Robbers: Thriller (German Edition)

sicher?«
    Rule massierte seinen Kiefer. »Sicher sind nur zwei Dinge. Jedenfalls in diesem Leben.« Er ließ eine Pause.
    »Der Tod und die Steuern?«
    »Nein.«
    Der Sheriff griff in seine Tasche, zog den Spiralblock heraus und zückte den Kugelschreiber.
    »Erstens«, sagte Rule. »Wenn Sie einer Frau ganz dicht auf die Pelle rücken, dann sollten Sie das nicht mit einem schlaffen Schwanz tun.«
    Er zwinkerte. »Zweitens. Die Größe des Schwanzes steht im direkten umgekehrten Verhältnis zur Größe der Waffe eines Mannes.«
    Er grinste, als der Sheriff die Hand sinken ließ. Sein Gesicht war dunkelrot.
    Rule kletterte in seinen Truck und startete den Motor. Er legte den Stetson neben sich auf die Sitzbank, kurbelte das Fenster herunter und wischte sich mit dem Ärmel über die Stirn. »Und noch was ist sicher.«
    Misstrauisch legte der Sheriff den Kopf zurück, als wartete er auf eine Pointe, die ihm vielleicht nicht gefallen würde.
    »Heute wird’s heiß«, sagte Rule. »Verdammt heiß.«
    Der Mann grunzte. Auf diese plötzliche und unerwartete Übereinstimmung reagierte er sichtlich entspannt. »Ja, das kann man wohl sagen.«
    Er blinzelte mit halb geschlossenen Augen zur Sonne hinauf, dann musterte er Rule mit einem Gesichtsausdruck, als sei er dabei, ein ebenso faszinierendes wie unergründliches Rätsel zu lösen. »Sie sind der erste Ranger, der mir begegnet ist.«
    Rule grinste. »Na ja, alle denken, wir sind was Besonderes. Das ist allerdings überwiegend PR. Tief drinnen bin ich genau wie jeder andere.«
    Der Sheriff hakte beide Daumen in seinen Pistolengürtel und nickte bedächtig angesichts der offenkundigen Weisheit dieser Bemerkung und ihrer impliziten Ehrlichkeit.
    »Nämlich ein ganz gewöhnlicher Scheißkerl«, sagte Rule. »Deshalb arbeite ich auch allein. Keiner hält es mit mir aus.«
    Mit dieser Bemerkung nahm er den Fuß von der Bremse und rollte zur Ausfahrt. Als er auf den Highway bog, spähte er in den Rückspiegel und sah, dass der Mann sich nicht gerührt hatte. Er stand vornübergebeugt und schrieb etwas auf seinen kleinen Spiralblock.

17
     
    S ie hatte nichts in der Küche außer Fruit Loops und Cap’n Crunch, und die Milch im Karton war sauer. Während sie ihre Mutter anrief, saßen die anderen um den kleinen Tisch herum und aßen getrocknetes Getreide direkt aus der Verpackung. Sie kauten so enthusiastisch, als äßen sie gezuckerte Pappe. Was gar nicht so abwegig war.
    Außerdem hörten sie ihr beim Streiten zu. Über den Hörer gebeugt, sagte sie ein paar Worte, um dann einen Moment zu warten und wieder ein paar Worte zu sagen. Hin und her, Schlag und Deckung, Parade und Gegenschlag. Anscheinend ein vertrautes Muster. Gehobene Stimmlage beim Angriff, tiefere Lage bei der Verteidigung. Die Lautstärke stand dazu im umgekehrten Verhältnis.
    Sie sagte: »Gut, wenn du sie nicht willst, dann sag es doch einfach.«
    Sie sagte: »Ich geb mir auch Mühe. Ich auch . Es ist nur nicht leicht, aber davon hast du keine Ahnung.«
    Sie sagte: »Ein bisschen Zeit für mich, mehr will ich nicht. Das braucht jede Mutter mal.«
    Und so weiter.
    Eddie lauschte und ergänzte im Stillen die fehlenden Teile des Dialogs. Viel Fantasie war dazu nicht nötig. Della wollte ein bisschen Zeit für sich, um mal rauszukommen und sich zu entspannen, aber die alte Dame stellte sich stur. Alte Leute, eine echte Plage. Nörgelten nur herum und wollten bemitleidet werden. Versuchten jeden Tropfen aus einem Leben herauszuquetschen, das nicht mehr lebenswert war. Hatten keinen Grund zu leben außer ihrem eisernen Willen. Und ließen einen ständig an allen Sorgen teilhaben. Und dann meckerten sie rum, wenn man wegblieb. Mann. Alte Leute.
    Er schob den Cap’n-Crunch-Karton weg und griff nach den Fruit Loops. Auf der Rückseite wurde ein Sonderangebot angepriesen. Für drei Kartondeckel und einen Dollar bekam man ein buntes Originalposter von einem guatemaltekischen Tukan. Was auch immer das sein sollte. Jedenfalls war es das größte Angebot aller Zeiten, wenn man dem Karton glaubte. Während er an all die Poster im Kinderzimmer dachte, hörte er Della mit einem Ohr beim Telefonieren zu.
    »Du hast aufgehört, dein Eisen zu nehmen«, sagte sie gerade. Die Stimme wurde höher, und die Lautstärke schwoll ab. » Doch , das hast du. Sicher hast du das. Deswegen bist du erschöpft. Weil du damit aufgehört hast. So einfach ist es nämlich.«
    Eddie schaufelte sich eine Portion Fruit Loops in den Mund und wünschte