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Roberts Schwester

Roberts Schwester

Titel: Roberts Schwester Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hammesfahr Petra
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darüber einig, dass er nicht auf Dauer da oben festsitzen kann. Das ist wie eine Gefangenschaft. Wenn er hier unten wäre, könnte er in den Garten. Wir könnten eine Rampe an die Terrasse legen lassen und eine zur Haustür. Isa könnte manchmal mit ihm in die Stadt fahren. Er hätte ein wenig Abwechslung, verstehst du?»
    Als ich ablehnte, presste Robert kurz die Lippen aufeinander.
    «Ich will dich nicht zwingen», sagte er.
    «Vielleicht sprichst du einmal mit Piel darüber. Es geht mir nicht um Jonas. Was das angeht, gibt es andere Möglichkeiten, den Treppenlift zum Beispiel. Aber was dich betrifft, Mia, so kann es nicht weitergehen. Du verkriechst dich hier, du schlägst stundenlang auf dieses Ding ein. Mit Isa willst du nichts zu tun haben, mit Jonas auch nicht mehr. Du weichst sogar mir aus. Vielleicht sollte ich ein Haus suchen, was meinst du? Dann kommst du zur Ruhe.»
    Wie habe ich dieses Ekel da oben gehasst in diesen Minuten. Ein Haus suchen! Robert war natürlich sehr vorsichtig und sagte mir nicht, dass es nur ein Haus für die beiden Ratten sein sollte.
    «Spar dir die Mühe», sagte ich.
    «Bestell nur zwei kräftige Männer, die können ihn hinaustragen. Aber nicht in den Garten. Und sie schickst du am besten gleich hinterher. Lass einen Lift einbauen, du wirst sehen, was du davon hast. Sorg nur dafür, dass sie zusammen in die Stadt fahren können. Wen, meinst du wohl, werden sie dort als Ersten treffen? Begreifst du denn nicht, was hinter deinem Rücken vorgeht? Sie spielen uns gegeneinander aus. Wenn sie es schaffen, bist du allein, und ich bin allein. Dann ist der Anfang gemacht.»
    Und dann hatte ich etwas getrunken und war zu Serge gefahren, zitternd vor Wut und Hilflosigkeit. Ein Haus suchen! Ich hatte Angst, wahnsinnige Angst, Robert zu verlieren. Bei Serge trank ich weiter, um diese Angst zu bewältigen. Serge rief schließlich Robert an, an dem Abend vor drei Wochen, vielmehr in der Nacht, weil er dachte, ich könne nicht mehr fahren. Aber fahren konnte ich, ich konnte nur nicht auf Robert warten. Ich hätte es nicht ertragen, noch einmal seinen wunden Blick zu sehen und die Trauer in seiner Stimme zu hören.
    «Aber etwas muss ich doch tun, Mia.»
    Ich musste auch etwas tun. Nur wusste ich nicht, was. Deshalb konnte ich auch nicht heimfahren in der Nacht, jedenfalls nicht sofort. Das war es wohl, was Jonas gemeint hatte, als er von einem Vorfall vor drei Wochen sprach. Nur konnte ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass Robert mir wirklich die Polizei hatte hinterherschik-ken wollen. Das hätte er niemals getan. Er wusste, wie viel mir daran lag, meinen Wagen und damit ein klein wenig Freiheit zu haben. Beim Frühstück am nächsten Morgen hatten wir darüber gesprochen. Ich war nicht im Bett gewesen, auch nicht auf der Couch im Atelier. Als ich es schließlich geschafft hatte, den Wagen in die Garage zu fahren, war ich über dem Steuer eingeschlafen. Ich war völlig erschöpft gewesen. Auch Robert wirkte übermüdet.
    «Ich war die halbe Nacht unterwegs, um dich zu suchen», sagte er.
    «Wo warst du, Mia?»
    Ich wusste es nicht genau. Ich war herumgefahren, einfach nur so. Um mit mir selbst ins Reine zu kommen, um mir einen Plan zurechtzulegen, eine Strategie der Verteidigung oder besser noch die direkte Offensive. Ich wünschte mir, ich hätte die Zeit zurückdrehen können, nur um ein paar Wochen. Die ersten Monate, in denen ich es nur mit einem unsichtbaren Horst Fechner zu tun gehabt hatte, waren wesentlich einfacher und leichter zu ertragen gewesen. Da hatte ich doch wenigstens gewusst, wie ich Isabell einschätzen musste und was sie trieb, wenn sie das Haus verließ. Jetzt versteckte sie sich hinter diesem Koloss im Rollstuhl und hinter Roberts Rücken. Es war mir durchaus bewusst, welchen Anschein sie nach außen erweckte. Piel hatte es mir doch oft genug vorgebetet. Die arme, junge Frau, ohne böse Absicht eingedrungen in eine von Schuld und Sühne zementierte Gemeinschaft. Sie mochte sich die makellose Stirn blutig schlagen und die roten Krallen abbrechen beim Versuch, meine Mauer einzureißen, gelingen würde ihr das nie. Mir war auch klar, welchen Eindruck ich selbst vermittelte, wenn ich mich aus hilfloser Wut und aus Angst betrank, wenn ich nichts weiter tun konnte als auf den alten Ansichten herumreiten. Sie betrügt dich! Dazu hatte sie doch gar keine Gelegenheit mehr. Robert war sehr besorgt um mich, griff über den Tisch nach meiner Hand und bat:
    «Mia,

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