Robbi, Tobbi und das Fliewatüüt
Teleskoparm aus und ließ den grellen Lichtstrahl über alle Wände geistern.
Sie standen in einer Halle. Sie war etwa so groß wie eine Turnhalle und auch fast so hoch. Vor ihnen an der Wand waren drei von diesen absonderlichen, dreieckigen Fenstern, die sie schon von draußen gesehen hatten. Sie ließen drei Strahlen blassgelben Mondlichts herein, die wie leuchtende, dreieckige Balken aussahen. Rechts und links gab es je eine dreieckige Türöffnung ohne Tür. Sie führten beide in einen rabenschwarzen Gang hinein. Sonst gab es in der Halle nichts Bemerkenswertes zu sehen. Nicht einmal eine alte, ausgediente Ritterrüstung stand dort herum, und das hätten sie in der Halle einer uralten Burg eigentlich erwartet.
»Welchen Gang nehmen wir?«, fragte Robbi. »Rechts oder links?«
»Rechts«, antwortete Tobbi auf gut Glück.
Er hätte genauso gut »links« sagen können. Das wäre vollkommen gleich geblieben, denn beide Türöffnungen waren gleich groß, gleich dreieckig und gleich finster. So finster wie das Innere eines Schornsteins.
»Also rechts. Na gut!«, sagte der kleine Roboter und marschierte voran in den dunklen Tunnel.
Tobbi folgte ihm dicht auf den Fersen, so dicht, dass er dem guten Robbi beinahe auf die Eisenfersen trat. Seine linke Hand legte er fest auf Robbis Schulter, um ihn nicht zu verlieren. Robbis Fingerlampe tanzte wie ein Irrlicht an dem weit ausgefahrenen Teleskoparm voraus.
Der Gang roch so muffig, wie Gänge riechen, wenn sie fünfzig, achtzig oder gar hundert Jahre nicht gelüftet worden sind. Nach den vielen Spinnweben und der dicken Staubschicht zu rechnen, musste es mindestens schon hundertfünfzig Jahre her sein, seitdem hier zum letzten Mal Staub gewischt worden war.
Klipp ... klipp ... klipp ...
Das waren Robbis Plätteisenschritte, die auf dem Steinfußboden hallten. Viel zu laut hallten!
Tobbi klopfte seinem Vordermann auf die Schulter.
»Halt eben an, Robbi«, sagte er, »deine Schritte dröhnen so laut, dass sie weithin zu hören sind. So geht das nicht. Dagegen müssen wir etwas tun.«
»So, meinst du?« Dem Roboter waren die lauten Schritte noch gar nicht aufgefallen.
»Zieh deine Seehundsfellschuhe über«, schlug Tobbi vor.
»Seehundsfellschuhe? Gute Idee!«
Kurze Zeit später schlich Robbi lautlos durch den Gang. So leise, wie vor ihrem Abflug auf Tante Paulas rotem Läufer. Tobbis Schritte waren sowieso kaum zu hören, weil er Gummisohlen trug.
Zwanzig Schritte gingen sie geradeaus. Dann machte der Gang einen scharfen Knick nach rechts und nach weiteren fünfzehn Schritten bog er wieder ebenso scharf nach links ab.
»In Plumpudding Castle scheint es einen Irrgarten von Gängen zu geben«, flüsterte Tobbi.
»Scheint so«, brummte der Roboter und ließ den Lichtkegel der Fingerlampe über die Wände huschen. »Nanu - hier sind ja Bilder! Eine ganze Menge sogar.«
»Dann muss das eine Ahnengalerie sein«, erriet Tobbi ganz richtig.
Robbi leuchtete die Bilder an.
Rechts hingen die Porträts der Burgherren. Sie blickten aus reich verschnörkelten Goldrahmen herab. Von dem Gold war allerdings nur hin und wieder ein kleines Fleckchen zu sehen, weil alles von einer dicken Staubschicht bedeckt war. Alle Ritter hatten prächtige Rüstungen an und glänzende Helme auf den Köpfen, aber sie machten ausnahmslos finstere Gesichter. Wahrscheinlich hatten sie sich malen lassen, als sie mit schlechter Laune zu Hause saßen, weil es gerade nichts zu kämpfen gab.
Die Burgfrauen hingen ihnen gegenüber auf der linken Gangseite. Sie schauten sehr viel freundlicher, aber auch ein bisschen wehmütig aus ihren Silberrahmen herab. Wahrscheinlich hatte es ihnen schon zu Lebzeiten nicht sonderlich in dieser verrückten, finsteren und staubigen Burg gefallen.
Und wer weiß - vielleicht hatten sie sogar in dreieckigen Betten schlafen müssen.
»Ob's hier wohl Geheimgänge gibt?«, raunte Tobbi bedeutungsvoll. »Hinter alten Bildern und so ...«
»Hm ... Unmöglich wäre das nicht«, meinte Robbi nachdenklich. »Warte, ich schalte sofort mein grünes Röntgenauge ein.«
Tobbi hielt den Atem an, so gespannt war er.
Robbi untersuchte die Mauer und alle Bilder der näheren Umgebung.
»Ich kann nichts finden, was auf einen Geheimgang schließen lässt«, berichtete er, und entschuldigend fügte er noch hinzu: »Tut mir Leid, nichts zu machen. Weißt du, die Mauern in diesen alten Ritterburgen sind ganz gemein dick. Ich komm da einfach nicht durch.«
Sie tappten weiter und
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