Robbers: Thriller (German Edition)
du recht«, sagte Jedidiah. Er hob eine Hand und stieß sie vor, als ob er eine Fliege verjagen wollte. »Vielleicht hast du recht. Wie gesagt, ich hab viel Glück gehabt.«
»Nicht bloß Glück«, sagte Rule. »Es liegt vor allem an dir selbst. Und ich vermute, so wird es auch bleiben.«
»Es kommt, wie es kommt.«
Rule ließ seinen Truck an und fuhr über die lange Staubstraße an den Viehkoppeln vorbei Richtung Landstraße. Ein Blick in den Rückspiegel zeigte ihm, dass der alte Mann immer noch mit Jim Dandy an seiner Seite auf der Veranda stand. Dastand und wartete. Lauschte. Den leisen Ruf des Fährmanns in den Ohren. Den entfernten Geruch des ewigen Flusses in der Nase.
27
H arvey Lomax erwachte auf dem Vordersitz seines Abschleppwagens. Sein Körper lag verdreht auf einer Seite, die linke Schulter war unter seinem Gewicht eingequetscht, die noch in den Socken steckenden Füße gegen die Verkleidung der Beifahrertür gepresst. Er hatte überall Schmerzen, die Sonne brannte in seinen Augen, und seine Socken waren immer noch feucht.
Er rappelte sich auf.
Eine durch und durch elende Nacht. Spätabends hatte er seinen Abschleppwagen hinter dem Motel geparkt, außer Sichtweite des Rangers. Er hatte eine große Decke auf dem Boden neben der Hebewinde ausgebreitet und versucht, dort zu schlafen. Die Mücken waren wie eine der ägyptischen Plagen über ihn hergefallen. Er hatte sich in der öligen Decke zusammengerollt, den Kopf eingezogen, bis er kaum noch Luft bekam, und sich mit dem Gedanken getröstet, dass diese Welt nichts weiter bedeutete als Mühsal und Plagen. Das Leben war eine einzige Quälerei.
Dann kam der Regen.
Er ließ ihn unter dem Wagen Schutz suchen. Gleich darauf folgte das Wasser und umspülte ihn wie ein Bach. Es weichte den Boden auf und trieb ihn gegen Mitternacht in die Fahrerkabine. Dort war es wie in einer Sauna. Der kurze und schmale Sitz zwang ihn, sich in seinem Overall wie ein Fötus zusammenzurollen. Irgendwann in der Nacht ließ der Regen nach. Er zog seine Stiefel aus, streckte sich auf dem Sitz aus und steckte die Füße durchs offene Fenster. Sofort kamen die Mücken zurück. Also kurbelte er das Fenster hoch und gab sich resigniert seinem Elend hin.
Jetzt hockte er in der Fahrerkabine und dachte nach. Es war eine Prüfung gewesen, so musste es sein. Der Herr hatte seine Hingabe auf die Probe gestellt.
Gut, er hatte sie bestanden.
Er fuhr sich mit der großen, rauen Hand übers Gesicht und öffnete die Tür. Die morgendliche Hitze flutete über ihn hinweg. Nach dem Stand der Sonne musste es acht oder neun Uhr sein. Schnell streifte er die abgenutzten ledernen Arbeitsstiefel über die feuchten Socken und watete durch das nasse Gras um das Motel herum, um nach der Hütte des Rangers zu sehen. Der Pick-up war fort. Verdammt, er hatte ihn wieder verloren.
Zum ersten Mal war ihm das gestern passiert.
An der Tankstelle in Brookshire hatte er gehört, wie der Ranger Chief Wharton erklärt hatte, dass er nach Freeport wollte. Also war er ihm gefolgt. Er war ihm gefolgt, obwohl der Chief ihn angewiesen hatte, nach Hause zu fahren, sich zu duschen, etwas zu schlafen und vielleicht ein bisschen zu beten. Ein bisschen? Ein bisschen ? Gott, er hatte nicht mehr damit aufgehört, seit die Kerle Maxine umgebracht hatten, dort an der Exxon-Tankstelle, hinter der Ladentheke, mit einer Zigarette in der Hand. Niedergeschossen wie ein Tier, wie einen streunenden Hund. Ihm war nichts geblieben als Qual und Schmerz. Wie konnte der Chief glauben, dass ein kleines Gebet so etwas heilte?
Also hatte er dem Chief sein Versprechen gegeben und war in seinem Abschleppwagen in Richtung seines Hauses gefahren. Dann hatte er einen Bogen geschlagen und sich an die Verfolgung des Rangers gemacht. Denn das andere Versprechen wog schwerer. Mein ist die Rache, spricht der Herr. Römer 12, Vers 19. Ein Rächer ist der Herr für seine Widersacher. Nahum 1, Vers 2. Denn der Tag der Rache lag mir im Sinn. Jesaja 63, Vers 4. Und mein Herz ist sein Herz und seine Rache meine. Die Bedeutung war klar: Ich bin Sein Gefäß und Sein Werkzeug. Seine Waffe. Das Werk des Herrn wird vollbracht werden, und es liegt an mir, es zu vollbringen. Was ich auch tun werde.
Wie er es versprochen hatte.
Also hatte ihn seine Verfolgung herunter in die Ebenen geführt, wobei er dermaßen auf die Tube gedrückt hatte, dass er befürchtete, sein Herz würde explodieren. Der Motor drehte so hoch, dass er es kaum wagte, noch mehr
Weitere Kostenlose Bücher