Roberts Schwester
Stimme.
«Das war die Voraussetzung», sagte ich.
«Du kennst doch Vaters Testament.»
Wir saßen noch in der Küche, als Frau Schür kurz vor acht kam. Es gab eine herzliche Begrüßungsszene zwischen ihr und Lucia, ein paar Tränen flossen. Ich nutzte die Gelegenheit, von meinem Atelier aus mit dem Makler zu telefonieren. Einen Angestellten mit dem Namen Biller gab es bei ihm nicht. Robert hatte den Auftrag vor drei Wochen telefonisch erteilt. Er musste das getan haben, kurz nachdem er es mir gegenüber zum ersten Mal offen aussprach, ein Haus zu suchen. Robert hatte exakte Wünsche geäußert, Besichtigungen geeigneter Objekte hatte er nicht für notwendig gehalten. Es schmeichelte dem Makler noch im Nachhinein, dass Robert so viel Vertrauen in ihn gesetzt hatte. Nur den Notartermin hatte er dann am vergangenen Mittwoch persönlich wahrnehmen müssen. Aber auch der Notar hieß nicht Biller. Der Makler meinte, es könne sich um einen Handwerker handeln. Robert hatte davon gesprochen, dass er diverse Umbauten vornehmen lassen müsse, Türen verbreitern, eine Rampe von der Terrasse in den Garten legen, von den zwei Bädern sollte eines eine neue Ausstattung bekommen. Ob Robert diese Arbeiten bereits in Auftrag gegeben hatte und wen er damit betraut hatte, konnte der Makler mir nicht sagen. Um halb zehn hatte ich das erledigt, ging hinauf in mein Zimmer, nahm ein Bad und zog mich um. Bis zu dem Termin bei Piel war noch Zeit, und ich wusste nicht, wohin mit mir. Frau Schür und Lucia waren in der Küche, sprachen über Robert und weinten um ihn. Isabell und Jonas waren im Zimmer am Ende der Galerie. Sie hörte ich ebenfalls miteinander reden, worüber sie sprachen, verstand ich nicht. Und ich lief vom Fenster zur Tür, von der Tür zum Fenster und wieder zurück. Schließlich trat ich auf die Galerie hinaus und ging zum letzten Zimmer. Ich trat ganz vorsichtig auf und kam auch bis dicht an die Tür heran, ohne dass sie mich bemerkten. Die Tür war geschlossen, aber jetzt war ich nahe genug, um zu verstehen, was dahinter vorging. Sie sprachen über Lucia, über Vorschläge, die sie gemacht hatte, einen elektrischen Rollstuhl anzuschaffen und ein Spezialkissen, damit sich Jonas nicht den Hintern wund saß. Er fand, das sei eine gute Idee, und lachte, als sei es ein guter Witz. Arme Lucia, wenn sie gewusst hätte, dass sie mit ihren gut gemeinten Vorschlägen nur zur Erheiterung der beiden beitrug, wäre sie vielleicht ein bisschen zurückhaltender geworden. Dann sprachen Isabell und Jonas über das Prospektmaterial, welches Robert noch besorgt hatte. Den Treppenlift und eine andere Hebevorrichtung, die fest neben der Wanne installiert werden und es Jonas erlauben sollte, auch ohne Isabells Hilfe ausgedehnte Wannenbäder zu nehmen. Jonas überlegte laut, ob sich derartige Investitionen noch lohnten, ob sie nicht lieber zusehen sollten, dass sie etwas Kleineres für sich fanden, solange Lucia noch in der Nähe war, um ihre Bemühungen zu unterstützen. Sie hatten tatsächlich keine Ahnung von diesem Bungalow, so viel stand fest. Es war sehr aufschlussreich, ihnen zuzuhören. Kurz nach zehn tauchten Wolbert und ein Fremder vor der Haustür auf und vertrieben mich von meinem Lauschpo-sten. Bis dahin hatte ich immerhin noch erfahren, dass Isabell und Jonas gar nicht daran dachten, mir noch lange das Leben schwer zu machen. Sie wollten mein Haus so schnell wie möglich verlassen, träumten vom sonnigen Süden. Vielleicht hatte Lucia sie eingeladen. Wolbert stellte mir seinen Begleiter vor. Ein Finanzexperte. Sie wollten mich nicht lange aufhalten. Wie Olaf bereits angekündigt hatte, kam Wolbert etwas umständlich auf sein Anliegen zu sprechen. Ich gab meine Einwilligung, und Wolbert zeigte sich zufrieden und dankbar. Wir gingen in Roberts Arbeitszimmer. Dabei sagte er:
«Wir rechnen damit, dass die Leiche Ihres Bruder morgen freigegeben wird. Sie bekommen dann von der Staatsanwaltschaft Bescheid, Frau Bongartz.»
Bis dahin war es noch irgendwie irreal gewesen, jetzt war es plötzlich konkret. Die Leiche meines Bruders! Ein Beerdigungsinstitut, ein Sarg, eine Grabstelle, Blumen, Kränze und eine Seelenmesse. Minutenlang glaubte ich daran zu ersticken. Wolbert ließ mir Zeit, meine Fassung zurückzugewinnen.
«Ich will», verlangte ich,
«dass Sie an der Leiche meines Bruders alle Untersuchungen vornehmen lassen, die notwendig sind, um eine Vaterschaft anzufechten.»
Er starrte mich sekundenlang an. Ich sah, wie es
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