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Robbins, Harold - Träume

Titel: Robbins, Harold - Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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mein Leben war - bis ich Reverend Sam traf und religiös wurde. Jetzt hat mein Leben wieder einen Sinn.« Er musterte mich. »Glaubst du an Gott?«
    Ich hielt seinem forschenden Blick stand. »Nein, eigentlich nicht.«
    Aus seiner Stimme klang Bedauern. »Schade. Wirklich schade. Du läßt dir da etwas Gutes entgehen.«
    Ich schwieg.
    Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr. »Es ist fast fünf. Ich bring dich besser vor dem allgemeinen Wecken auf dein Zimmer, sonst kommst du überhaupt nicht zum Schlafen.
    Wenn du wach wirst, such nach mir. Ich bin bestimmt irgendwo in der Nähe.«
    Als ich aufwachte, war es Nachmittag, bereits halb vier vorbei. Meine Jeans und die anderen Sachen fand ich nicht, dafür jedoch ein Holzfällerhemd und Arbeitsjeans, wie Bruder Jonathan sie getragen hatte. Alles war säuberlich auf einen Stuhl gelegt worden.
    Ich stand auf, ging ins Bad, stellte mich unter die Dusche. Warmes Wasser gab es nicht, und der kalte Strahl machte mich sehr schnell richtig wach. Mit klappernden Zähnen rieb ich mich trocken. Dann ging ich ins Zimmer zurück. Ich hatte mir gerade die Jeans angezogen, als sich die Tür öffnete.
    Denise kam herein, lächelte. »Du bist schon wach?«
    Ich nickte.
    »Als ich vor ungefähr einer Stunde hereinschaute, hast du noch ganz fest geschlafen. Bruder Jonathan schickt dir diesen Rasierapparat und einen Augenbrauenstift.«
    Ich sagte nichts.
    »Bist du böse auf mich?«
    »Nein.«
    »Aber warum sagst du dann nichts?«
    »Weil’s nichts weiter zu sagen gibt.« Ich nahm den Rasierapparat und den Augenbrauenstift und ging wieder ins Bad. Sie stellte sich an die Tür und sah zu, wie ich mich rasierte. Im Spiegel betrachtete ich ihr Gesicht. »Dein blaues Auge ist gar nicht so schlimm geworden, wie ich erwartet habe.«
    »Ganz furchtbar ist’s«, sagte sie. »Aber ich habe eine Menge Make-up draufgeknallt.« Sie trat zu mir. »Soll ich dir die Augenbrauen machen?«

Ich nickte.
    Wir gingen ins Schlafzimmer, und ich setzte mich auf die Bettkante. Denise stand vor mir. Sacht fuhr sie mir mit dem
    Stift über eine Braue. Ich spürte die Wärme ihres Körpers und legte meine Hände auf ihre Hüften. »Warum hast du uns nicht zu diesem Zimmer geführt?«
    Sie hielt inne, blickte mir ins Gesicht. »Ich begann zu fürchten, daß du mich nie lieben würdest - daß du meintest, ich sei noch zu sehr Kind.«
    »Bist du bei allen so - bei allen, die du haben willst?« fragte ich.
    »Es hat    noch nie jemanden    gegeben,    bei    dem    ich so
    empfunden habe wie bei dir.«
    »Und warum ich? Was ist an mir?«
    Sie befeuchtete den Stift mit der Zunge und strich mir dann wieder über die Braue. »Das weiß ich nicht. Aber immer wenn ich in deine Nähe komme, werde ich ganz wild.«
    »Jetzt auch?«
    Sie nickte. »Findest du mich schrecklich?«
    »Nein. Ich versteh’s nur nicht, das ist alles.«
    »Dann hast du vielleicht noch nie jemanden richtig geliebt.«
    Sie legte    den Augenbrauenstift    aus der Hand.    »Ich    glaube,
    so ist’s gut.    Sieh dir das mal im Spiegel an.«
    »Ja, in    Ordnung«, sagte ich,    als ich    mein    sonderbares
    Spiegelbild betrachtete.
    »Bruder Jonathan würde sich freuen, wenn du heute nachmittag zu ihm in die Versammlung der fünften Ebene kämst.«
    »Wann ist denn das?«
    »Um vier.«
    »Und wie lange dauert’s? Um sechs Uhr muß ich Lonergan anrufen.«
    »Ungefähr eine Stunde.«
    »Okay.«
    Sie lächelte plötzlich. »Ich freue mich. Und jetzt werde ich dir etwas zu essen besorgen. Dann gehen wir zusammen zu dem Meeting.«
    Der fensterlose Raum mochte etwa vier mal fünf Meter groß sein und hatte eine unverschalte Dachbalkendecke. Als wir eintraten, waren bereits sechs andere Personen da, drei Männer und drei Frauen, die paarweise dort saßen, die Augen auf eine Wand mit einem hohen, hölzernen Kreuz gerichtet.
    Genau wie Denise hatte ich mir schon vor der Tür die Schuhe ausgezogen. Jetzt setzten wir uns nebeneinander auf einen freien Flecken auf dem kahlen Fußboden. Die anderen beachteten uns nicht weiter. Sekunden später hörte ich von der Tür ein Geräusch. Ich blickte über die Schulter zurück und sah Bruder Jonathan, der in einer braunen Soutane eintrat. Schweigend schloß er hinter sich die Tür, ging dann mit bloßen Füßen zur Mitte des Raums, wo er sich auf den Fußboden sinken ließ. Das einzige Licht kam von den Altarkerzen, die vor dem Kreuz standen.
    Sekundenlang herrschte absolutes

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