Robbins, Harold - Träume
Staatsangehörige. Wenn man mit Ihnen so etwas machen kann, was dann erst mit mir?«
»Das ist nicht das gleiche. Sie sind ein Gringo. Auch wenn man hier Gringos nicht mag, so respektiert man doch das Geld und hofft, daß Sie gutes Busineß herbringen. Nie würde man es wagen, Sie sich wirklich zu Feinden zu machen. Außerdem ist da ja auch noch Ihr Onkel.«
»Was ist mit ihm?«
»Nun, er ist in Los Angeles ein überaus wichtiger Mann, nicht wahr? Ich glaube, er ist der einzige Mann, vor dem Julio Respekt hat. Julio ist hier unten ein sehr wichtiger Mann, aber Ihr Onkel ist noch wichtiger. Wir haben gehört, daß Julio in
Los Angeles gar nicht existieren könnte, wenn Ihr Onkel das nicht wollte.«
Ich sah zu Julio hin, der noch immer mit Verita tanzte. Er lächelte und schien sehr glücklich zu sein. Eines fiel mir auf: Irgendwie sahen die Männer, die im Kreis um die Tanzenden standen und zuschauten, genauso aus wie Julio. Er war hier wahrhaft zu Hause.
Unwillkürlich dachte ich an Lonergan. Er war sofort nach dem Essen zu Bett gegangen. Und plötzlich wurde mir bewußt, daß sich seit Julios Auftauchen sein Verhalten fast abrupt verändert hatte. Er hatte sich sofort zurückgezogen. Wie der Boß, der sich mit einem Angestellten nicht gemein machen will. Ich erinnerte mich, daß er einmal gesagt hatte: »Wie lange, glaubst du wohl, wärst du am Leben geblieben, wenn ich dich nicht beschützt hätte? Wie lange hätte Julio dir geholfen, wenn ich ihm nicht einen entsprechenden Wink gegeben hätte? ... Du wärst den Wölfen zum Fraß vorgeworfen worden.«
Ich betrachtete Dieter. »Wieviel wissen Sie nun wirklich von den Vorgängen hier?« fragte ich schließlich.
»Genug, um Ihnen sagen zu können, daß Julio Ihnen zuliebe bestimmt nicht darauf verzichten wird, seine Maschinen hier auf dem Flugplatz landen zu lassen. Der einzige Mann, der ihn dazu bringen könnte, ist Ihr Onkel.«
Ausgestreckt lag ich auf der Wolldecke und ließ mich von der Musik umwirbeln. Der Nachthimmel war purpurschwarz, und die Sterne glichen winzigen flackernden Weihnachtslichtern. Ich schwebte zwischen ihnen hindurch und fragte mich unwillkürlich, ob es wohl wirklich so etwas wie einen Weihnachtsmann gab. Leise klang Marissas Stimme an mein Ohr. »Deine Freundin ist sehr hübsch.«
»Sie behauptet von dir das gleiche.« Ich rollte herum, auf den Bauch, und hielt ihr meinen Joint hin.
Sie machte einige Züge und gab ihn mir zurück. »Ich bin traurig«, sagte sie.
»Weshalb? Das Leben hier unten ist doch wunderschön.«
»Nichts ist, was es zu sein scheint, nicht wahr?«
»Wirklichkeit ist, was immer du siehst. Auch wenn niemand sonst auf der Welt sieht, was du siehst, so ist es deshalb doch um nichts weniger wirklich.«
Sie lächelte. »Du hast auf alles eine Antwort.«
»Ich wünschte, so wär’s.« Ich setzte mich auf. »Das Leben wäre einfacher.«
Lautes Gelächter zog unsere Aufmerksamkeit an. Die Modelle, Bobby, die Crew und King Dong waren zu den anderen gestoßen. Immer wilder wirbelte es um das Feuer herum.
Bobby ließ sich neben mir auf die Wolldecke sacken. »Als sie die Musik hörten, konnte ich sie einfach nicht zurückhalten.«
»Ist doch okay. Sollen sie ihren Spaß haben.«
»Die kriege ich doch nie munter für morgen früh um sieben.«
»Relax.« Ich reichte ihm den Joint.
Er sog tief. »Wie läuft’s?«
»Okay.«
»Hast du dich schon entschieden?«
»Nein, noch nicht.«
»Wenn’s am Geld liegt ... von meinem Vater soll ich dir ausrichten, daß er interessiert ist.«
»Es liegt nicht am Geld.«
Er blickte zu Marissa. »Mit Ihnen würde ich gerne eine Serie schießen.«
Sie musterte ihn verwirrt.
»Fotos«, erklärte ich.
»Oh.« Sie lächelte. »Das wäre wohl nichts für mich.«
»Sie haben einen prachtvollen Körper«, sagte er. »Und ein schönes Gesicht.«
»Ich bin nicht der Typ dafür. Es wäre mir zu peinlich.«
»Mach ihr klar, daß wir so was ganz cool angehen«, sagte Bobby zu mir.
»Ich bin sicher, daß sie das weiß.«
»Eine große Hilfe bist du als Verleger nicht gerade. Ein Centerfold mit ihr, das war doch das reine Dynamit.«
»Wenn ich mich auf deinen Job so gut verstünde wie auf meinen, könnte ich ihn ja gleich mit übernehmen«, sagte ich.
Er machte wieder einen Zug, gab mir den Joint dann zurück. »Dann eben nicht«, sagte er und stand auf. »Die Musik ist phantastisch.«
Sie waren jetzt bei einer heißen Salsa. Ich streckte Marissa meine Hand hin.
»Komm«,
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