm zu sagen, er solle verschwinden (wenn auch nicht in diesen Worten), aber sein Handlungsspielraum war begrenzt. Er konnte nicht beweisen, dass Kev den Kleineren Cannabis verkaufte, obwohl ich sehr wohl wusste, dass er es tat. Ich glaube, mit der Zeit wäre McCluskey mit Kev fertiggeworden, aber dazu kam es nie. Keiner von uns bekam die Gelegenheit. Und Aidan Mahons Zeit lief endgültig ab.
    Allie hätte zu mir kommen sollen. Sie hätte zu mir kommen sollen, aber das tat sie nicht. Deshalb bin ich am Leben und Aidan nicht.

13
    Ich glaube, der Tag fing an wie jeder andere auch. Das ist wahrscheinlich immer so. Der Himmel war nicht strahlend blau und wolkenlos, aber es herrschte auch keine düstere, drohende Dunkelheit. Von Horizont zu Horizont erstreckten sich Wolken bis hoch in den Himmel, aber es regnete nicht. Es herrschte ein etwas feuchtes Klima, aber es war nicht kalt, schließlich war Spätsommer, einer der letzten Tage eines warmen Augusts. Nichts hinderte einen daran, aufzustehen und in die Welt zu gehen und das Leben vom Vortag wiederaufzunehmen. Und nichts deutete darauf hin, dass es der letzte Tag im Leben eines anderen sein würde.
    Wenn ich heute eine schlechte Nachricht lese, denke ich: Was habe ich gemacht, als dieser Typ vor seinem Haus zu Tode getreten wurde oder jenes Mädchen erwürgt wurde oder der Junge in einem reißenden Fluss um seine letzten Atemzüge rang? Habe ich X-Factor gesehen oder war ich im Internet oder habe ich einen Keks gegessen und die Krümel von meinen Hausaufgaben gefegt? Nie hatte ich oder irgendjemand sonst etwas gespürt und im Raum-Zeitgefüge hatte sich kein Riss aufgetan. Die Welt drehte sich einfach weiter.
    Das ist einerseits beruhigend, aber andererseits auch beängstigend.
Wenn die Erde morgen in die Luft fliegen würde, würde das Universum trotzdem weiterbestehen. Und ich kann ein kleines grünes Männchen sehen, das gelangweilt die Nachricht »Erde explodiert« betrachtet, nach seiner Fernbedienung greift und umschaltet.
    Vielleicht sehe ich deshalb nicht so gerne den Sternenhimmel an.
     
    »Nick?«
    Ich sah auf. An diesem ganz normalen Morgen saß ich an meinem üblichen Platz am Zaun, der vom vielen Daran-Lehnen schon leicht schräg stand.
    »Aiiiidaaan …«, sagte ich gedehnt, weil ich milde gesagt überrascht war und mich erst aus dem 16. Jahrhundert in die Gegenwart zurückholen musste, bevor ich mit ihm reden konnte. Ich wünschte, ich hätte den Gedichtband in einem brutalen Comicheft oder dem Playboy oder so versteckt. Schlimm genug, dass ich mich mit John Donne befasste, der sich mit vielen Dingen beschäftigt zu haben schien, und darunter mit einigen, die man nicht mit seiner Großmutter besprechen möchte. Ich begann, den Mann persönlich zu mögen, und ließ mich nicht gerne von einem Jungen stören, der noch nie im Leben ein Wort mit mir gesprochen hatte, schon gar kein freundliches. Langsam ließ ich das Buch zuklappen.
    »Was ist?«
    Wenn man bedenkt, dass ich derjenige war, der auf dem Boden saß und in die blasse Sonne blinzelte, war es merkwürdig, dass Aidan verlegen wirkte. Er schwang seinen Rucksack
von der Schulter und trat von einem Fuß auf den anderen, dann drehte er sich unbeholfen um und hockte sich neben mich. Jetzt, wo er nicht mehr vor der Sonne stand und

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