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Road of no Return

Road of no Return

Titel: Road of no Return Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Philip
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Mal die Tränen in die großen blauen Augen stiegen, wenn sie Kev ansah. Und sie sah ihn oft an.
    Wenn man mich fragt, hatte Orla recht. Es war ein schwerer Fehler von Mrs Mahon, an diesem Morgen nicht aufzutauchen. Sie konnte es nicht ertragen, mit den Obduktionsberichten konfrontiert zu werden oder mit dem Mörder ihres Sohnes in einem Raum zu sein. Das Dumme war nur, dass so die einzige trauernde Mutter im Saal die von Kev war, und man konnte förmlich sehen, wie ihr die Sympathien der Geschworenen zuflogen. Manche von ihnen hatten wahrscheinlich selbst Kinder im Teenageralter (die Straßenköterblonde mit Sicherheit). Sie wussten, wie leicht sie in Schwierigkeiten gerieten (ach, tatsächlich?). Sie wussten, dass ein Junge schon durch die Gesellschaft der Menschen, mit denen er sich umgab, auf die schiefe Bahn geraten konnte (wirklich?). Und sie wussten, dass es manche Kids wirklich nicht leicht hatten, dass sie Angst hatten und sich bedroht fühlten. Viele trugen Messer bei sich. Ihr Kind vielleicht auch. Ein tragischer Fall, aber Gottes Wege …
    Kev war auch nicht dumm. Er war weder mürrisch noch trotzig noch patzig, er spuckte nicht und er fluchte nicht. So wie ich Kev kannte, hätte er es wohl gerne getan, aber stattdessen blickte er stur geradeaus, kämpfte mit den Tränen und warf ängstliche Blicke auf seine Mutter. Aus jeder Pore triefte Schuldbewusstsein und Reue, dass er ihr das antat.
    Allie half ihm. Es ist schrecklich, aber wahr. Ich glaube, sie war überfordert. Nicht nur vom Gerichtssaal, sondern
vor allem von ihrer eigenen Verantwortung. Sie war es nicht gewohnt, sich zu rechtfertigen. Sie erwartete, dass die Leute ihr glaubten. Man hatte ihr immer geglaubt, sie hatte nie etwas dafür tun müssen. Sie müssen sie für einen verwöhnten Teenager gehalten haben, der es gewohnt war, seinen Willen zu bekommen. Am Ende ihrer einsilbigen Zeugenaussage sah die Staatsanwältin aus, als hätte sie sie am liebsten geohrfeigt.
    Beim Kreuzverhör wurde es noch schlimmer. Sie verstand das Prinzip einfach nicht. Sie sah nicht ein, warum dieser Verteidiger ihr einfach nicht glaubte.
    Kevs Verteidiger hieß Urquhart und sah sehr nett aus. Er war im mittleren Alter, an den Schläfen wich der Haaransatz langsam zurück und seine Stimme war klar und voll. Ich mochte ihn. Die Jury ebenfalls. Für die Staatsanwältin hingegen hatte ich nicht viel übrig. Sie wirkte irgendwie permanent prämenstrual.
    »Alexandra«, sagte Mr Urquhart mit seiner netten Stimme. »Das muss ein schrecklicher Schock für dich gewesen sein.«
    Allie sah ihn leicht panisch an.
    »Immerhin war Kevin Naughton der Freund deines Bruders, oder?«
    »Hm«, machte Allie, »das würde ich nicht sagen …«
    »Nein? Wirklich nicht?«
    »Nun«, meinte sie. »Gut, ja, er war es.«
    »Aber sie hatten sich gestritten, nicht wahr? Vor nicht allzu langer Zeit?«
    »Hm. Ja?« Allies Blick wanderte durch den Gerichtssaal, ohne ein Ziel zu finden.

    »Und ein paar von Kevins Freunden haben deinen Bruder Nick verletzt?«
    »Kev auch«, sagte Allie. »Kev war mit dabei …«
    »Ja. Davor waren Kevin und dein Bruder gute Freunde, nicht wahr? Sie waren häufig zusammen?«
    »Nun, ich … ja.« Sie zuckte die Achseln. »Ich glaube schon.«
    Seufzend blickte Urquhart auf seine Aufzeichnungen, als hätte er das Interesse daran verloren. Er schwieg eine Weile. Allie wurde unruhig.
    »Er war ein großer Kerl, Aidan Mahon, nicht wahr?«, sagte Urquhart. »Spielte viel Rugby.«
    »Hm«, bejahte Allie.
    »Ein wenig jünger als Kevin, aber sehr groß? Muskulös? «
    »Ja«, bestätigte Allie. Sie strich sich eine Strähne hinters Ohr zurück. Ihre Hand zitterte.
    »Er war einer von der Sorte, die sich selbst verteidigen können, nicht wahr?«
    »Ja.«
    Allie sah die Staatsanwältin an, die ihren Blick nicht erwiderte. Die Jury beobachtete beide, und dann blickten sie nacheinander zu Kev, der seinerseits blinzelnd den Boden betrachtete.
    Kev hob den Kopf ein wenig und warf Urquhart einen flehenden Blick zu. Als ob er nicht Aidan für das Geschehene verantwortlich machen sollte, als ob die Sache so schon schlimm genug sei. Mickey drückte Mrs Naughton an sich und nickte Kev fast unmerklich aufmunternd zu, woraufhin
dieser wieder zu Boden sah. Der Straßenköterblonden stiegen erneut die Tränen in die Augen.
    Clevere Jungs.
    »Es steht natürlich außer Frage, dass das hier die Schuld von Aidan Mahon war«, erklärte Urquhard Allie ernst. (Er nannte ihn nie nur Aidan,

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