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Robert Enke

Robert Enke

Titel: Robert Enke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ronald Reng
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Stürmer
     allein auf Wiese zulief, schlitterte er wie ein Kung-Fu-Kämpfer mit ausgestrecktem Bein dem Angreifer entgegen, die Sportreporter
     schrien begeistert: »Wiese riskiert alles!«, und vor dem Fernseher kochten die anderen Torhüter vor Wut: Kapierten die Sportreporter
     nicht, dass es einfach nur ein Fehler war, sich dem Stürmer so hektisch entgegenzuwerfen? Wer genau hinsah, merkte, dass Wiese
     auch noch den Kopf wegdrehte, während er sich vor den Stürmer warf. Es war für jeden Angreifer ein Leichtes, ihn einfach zu
     umkurven.
    Nach seinem unbedachten Vorschlag, doch mal Tim Wiese zu imitieren, sprach Jörg Neblung das Thema Image mit Robert |332| nicht mehr an. Doch bemerkte er, wie sich Robert Enke seit jenem Tag Mühe gab, in jedem Fernsehinterview zu lächeln.
     
    Im Grunde allerdings blieb er, was Briten einen
Torhüter für Torhüter
nennen: ein Torwart, der von seinen Kollegen umso mehr verehrt wird, weil die Massen seinen Wert nicht erkennen. Gegen den
     Trend, gegen das moderne Modell vom
radikalen Torwart
, der versucht, jeden Steilpass, jede Flanke abzufangen, hielt Robert Enke hartnäckig an seiner Idee vom
vernünftigen Torwart
fest. Was nützte es, wenn ein Torwart mit seinem verwegenen Rauslaufen 18 von 20 Steilpässen hervorragend abfing, aber dann
     wegen seines riskanten Spiels zweimal zu spät kam? »Ich finde es übertrieben, wenn man sagt, ein moderner Torwart müsse jeden
     Steilpass ablaufen, jede Flanke abfangen. Was ein guter Torwart braucht, ist das untrügliche Gespür, bei welchem Steilpass
     gehe ich raus und bei welcher Flanke nicht.«
    Damit stand er ziemlich allein da in einer Zeit, in der die nächste Generation,
die Radikalen
René Adler und Manuel Neuer mit phantastischem Antizipieren die Manöver des Gegners schon weit vor dem Tor durchkreuzten und
     die letzten
Traditionalisten
wie Tim Wiese atemberaubende Paraden in Serie auf der Torlinie hinlegten.
    Doch allein der Fakt, dass mit Adler, Enke und Wiese im Herbst 2008 drei Torhüter mit ganz unterschiedlichen Stilen die Nationalelf
     vertraten, zeigt, wie theoretisch die Vorstellung ist, der eine Stil sei grundsätzlich besser als der andere. Bei den Stürmern
     erscheint es dem Publikum auch das Normalste der Welt, dass es verschiedene Typen gibt, schnelle Dribbler oder wuchtige Brecher,
     die alle auf ihre Art Weltklasse erreichen können. Bei den Torhütern ist es nicht anders. Das Wichtige ist nur, dass ein Torwart
     innerhalb seiner Lehre sicher und konsequent agiert. Robert Enke war im Herbst 2008 unter den deutschen Nationaltorhütern
     der, der seinen Stil am weitesten perfektioniert hatte.
    »Er hat nie wirklich folgenschwere Fehler gemacht, das hat ihn ausgezeichnet«, sagt Bundestorwarttrainer Köpke. Robert Enke
     stand deshalb auch im September 2008 bei den Weltmeisterschafts-Qualifikationsspielen |333| gegen Liechtenstein und Finnland im Tor. »Wenn du alle seine Spiele in der Nationalelf durchgehst, wirst du kein einziges
     Tor finden, bei dem du sagen könntest: Den Ball hätte er jetzt schon mal halten müssen«, sagt Köpke, »selbst beim 3:3 in Finnland
     nicht.«
     
    Die wichtigste Prüfung des Jahres stand nach dem Spiel in Helsinki bevor. Die Adoptionsbeauftrage vom Jugendamt kam nach Empede.
     Sie gab den Enkes nie das Gefühl, sie stünden auf der Probe. Die Hausbesichtigung war die letzte Hürde beim Eignungstest für
     die Adoption.
    Sie zeigten der Beamtin das Kinderzimmer. Laras Name aus Magnetbuchstaben hing noch immer an der Holztür. Teresa und Robert
     wollten den Namen ihres Adoptivkindes danebenheften, sie wollten, dass ihr zweites Kind auf möglichst natürliche Art mitbekäme,
     dass es eine tote Schwester hatte.
    Im Oktober erhielten sie die Bestätigung vom Jugendamt, ihrem Antrag auf Adoption werde stattgegeben. Nun mussten sie warten
     und wussten nicht, ob es vier Wochen oder vierzehn Monate dauern würde, bis sie ihr Kind erhielten.
    Die Zeit flog, so kam es Robert Enke vor. Die Berufung in die Nationalmannschaft hatte seinem Leben ein neues Tempo gegeben,
     alles schien schneller, plötzlicher, vor allem die Aufregung. Er reiste zum Lehrgang der Nationalelf in Düsseldorf, der Höhepunkt
     der Weltmeisterschafts-Qualifikation stand bevor, die Partie gegen den Europameisterschaftshalbfinalisten Russland. Er hatte
     in allen Länderspielen seit Lehmanns Abgang im Tor gestanden, er hatte sich nichts zuschulden kommen lassen. Aber in der
Bild
-Zeitung stand vier Tage vor

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