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Robert Enke

Robert Enke

Titel: Robert Enke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald Reng
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Äußersten entschlossen in seiner totalen Isolation.
    Irritiert bemerkte Robert Enke als Nationaltorwart, wie auf einmal alles gegen ihn verwandt wurde, was man in Hannover schätzte:
     seine Sachlichkeit im Spiel, sein zurückhaltendes, respektvolles Auftreten in der Öffentlichkeit. Nun verglichen ihn die Leute
     mit Kahn, der einen Gegner auf dem Platz in den Hals gebissen hatte, mit Lehmann, der versucht hatte, Kahn in jedem Interview
     zu besiegen, und natürlich mit René Adler, der schwierige Flanken tollkühn abfing, bei denen Robert Enke im Tor blieb. »Enke
     hat keine Ausstrahlung«, zog Ottmar Hitzfeld seinen Schluss aus den Vergleichen. Hitzfeld war der erfolgreichste deutsche
     Vereinstrainer.
    Robert Enke glaubte, er sei auf diese populistische Kritik vorbereitet. Es war doch nicht wichtig, was die Kolumnisten daherredeten. |330| Was zählte, war die Wertschätzung des Bundestorwarttrainers. Andreas Köpke hielt die Schlichtheit in Robert Enkes Spiel für
     Eleganz: »Seine ruhige Art auf dem Spielfeld hat mir imponiert. Er hatte eine unheimliche Präsenz und Autorität, gerade weil
     er nicht wie andere den Zappelphilipp gab, sondern sachlich, aber bestimmt in seinen Aktionen war. Wenn er einmal eine Situation
     alleine gegen den Stürmer super geklärt hatte, ist er danach ins Tor zurückgegangen, als wäre so eine Parade das Normalste
     der Welt, keine Theatralik, nichts.«
    Als Robert Enke im August 2008 in Nürnberg gegen Belgien das erste Länderspiel nach der Europameisterschaft bestreiten durfte,
     war das ein Zeichen. Die Bundestrainer hielten ihn für den ersten unter drei, vier gleichen Kandidaten für die Lehmann-Nachfolge.
     Deutschland gewann 2:0, er hatte die wenige Arbeit souverän bewältigt. Als ich ihn anrief, um zu gratulieren, sagte er als
     Erstes: »Es war natürlich blöd, dass ich keine Gelegenheit hatte, mich wirklich auszuzeichnen.« Er hatte es eilig, seine Klasse
     zu demonstrieren. Er konnte sich zehnmal sagen, die öffentliche Skepsis interessiere ihn nicht, aber er spürte trotzdem den
     Druck, er müsse das Land möglichst schnell von seinem Können überzeugen.
    Bloß wie sollte er ein Publikum überzeugen, das Selbstdarstellung mit Ausstrahlung verwechselte?
     
    »Na ja«, sagt Jörg Neblung, »man darf es nicht als Geschwätz abtun, wenn ein Mann wie Hitzfeld von fehlender Ausstrahlung
     spricht. Da muss man sich schon fragen: Wie kommt Hitzfeld darauf?«
    Jörg Neblung kam zu dem Schluss, es sei auch eine Frage des Image. Mit seinem nüchternen Torwartstil kam Robert auf weniger
     spektakuläre Szenen als andere Torhüter, die entweder bei Flanken riskanter zu Werke gingen oder auf der Torlinie dramatischer
     retteten. Und wenn er mit seinem harten Gesicht nach dem Spiel trockene Interviews gebe, rannten die Massenmedien zwangsläufig
     lieber René Adler nach, der mit seinen blonden Surferhaaren und jugendlichem Lächeln ein natürlicher Sympathieträger war.
    |331| Robert Enke hörte Jörg am Telefon zu und wurde grantig. Der Bundestrainer könne ganz gut auch ohne lächelnde Interviews erkennen,
     ob ein Torwart auf seine Abwehr Sicherheit ausstrahle. Das geschah nämlich mit klaren, sachlichen Anweisungen, die niemand
     außerhalb des Spielfelds hörte.
    »Schon klar, Robbi«, sagte Jörg. »Aber du würdest dir mit einem besseren Image den Druck vom Leib halten, dass die Medien
     ständig an dir herumnörgeln.«
    Sie kamen auf die anderen Torhüter mit dem aufregenderen Image zu sprechen, und Jörg versuchte, ihm fachlich zu erklären,
     dass große Torwartparaden oft nur entstanden, weil sich der Torhüter im letzten Moment spekulativ dem Schuss entgegenwarf.
     Daran sei nichts Verwerfliches. Dann rutschte Jörg Neblung in der Hitze der Diskussion der eine Satz raus, der ihm heute noch
     leid tut. »Versuch doch einfach einmal, dich in höchster Not so spekulativ in einen Schuss zu werfen wie Tim Wiese.«
    Robert Enke war nicht mehr zornig. Er war beleidigt.
    Tim Wiese von Werder Bremen war nach der Europameisterschaft als dritter Torwart in die Nationalelf gerückt, er war ein guter
     Torhüter, mit einer Sprungkraft, die sich selbst Jens Lehmann nur wünschen konnte. Für die anderen Spitzentorhüter jedoch
     war Tim Wiese ausnahmslos ein Reizthema. Er war ein Boulevardtorhüter. Er warf sich auch bei Schüssen, die einen halben Meter
     neben ihm landeten; die er auch im Stehen hätte parieren können. Aber dann hätte das Publikum nicht gestaunt. Wenn ein

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