Rob - Toedliche Wildnis
sein Bruder war noch nicht fertig. Jay neigte den Kopf etwas zur Seite. »Und bei Ihrer Frage zu meinem Begleiter muss ich leider passen, bis ich mich vergewissert habe, für welche Geheimhaltungsstufe Ihre Freigabe ausreicht. Es wäre ein Albtraum, wenn ich Ihnen Informationen zugänglich mache, für die Ihnen die Berechtigung fehlt. Sobald wir etwas erfahren, werden wir Sie selbstverständlich informieren. Und jetzt entschuldigen Sie uns bitte, wir haben zu arbeiten.«
Erstaunlicherweise schien sich Myers über Jays Ausweichmanöver nicht zu ärgern, sondern eher zu amüsieren. »Ich werde sehen, was ich tun kann, um unsere Zusammenarbeit zu verbessern«, versprach er.
»Tun Sie das.« Jay gab Luc ein Zeichen, ihm zu folgen.
Auf dem Weg zum Treppenhaus zog Jay sein Handy aus der Brusttasche seines Hemdes und überflog eine Nachricht. Als Luc nachfragen wollte, kam Jay ihm zuvor. »Jenna hat unter den Aufnahmen einer Kamera der Verkehrsüberwachung den Wagen entdeckt, in dem die entführten Kinder aufgefunden worden sind. Und nun halt dich fest. Ganz in der Nähe vom Yosemite. Das Foto ist zwar kurz nach der Entführung aufgenommen worden, aber immerhin ein Ansatzpunkt. Und da wir nichts anderes in der Hand haben, können wir ebenso gut deinem abstrusen Gefühl nachgehen. Lass uns hier kurz verschwinden. Ich muss dringend zwei Telefonate führen, aber nicht von diesem Gebäude aus. Wir besorgen fürs Team ein paar Donuts und einen vernünftigen Kaffee, und dabei kann ich dann in Ruhe telefonieren.«
»Du willst nicht ernsthaft unseren gemeinsamen Freund bitten, sich auf dem Server der Homeland Security umzusehen?«
»Warum nicht? Fragen kann ich ihn doch.«
Luc seufzte bei der Vorstellung, dass Kalil sich Zugang zu dem Computersystem einer Regierungsbehörde verschaffte, aber ein anderer Weg fiel ihm auch nicht ein. »Und wen willst du noch anrufen?«
»Na, Dom natürlich. Wenn er selbst keine Infos über Crock hat, wird er jemand kennen, den er fragen kann.« In Jays Blick blitzte pure Schadenfreude, dass Luc nicht selbst darauf gekommen war. Aber er gönnte seinem kleinen Bruder den Triumph, obwohl er bei nächster Gelegenheit die Rangordnung wiederherstellen würde.
6
Allmählich kam Rob zu der Erkenntnis, dass irgendetwas nicht mit ihm stimmte. Eigentlich hätte er verärgert sein müssen, dass die geplante harmlose Fotojagd auf Berglöwen abrupt geendet hatte. Vielleicht auch erschrocken, weil ohne Vorwarnung auf ihn geschossen worden war. Doch egal, wie tief er auch in sich hineinhorchte, keines der erwarteten Gefühle wollte sich einstellen. Er genoss es weiterhin, in der atemberaubenden Landschaft unterwegs zu sein. Von den schroffen Felswänden mit den sporadisch auftauchenden Wasserfällen konnte er einfach nicht genug bekommen. Dazu die klare Luft und die unwirkliche Stille. Nun, verärgert war er durchaus. Sogar ausgesprochen wütend, dass es jemand wagte, diese Ruhe zu stören. Das kam einem Sakrileg gleich und wog fast schwerer als die Vorstellung, beinahe von einer Kugel getroffen worden zu sein. Zusätzlich gefiel ihm die Aussicht, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Er hatte zwar keine Ahnung, wie ihm das ohne Waffen gelingen sollte, aber das dämpfte seine Entschlossenheit nicht. Eher im Gegenteil. In ihm war das Jagdfieber erwacht, und er genoss den Adrenalinkick.
Dieses Mal bemerkte Cat sofort, dass er unwillkürlich langsamer geworden war. Mit besorgter Miene drehte sie sich zu ihm um. »Alles in Ordnung?«
»Ja und nein.« Seine spontane Antwort überraschte ihn ebenso wie sie. Irritiert stellte er fest, dass er das Bedürfnis hatte, mit ihr über seine widersprüchlichen Gefühle zu reden. So etwas tat er normalerweise höchstens mit Murat oder seinen Brüdern, aber bestimmt nicht mit einer Frau, die er erst seit Stunden kannte. Da sie ihn abwartend ansah, entschloss er sich zu einem Kompromiss. »Die Erklärung könnte etwas dauern und dazu führen, dass du an meinem Verstand zweifelst. Wann ist die nächste Pause?«
»In ungefähr neunzig Minuten erreichen wir eine Stelle, die als Nachtlager ideal wäre, aber davor liegt noch ein ziemlich schwieriger Abhang. Wenn du möchtest, können wir sofort eine Pause machen. Gegen einen Kaffee hätte ich nichts. Dann kann ich auch gleich Ted fragen, ob bei Frank auf der Ranch alles in Ordnung ist.« Automatisch war ihr Blick zu seinem Rucksack gewandert, und er musste lachen. Cat war eindeutig ein Kaffeejunkie.
Wenige
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