Robbers: Thriller (German Edition)
Sie vergoss eimerweise Tränen. Denn sie war allein, verlassen, und wurde von der Polizei gejagt wegen etwas, für das sie letztlich nichts konnte. Die Kinder waren bei ihrer Mutter, sie arbeitete nicht, hatte kein Auto und kein Geld. Und hing in diesem beschissenen abgewrackten Haus. Und immer noch stand nirgendwo ein Wort über Mister Traumschiff. Sie dachte an Eddie, ihre einzige echte Chance, der jetzt unten bei dieser Schlange, diesem Monster war. Was war das Leben schon anderes als ein Haufen Scheiße? Das ganze positive Denken konnte man sich in den Arsch stecken. Was auch für das Ausdrücken von Gefühlen galt, für die kleine schwarze Kiste. Der ganze miese freundliche So-sollten-Sie-es-machen-Scheiß in Redbook und all den anderen Magazinen war nichts als billiger Kleister, mit dem man versuchte, alles zusammenzuhalten, was das Leben auseinanderreißen wollte. Aber das Leben war stärker, auf längere Sicht würde es immer gewinnen, egal was man versuchte. Nicht einmal Liebe, nicht einmal Liebe. Gerade hatte sie es versucht. Und wo war er? Wieder begann sie zu schluchzen. Er war da unten bei seinem Kumpel. Er plante abzuhauen, heckte ein neues Verbrechen aus.
Aber das tat er nicht.
Er stand neben dem Caddy, zupfte an seinem Ohrring und hörte Ray Bob zu, der zwar immer noch mit ruhiger Stimme sprach, innerlich aber vor Wut kochte. Man konnte die Hitze buchstäblich spüren. »Du bist mir ein beschissener Partner, Kumpel. Kaum guckt eine Schnalle in deine Richtung, da schmeißt du den Deal hin.«
Eddie schüttelte den Kopf. »Nee, Mann. So ist es nicht.«
»Wie ist es dann?«
Immer noch den Kopf schüttelnd, dachte Eddie nach. Schließlich schaute er Ray Bob direkt an. »Du bist einfach nicht flexibel genug, Mann. Du willst niemand sonst dabeihaben.«
»Ah, jetzt kapier ich. Wir sind Butch und Sundance, und das Miststück da oben ist Wieheißtsiegleich, die Lehrerin. Ist es so?«
Eddie grinste. So hatte er die Sache noch nicht gesehen, aber yeah!, es gefiel ihm. »Warum nicht?«
Mit entblößten Zähnen und eiskalten Augen grinste Ray Bob zurück. »Weil ich nicht Sundance bin, Partner. Ich bin Johnny Ray Matthews, und ich werd nicht mit dem Daumen im Hintern rumhocken und zuschauen, wie du und Miss Fancy Pants Fahrrad fahrt und von Regentropfen singt. Und du tust so, als ob dein altes Arschloch von Kumpel überhaupt nicht mehr existiert. Als hättest du nie was von einem todesverachtenden Deal zwischen zwei Kumpeln gehört.«
Für Ray Bob war das beinahe eine Rede.
Eddie hörte nickend zu. Dann lehnte er sich gegen die Wagentür, verschränkte die Arme vor der Brust und lächelte. »Ohne Scheiß, so heißt du? Johnny Ray? Gottverdammt. Willst du meinen Namen wissen?«
Ray Bob hörte nicht zu. Mit rotem Gesicht stand er neben dem Wagen, die Schlüssel in der geballten Faust. »Du bist echt ein prima Kumpel. Da schau ich einen Moment lang nicht hin, und schon legst du mich aufs Kreuz. Dir gefällt die ganze Sache, aber du willst nicht dafür bezahlen. Du magst den Spaß, du gibst das Geld aus, aber du hast zu viel Schiss, um das Risiko zu tragen. Hörst du mir zu?«
Eddie nickte und erklärte, man müsse nicht unbedingt Risiken auf sich nehmen, um Spaß zu haben oder an Geld zu kommen. »Verdammt, wir sind in Amerika, oder?«
Ray Bob starrte ihn an. »Was zum Teufel soll das denn heißen?«
»Es heißt, was es heißt.« Eddie zuckte die Schultern. »Sonst nichts.«
»Du bist ein verdrehter Hurensohn«, sagte Ray Bob. »Geh mir aus dem Weg!«
Als Eddie zur Seite trat, öffnete Ray Bob die Wagentür, kletterte hinein und öffnete das Handschuhfach. Er wühlte eine Weile darin herum, ehe er mit einem Stück Papier und einem Kugelschreiber wieder auftauchte. »Wie heißt dieser Scheißer, der dich verpfiffen hat?«
»Wer?«, fragte Eddie.
»Dieser Cajun-Typ, der dich an die Bullen verkauft hat.«
»DeReese?«
»Wie schreibt man das?«
Ray Bob beugte sich mit gezücktem Kugelschreiber über die Motorhaube und wartete. Mannomann, was hatte er jetzt wieder vor?
»Komm schon«, drängte Ray Bob. »Ich hab nicht den ganzen Tag Zeit.«
Also buchstabierte Eddie den Namen. »Warum willst du das wissen?«
Ray Bob stopfte das Papier in die Tasche seiner Jeans und pfefferte den Kugelschreiber in Richtung des Beutels auf dem Rücksitz. Dann trat er dicht an Eddie heran, so dicht, dass dieser einen Schritt zurückwich. »Ich werd den Kerl aus dem Verkehr ziehen. Ich zeig dir, was ein echter
Weitere Kostenlose Bücher