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Robbers: Thriller (German Edition)

Robbers: Thriller (German Edition)

Titel: Robbers: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Cook
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einige Überraschungen gestoßen. Wie sich herausstellte, hatte der Rothaarige sein Opfer in Houston gekannt. Ein fünfzigjähriger Biochemiker namens Gary Arnold, unverheiratet, früher als Wissenschaftler für Louisiana-Pacific tätig, bevor er der Bauholzindustrie den Rücken kehrte, um für die Naturschutzorganisation Sierra Club zu arbeiten. Er war dem Rothaarigen in einer Disco an der Westheimer Road zufällig über den Weg gelaufen und hatte ihm in seinem Apartment am West University Place Unterschlupf gewährt. Er wollte ihm wieder auf die Beine helfen, weil er ihn für einen aufgeweckten Burschen hielt. Aus völlig uneigennützigen Motiven, wie Arnold zu Protokoll gab. Ein Menschenfreund. Bis zu jener Nacht, in der der Rothaarige auf ihn losging. Ohne jeden Grund, wie der Mann behauptete. »Unzucht mit Analverkehr« traf es allerdings nicht ganz. Er musste mit insgesamt vierundachtzig Stichen genäht werden, mit mehr als dreißig davon im Analbereich, was sich dem wiederholten Einführen eines Pistolenlaufs verdankte. Arnold weigerte sich zunächst, Klage einzureichen, doch dann schwenkte er plötzlich um und erklärte, er habe Angst vor Matthews.
    Und eine weitere Überraschung: Der Rothaarige hatte einen Highschool-Abschluss, hatte während seiner Haft in Huntsville Kurse am Junior College belegt, in Wirtschaftswissenschaften, Psychologie und etwas, das sich Kommunikationswissenschaften nannte. Seine Noten waren recht ordentlich. Der Bursche konnte lesen.
    »Ist mir auch neu«, hatte Kirkland gesagt. »Er ist nicht wie die anderen Matthews, das steht fest. Scheint ein schlauer Bursche zu sein. Das Problem ist nur, dass er ein Soziopath ist, oder wie man so was heutzutage nennt. Durch und durch böse und ständig unter Strom. So gesehen, ist er doch ein typischer Matthews.«
    »Vielleicht kam nicht mal seine Familie mit ihm zurecht«, hatte Rule gesagt und die Akten in die Mappe zurückgesteckt, während er sich fragte, was für einen Wagen der Rothaarige fuhr. Vielleicht hatte er ihn gestohlen oder geliehen. Es war schon verrückt, dass niemand das Fahrzeug gesehen hatte; Gelegenheiten hatte es reichlich gegeben. Das war verdammt frustrierend.
    Ein weiteres Schwarzes Loch: In der Akte stand nichts über die Mutter des Jungen, weder wie noch warum sie gestorben war.
    Bevor er sich auf den Weg machte, telefonierte Rule mit Austin, um Moline Rufus Slim überprüfen zu lassen. Er war nicht an seinem Platz. Die Techniklaborantin erklärte, da er sich nicht krank gemeldet habe, müsste er jeden Moment eintreffen. Sie habe keine Ahnung, wie er, falls überhaupt, mit den Überwachungsvideos vorangekommen sei, mit dem Abgleich von DeReese und Wade. Rule meinte, er werde sich später noch mal melden.
    An der Gabelung Richtung Silsbee und Kountze oberhalb von Beaumont dachte er daran, einen Umweg über Woodville zu machen. Aus reinem Interesse an seiner Heimatstadt, schließlich war sein letzter Aufenthalt schon eine Weile her. Er konnte an seinem alten Haus an der Dogwood Street und beim Friedhof vorbeischauen, konnte seine Familie besuchen. Nur dass er keine Zeit dafür hatte. Man konnte nie wissen, was der Rothaarige im Schilde führte, der Junge trieb sich immer noch herum und schlug bestimmt bald wieder zu.
    Hinter Silsbee verließ er die Straße und hielt unter der Brücke über den Neches River, wo er Lefty aus dem Wagen ließ. Er stellte sich ans steile Flussufer und beobachtete, wie die braunen Fluten vorüberströmten, zurück in die Laubwälder flussabwärts. Dichte Wälder, voller umgestürzter Bäume und Gestrüpp, im Gegensatz zu den Kiefernschonungen entlang der Straße. Wälder in ihrem natürlichen Zustand, mit abgestorbenen Ästen und verfaulten Baumstümpfen, mit knöcheltiefem Laub, überwuchert von Weinreben und Papayas, dunkel und feucht. So undurchdringlich, dass sich nicht mal eine Schlange darin umdrehen konnte, sondern rückwärts wieder herauswinden musste. Dazu fiel ihm eine Geschichte ein, die sein Vater immer erzählt hatte. Ein Wilderer verirrte sich im Dickicht, und als er nach zwei Tagen auf allen vieren wieder herausgekrochen kam, sagte er zu seiner Frau: »Keine Ahnung, wie ich’s wieder rausgeschafft habe«. Worauf sie meinte: »Der Herr war an deiner Seite.« »Tja, schon möglich«, antwortete er, »aber wie hat Er es überhaupt rausgeschafft?« Jedes Mal wenn sein Vater die Geschichte erzählte, lachte er leise, dann beugte er sich zur Seite und spuckte etwas Kautabak aus.

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