Robbers: Thriller (German Edition)
unansehnlichen roten Abdrücke nicht gebrauchen. Nur für den Fall des Falles.
Der Barkeeper kam zu ihr herüber und fragte, ob sie noch einen Drink wollte. Er war ein junger Kerl, ein Collegestudent, der wie Jan Michael-Vincent herumstolzierte, mit der Andeutung eines Grinsens auf dem Gesicht. Als Della den Kopf schüttelte, fragte er: »Wirklich nicht? Geht aufs Haus.« Na ja, in dem Fall hatte sie nichts gegen eine Kleinigkeit, aber keinen Screwdriver mehr, sondern was anderes. Etwas Exotischeres vielleicht.
»Kein Problem«, meinte er und brachte ihr ein gefülltes Glas.
Sie nippte an dem Tom Collins und wartete. Schaute auf die Uhr. Er ließ sich wirklich Zeit. Der Haupteingang des Hotels lag doch gar nicht so weit entfernt. Jetzt erst dämmerte ihr, dass er vielleicht gar nicht zurückkommen würde. Aber dieser negative Gedanke bedrückte sie, also hörte sie auf, an ihn zu denken. Jedenfalls theoretisch. Sämtliche Magazine waren voll mit Artikeln, die gute Ratschläge erteilten, nur waren sie schwer zu befolgen. Man musste sich selbst immer wieder daran erinnern, und meistens fielen sie einem erst dann ein, wenn man längst mit einer Sache beschäftigt war. Sie schloss die Augen und stellte sich vor, wie Mister Traumschiff zurückkehrte und sich auf den Hocker neben sie setzte. Sehr angenehm. Positiv.
Sie öffnete die Augen und schielte auf die Uhr. Verdammt. Sie überlegte, ob sie sich eine Zigarette gönnen sollte, Benson & Hedges Menthol. Normalerweise rauchte sie eine Billigmarke, als alleinerziehende Mutter, die mit ihrem Etat klarkommen musste. Sofern man beim Mindestlohn von einem Etat reden konnte. Wenn man allerdings im Holiday Inn jemanden kennenlernen wollte, konnte man nicht mit diesem Kraut auftauchen. Sie nahm das Päckchen vom Tresen, zögerte und legte es wieder zurück. Vielleicht sollte sie warten und sich von ihm Feuer geben lassen. Ein schöner Gedanke. Positiv. Sie lächelte in den Spiegel. Aber was, wenn er etwas gegen Raucheratem hatte? Sie fischte in ihrem Täschchen nach einem Minzdragee.
Sie hatte es bis auf einen kleinen Ring weggelutscht, den sie nicht zerbrechen wollte, was vor allem angesichts ihrer Nervosität gar nicht so einfach war, da tauchte er neben ihrem Hocker auf und fragte, ob er ihr Gesellschaft leisten dürfe.
»Ja«, sagte sie und arrangierte die Hände wieder in ihrem Schoß. »Und es ist wirklich nett von Ihnen, dass Sie fragen.«
»Ich kann Ihnen versichern, dass das Vergnügen ganz auf meiner Seite liegt.«
Sie schloss die Augen und seufzte.
Er setzte sich, glättete seine Anzughose und seine Manschetten, stützte die Ellbogen auf die Bar und verschränkte die Hände. Schöne Hände mit langen, vorne schmaler werdenden Fingern. Nachdenklich lehnte er sein Kinn dagegen. Seine Augen fixierten irgendetwas in der Ferne. Nein, nicht in der Ferne. Innen, in ihm selbst, während er sich sammelte. Della wartete geduldig ab, dass er seinen Namen nennen und nach ihrem fragen würde. Dass er über seine Arbeit oder über Footballteams reden würde, darüber, wer welche Meisterschaft gewinnen würde, oder über die wirtschaftliche Lage, die sich schwer vorhersagen ließ. Irgendetwas in der Art.
Sie war bereit zuzuhören und nicht zu vergessen, bei jeder möglichen Gelegenheit zu nicken und zu lächeln, allem zuzustimmen, egal was er sagte. In diesem Moment wandte Mister Traumschiff ihr das Gesicht zu und seine kristallblauen Augen bohrten sich in die ihren. »Ich bin der Manager einer der Top-500-Firmen und arbeite so hart, dass ich kaum die Zeit zum Essen finde, geschweige denn für soziale Kontakte. Außerdem bin ich sehr direkt, weil das der schnellste Weg zum Kern der Dinge ist, egal worum es geht. Im Augenblick habe ich ein Dutzend Dinge zu tun – die Anforderungen sind strapaziös und jede einzelne Sache furchtbar dringend -, aber ich bin müde und allein. Sie sind die schönste Frau, die mir seit Langem begegnet ist. Wären Sie bereit, in meinem Zimmer einen Drink mit mir zu nehmen?«
Della legte eine Hand auf die Bar, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren.
»Verzeihen Sie mir, wenn ich zu direkt war«, sagte er. Nach einer winzigen Pause und einer unmerklichen Kopfbewegung fuhr er fort: »Aber ich hatte das Gefühl, wir empfinden etwas Ähnliches.«
»Ja«, sagte Della. Ihr war ein wenig schwummerig, sodass sie ganz zu lächeln vergaß. Immerhin brachte sie ein Nicken zustande. »Oh ja. Und vielen Dank.«
8
R ule Hooks saß im Unterhemd an
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