Robbins, Harold - Träume
den Kopf und sah sie an. »Bleib erst mal am Ball, Baby. Nächste Woche sind wir an den Verkaufsständen, und wenn’s so läuft, wie ich mir das vorstelle, kannst du dir jede Menge Hilfe engagieren.« Ich warf einen Blick auf meine Armbanduhr. Es war bereits nach zwei Uhr morgens. »Fahr nach Hause und schlaf erst einmal. Danach sehen wir dann weiter.«
»Morgen - nein, heute - ist Sonntag.«
Wieder warf ich einen Blick auf meine Uhr. Tatsächlich, sie hatte recht.
»Dann bleib im Bett und schlaf dich richtig aus.«
»Ich muß noch vier Artikel schreiben und die dritte Folge der Modernen Fanny Hill«, erklärte sie.
»Das hat auch noch bis Montag Zeit.«
»Und was wirst du tun?«
»Bobby hat mir sechs Layouts dagelassen. Ich muß die Fotos auswählen, mich für eine Supermöse entscheiden und einiges an Begleittext aushecken. Mir geht’s auch nicht viel
anders als dir. Zum Thema Nymphomaninnen will mir nichts mehr einfallen.«
»Müssen’s denn dauernd Nymphomaninnen sein?« fragte sie.
Ich lächelte. »Wenn auf jedem Bild zu sehen ist, wie sie an ihrer Muschi rumspielt, woran soll ich sie dann denken lassen -an den Kirchgang am kommenden Sonntag?«
»Es hat so was Verächtliches, Herabsetzendes. Manchmal denke ich -« Sie brach ab und erhob sich.
»Was denkst du?«
»Ist nicht weiter wichtig. Ich bin wohl nur übermüdet.«
»Sag’s doch. Wenn du’s denkst, sprich’s auch aus.«
»Wir lassen alles so billig erscheinen. Als ob es auf der ganzen Welt nichts anderes gäbe als Schwänze und Fotzen. Um so etwas zu verzapfen, hätte ich wahrhaftig kein Studium gebraucht.«
»Du hast die Wahl. Wenn du nicht willst, mußt du ja nicht.«
»Und du, Gareth? Hast du eine Wahl?«
»Nicht mehr. Ich hab’s mir mal eingebildet, doch inzwischen weiß ich’s besser. Als ich aus Vietnam zurückkam, hatte ich große Träume. Ich wollte allen die Augen öffnen. Wollte ihnen sagen, auf was für einem Scheißkarren wir sitzen. Mächtige Talfahrt, bis es eines Tages urgewaltig kracht. Hörte mir bloß keiner zu. Nur ein paar Politiker polkten sich was raus, für ihre eigenen egoistischen Zwecke. Aber sonst? Den Leuten war das alles scheißegal. Und meine Träume sind - na, was sind sie? Geplatzt oder so. Endgültig. Und jetzt gebe ich den Leuten, was sie wirklich wollen. Und sie werden alles so mit ihren eigenen Illusionen garnieren wie ihre Autos, ihr Bier und ihr Fernsehen.«
»Glaubst du das wirklich?«
»Nein. Ich suche nur eine Rechtfertigung für das, was ich tue.« Ich stand auf. »Aber irgendwie glaube ich, daß ich erwachsen geworden bin. Wenn ich schon nicht gegen die
Gesellschaft anstinken und sie umkrempeln kann, wie’s meinen Vorstellungen entspräche, dann ist’s wohl vernünftiger, ich mische mit und mache das Beste draus. Das Spiel hat einen Namen - Geld. Wenn das hier hinhaut, werde ich eine Menge Geld machen.«
»Wird dich das glücklich machen?«
»Das weiß ich nicht. Aber als ich pleite war, war ich auch nicht glücklich, und es wird sicher wesentlich komfortabler sein, wenn ich mich als reicher Mann unglücklich fühle.«
Sie nickte nachdenklich. »Vielleicht hast du recht.« Ein erschöpftes Seufzen kam über ihre Lippen. »Ich werde deinen Rat befolgen und den ganzen Sonntag im Bett bleiben, um mich richtig auszuschlafen.«
»Gut. Ich bring dich zu deinem Wagen.«
Die Straßen waren fast völlig leer. Während wir zu der Ecke gingen, wo sie ihren Wagen geparkt hatte, kam nur ab und zu ein Auto vorüber.
Sie schloß die Tür auf, stieg ein und kurbelte das Fenster runter. »Allmählich kommt’s mir albern vor, immer so spät in der Nacht nach Hause zu fahren und am nächsten Morgen wieder früh zurückzukommen.«
Ich schwieg.
»Gareth, warum sagst du nie, daß ich über Nacht bleiben soll?«
»In der Wohnung? Du weißt doch, was für ein Loch das ist. Überall liegt Papier verstreut wie - wie in einem richtigen Scheißhaus.«
»Du hast schon Mädchen dort gehabt. Warum nicht mich?«
»Du bist anders.«
»Inwiefern?« fragte sie. »Ich tue es auch gern.«
Ich schüttelte den Kopf. »Das ist es nicht.«
»Du siehst in mir immer noch die Unschuld vom Lande. Aber da irrst du dich. Ich weiß schon, worum sich deine Gedanken drehen, und verstehe das. Ich hab’s auch schon mit
Mädchen gemacht. Also? Das ist nicht wirklich wichtig. Die Beziehung zueinander ist es. Du bist mir alles andere als gleichgültig.«
»Das weiß ich. Nur - mit dir ist das eben nicht
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