Robbers: Thriller (German Edition)
anderen Hand am Knoten ihrer Bluse. »Am Strand könntest du ein bisschen ausspannen, und ich könnte was für meine Bräune tun.«
Eddie schaute durchs Zimmer hinüber zu Ray Bob, der noch immer am Fenster stand und hinausstarrte. Irgendwie benahm er sich komisch und kriegte den Mund nicht auf.
»Wie lange?«, fragte er.
Della schielte auf die Plastikuhr mit dem Smiley-Gesicht an der Wand und rechnete sich aus, dass man Mister Traumschiff inzwischen wahrscheinlich gefunden hatte, steif wie ein Brett. Jede Wette, dass sie von jetzt an keine Zeit verlieren würden. Ihre zwölf Stunden waren so gut wie abgelaufen. Mit beiden Händen zog sie den Knoten an ihrer Bluse fester.
»Wie lange? Darüber hab ich noch nicht nachgedacht. Man kann ja nicht alles auf einmal entscheiden.«
Sie klang ein wenig beleidigt. »Jedenfalls muss ich einfach mal raus hier. Ich brauche etwas Abwechslung. Je eher, desto besser. Du kannst ja drüber nachdenken, während ich meine Tasche packe.« Sie stakste durch den kleinen Flur hinüber ins Schlafzimmer.
Eddie erhob sich, zündete eine Zigarette an und ging zu Ray Bob, um ihm am Fenster Gesellschaft zu leisten. Sie schauten hinaus. Ein Schwarm Purpur-Grackel stieß vom Dach eines Gebäudes herunter und landete im kleinen Gartenstück zwischen den Apartments und einem windschiefen Redwoodzaun, der das Grundstück zur Straße hin begrenzte. Sie stolzierten über das kurze Hundszahngras wie Graf Koks persönlich. Ihre Köpfe hüpften auf und ab, wenn sie ihr Futter pickten.
»Was denkst du?«
Ray Bob zuckte die Schultern.
»Was ist los mit dir, Mann? Magst du sie nicht?«
Ray Bob blickte zu Eddie auf. Die kleinen graugrünen Augen in seinem sommersprossigen Gesicht wirkten hart und müde. »Ich glaube, sie macht Ärger.«
Eddie zog an seiner Zigarette. »Klar macht sie Ärger. Sie ist eine Frau, oder nicht?«
»Sie sagt nicht die Wahrheit.«
Dieser Punkt störte Eddie nicht weiter. »Wir auch nicht. Jedenfalls nicht so ganz.«
»Was hast du ihr erzählt?«
»Nichts. Nur das, was du gehört hast. Wir sind Räuber auf der Flucht.«
»Was noch?« Ray Bob starrte wieder aus dem Fenster. »Während du sie gefickt hast. Was hast du ihr sonst noch erzählt?«
»Nichts, Mann, sag ich doch. Herrgott. Sie hat das Reden übernommen.« Eddie zögerte und zupfte an seinem Ohrring. »Ich hab sie bloß gefragt, ob sie mich heiraten will.«
»Verdammte Scheiße.« Ray Bob schüttelte angewidert den Kopf. »Was für ein Schwachkopf. Lässt sich von’ner Fotze einwickeln.«
»Das sagst du. Vielleicht seh ich ja bloß, was gut für mich ist.«
»Du siehst überhaupt nichts, Kumpel. Gut ist das, was wir hatten. Du und ich, zusammen unterwegs.« Ray Bob nahm einen letzten kräftigen Zug an seiner Zigarette, ehe er den Stummel auf den Teppich fallen ließ und ihn mit dem Stiefelabsatz austrat. »Stattdessen hast du die Firma erweitert, Arschloch.«
»Ja, also … Das hab ich wohl.« Eddie zog die Mundwinkel hoch und rieb sich kräftig mit Daumen und Zeigefinger über die Augen. »Du hast recht, ich hätte fragen sollen.«
Ray Bob grunzte. »Ich hätte Nein gesagt.«
»Dachte ich mir schon. Wahrscheinlich hab ich deshalb nicht gefragt.«
Schweigend beobachteten sie die Grackel, die unten im Vorgarten frühstückten. Schließlich ergriff Eddie das Wort: »Und wenn du sie gefickt hättest?«
»Hätte ich gekonnt, wenn ich gewollt hätte. Hab dir bloß etwas Respekt erwiesen.«
»Danach hab ich nicht gefragt.«
»Dann würde sie jetzt keine Tasche packen«, sagte Ray Bob, ohne einen Moment zu zögern.
Eddie nickte. »Klar, wahrscheinlich wäre sie tot.«
»Schon möglich.« Ray Bob rieb sich mit den Fingerknöcheln über seinen kräftigen Unterarm. »Wahrscheinlich. Aber dazu ist es ja noch nicht zu spät.«
»Seid ihr Jungs fertig?«
Sie drehten sich um und sahen Della neben der Bar stehen, eine Nylontasche und Ledersandalen in der einen Hand und einen kleinen Lone-Ranger-Segeltuchkoffer in der anderen. Sie hatte ein Paar feuerrote Pumps mit hohen Absätzen angezogen. Die hohen Absätze ließen ihren Hintern herausstehen.
»Na klar«, sagte Eddie. »Das ist meine Verlobte, Kumpel. Lass uns’nen Abflug machen.«
18
Ö stlich von Columbus überquerte Rule den Colorado ein weiteres Mal. Durch flache Hügel und Ebenen jagte er den Truck in östlicher Richtung über den Interstate Highway. Die Sonne brannte auf den Asphalt und wurde dort gnadenlos reflektiert. Er setzte die
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