Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Robbers: Thriller (German Edition)

Robbers: Thriller (German Edition)

Titel: Robbers: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Cook
Vom Netzwerk:
lauschen.«
    Der bärtige Mann mit der Brille beugte sich zum Strand hinab. Er war um die fünfzig und schwer gebaut. Zwischen seiner Khakihose und den Wanderstiefeln schauten dicke, schwarzbehaarte Beine hervor. Mit ausgestrecktem Arm erhob er sich wieder, die Handfläche nach oben gedreht und den dicken Zeigefinger ausgestreckt. Vermutlich lag ein einzelnes Sandkorn darauf.
    Er sagte:
    »Dieses rastlos umherreisende Körnchen begann sein Leben vor einer Milliarde Jahren. Seitdem ist es in tausend Inkarnationen erschienen. Während des Kambriums ruhte es auf dem Meeresgrund, durch spektakuläre tektonische Ereignisse tief begraben im Inneren der Erde; dann wieder nach oben befördert durch weitere derartige Ereignisse. Eingeschlossen in riesige, sich ständig verändernde Berge, von der Erosion befreit, methodisch zermahlen und von seinen nomadischen Stammesgenossen getrennt, dann wieder ins urzeitliche Meer geworfen. Später übrig gelassen, als die riesigen Wassermengen sich zurückzogen, vom Wind verweht und von Hitze und Eis zermalmt, von Flüssen mitgerissen und wieder dem Meer zurückgegeben, dann erneut von der rollenden Brandung der Küste mitgespült. Schließlich aufgehäuft zu Inseln, Halbinseln, zu den flachen Ufern vor der Küstenlinie. All das, meine Freunde, ist auf der Oberfläche dieses einzelnen, flüchtigen Körnchens Quartz verzeichnet. Da sollen die Ägypter erst mal mithalten!«
    Die Studenten, die um den Mann herumstanden, beugten sich stirnrunzelnd vor, die Notizbücher an sich gepresst. Sie starrten auf seinen ausgestreckten Finger, als könnten sie tatsächlich auf diesem winzigen Partikel die Geschichte wiederfinden, die er erzählt hatte.
    Eine langgezogene Stille.
    »Aber«, sagte dann einer, »ich seh gar nichts.« Die anderen kicherten.
    Ohne sonderliche Überraschung blickte der Professor den jungen Mann an. Er schnippte angewidert mit dem Finger und wischte ihn dann an seinem Hemd ab.
    »Ein Mangel an Vorstellungskraft, wie gewöhnlich. Die Wissenschaft ist eine Allegorie auf die Fakten, gebunden an die Theorie und begrenzt nur durch die Schranken des menschlichen Verstandes. Deiner, Rusty, ist unglücklicherweise in jeder Hinsicht beschränkt.«
    Der Junge zuckte gleichgültig mit den Schultern, während die anderen bösartig grinsten. Dann stolzierte der Professor davon, und das Häuflein Studenten folgte ihm den Strand hinauf.
    Eddie starrte ihnen nach. Sie kamen aus irgendeinem College in Beaumont und veranstalteten eine Exkursion. Eine Weile war er ihnen neugierig gefolgt und hatte dem Lehrer zugehört, wie er röhrenbauende Würmer beschrieben hatte, die unter dem Sand lebten, Geister von Garnelen in unterirdischen Silos, Schleim ausscheidende Mollusken und merkwürdige Schnecken, die Venusmuscheln den Saft aussaugten. Der Typ konnte richtig gut reden. Die Studenten allerdings waren Schwachköpfe. Sie machten bissige Bemerkungen, gähnten und rollten die Augen.
    Als sie hinter einer flachen grasbewachsenen Düne verschwanden, hob Eddie ein Stück Treibholz auf und schrieb damit seinen Namen in den Sand. Eine Welle rollte darüber hinweg und ließ seinen Schriftzug undeutlicher zurück. Einige Wellen später war sein Name ganz verschwunden. Weg. So lagen die Dinge, für ihn und für jeden anderen. Es gab keine Wahl, außer vielleicht das Wann oder das Wie, wenn man das eine Wahl nennen wollte. Du bist, oder du bist nicht. Man musste bloß versuchen, es sich vorzustellen: nicht zu sein. Das war zu gewaltig, um es wirklich zu kapieren.
    Eddie dachte an den Verkäufer oben in Austin, diesen Araber oder was immer er gewesen war. Gerade noch hier, war er im nächsten Moment schon fort. Da, nicht da. Tot, Mann. Einfach so. Wahrscheinlich hatte dieser Typ Leute gehabt, die ihn jetzt vermissten, die um ihn trauerten.
    Weil er, Eddie, ihn getötet hatte.
    Weg.
    Er warf den Stock fort. Er landete auf einem klebrigen Flecken Öl, das angespült worden war. Der bräunliche Sand war mit solchen Flecken dicht übersät. Außerdem mit Plastikbechern, Stücken von Nylonschnüren, Glasflaschen, Abfällen. Das meiste davon waren Überbleibsel von Fördertürmen und Schiffen vor der Küste. Eddie konnte zwar kein Sandkorn lesen, aber sicherlich einen Strand. Jesus! In meterhohen Buchstaben: Menschen sind Schweine.
    Eddie ließ den Blick zum Horizont wandern, über die Wellen, ihre wogende Oberfläche und die sandige Brandung. Hier kommt eine, und – upps – da ist schon die nächste. War das

Weitere Kostenlose Bücher