Robbins, Harold - Träume
sagte ich. Die Musiker spielten schneller und immer schneller, ein Wahnsinnstempo. Eine Stunde später waren wir bis auf den letzten Faden durchgeschwitzt und glichen nassen Lappen. Ich ging zu meiner Wolldecke zurück und setzte mich. Die Kondition von früher besaß ich nicht mehr, Alterserscheinungen offenbar.
Samantha, das Modell, war’s, die die Sache in Gang brachte. Plötzlich hielt sie ihren BH in der einen und ihren
Rock in der anderen Hand. »Ich halt’s einfach nicht mehr aus!« rief sie und lief aufs Wasser zu. »Wer als letzter drin ist, ist ein Stinktier!«
Im Nu waren auch die anderen Modelle nackt, und dann rissen wir uns alle um die Wette die Kleider vom Leib und jagten auf das Wasser zu. Mitten im allgemeinen Trubel hörte die Band auf einmal zu spielen auf, brach urplötzlich ab; und die Stille hatte etwas seltsam Schockierendes.
Ich wandte mich um. Alle, Männer wie Frauen, starrten auf King Dong. Langsam streifte er seine Hose von den Beinen, und seine Nacktheit löste eine eigentümliche, kollektive Reaktion aus: ein leises Keuchen, ein kurzes, hastiges Luftholen.
Ich beobachtete die anderen. Dieter schienen buchstäblich die Augen überzugehen. Julio stand mit offenem Mund. Auch die Mädchen starrten stumm und fasziniert, außerstande, den Blick abzuwenden. Ich ließ meine Augen weitergleiten. Wer immer behauptet, daß Frauen nicht auf einen großen Penis ansprechen, hat von der Wirklichkeit nicht den leisesten Schimmer.
Julio durchbrach die Stille. »El toro«, sagte er.
Alle lachten. »Ich kann’s einfach nicht glauben«, versicherte er. Aus seiner Stimme klang Bewunderung, wenn nicht Verehrung. Er wollte auf King Dong zugehen, doch dieser hatte sich bereits in Bewegung gesetzt und rannte zum Wasser, in das er mit einem Hechtsprung eintauchte. Die Mädchen sammelten sich um die Stelle, und als er wieder hochkam, ertönte ihr schrilles Gelächter.
Eileen ließ sich neben mir auf die Wolldecke sinken. »Mir sind die Knie schwach geworden.«
Ich lachte. »Hat er dich auch angedreht?«
»Ich bin richtig naß, nur vom Hingucken. Dabei dachte ich, ich hätte schon alles gesehen.«
»Das waren nur Bilder. Das hier ist Wirklichkeit.«
»Wie der wohl ist, wenn er steif wird«, sagte sie.
»Das wirst du nie zu sehen kriegen.«
»Wieso nicht?«
»Bevor sein Ding auch nur halbsteif ist, hat’s aus seinem Körper alles Blut abgezogen, und er wird bewußtlos«, erklärte ich mit völlig ernster Miene.
»Sehr witzig«, sagte sie und hob die Hand, als wollte sie mich schlagen. Dann lachte sie.
Ich sah, daß Marissa uns beobachtete. Ihr Gesicht hatte einen eigentümlichen Ausdruck. Ich streckte die Hand nach ihr aus.
Sie nahm sie, und ich zog sie auf meine andere Seite. Sie wirkte verspannt, und so beugte ich mich zu ihr und küßte sie. Ihre Lippen waren weich und feucht.
Nach einigen Sekunden löste sie sich von mir. »Ich glaube, ich gehe besser auf mein Zimmer!«
»Ich dachte, du bist mit mir zusammen.«
Ihr Blick suchte Eileen. »Nicht, wenn deine Freundin hier ist.«
»Nichts hat sich geändert. Wir sind doch alle Freunde, oder?«
»Sehr richtig«, sagte Eileen leise. »Freunde.« Zart berührte sie Marissas Gesicht mit den Fingern. »Freunde teilen miteinander. Freunde lieben einander.«
Marissas Augen weiteten sich. »Ich weiß nicht. Ich habe noch nie -« Sie brach ab, und wie ein Zittern überlief es sie plötzlich. »All dieses Zeug ... ich bin richtig fertig.« Abrupt erhob sie sich. Und stand, schwankend. »Ich werde auf mein Zimmer gehen.«
Zwei Schritte machte sie, bevor sie taumelnd zu stürzen begann.
Ich fing sie gerade noch rechtzeitig auf und legte sie sacht auf die Wolldecke. Ihr Gesicht war bleich, auf der Oberlippe standen winzige Schweißperlen. Ich fühlte ihren Puls. Er war in Ordnung.
Eileen sah mich verschreckt an. »Sie ist nur ohnmächtig«, beschwichtigte ich sie.
»Kann ich irgend etwas tun?«
»Eine feuchte Kompresse auf ihrer Stirn könnte nicht schaden.«
Eileen griff nach dem Halstuch, das sie noch umgebunden trug. Sie löste es vom Hals, rannte zum Wasser. Viel nützen würde das wohl kaum, doch für Eileen mochte es immerhin eine Beruhigung sein. Das einzige, was Marissa wirklich helfen konnte, war Schlaf.
Gemeinsam brachten wir sie zum Bungalow. Dort legte ich sie auf die Couch. Auf dem kleinen Tisch davor lag ein Zettel: »Gareth - ich dachte, es ist für alle Teile bequemer, wenn ich ins Hauptgebäude umziehe. Bis morgen früh
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