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Robina Krux

Robina Krux

Titel: Robina Krux Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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dafür die Zeit zu schade sein könnte, weil sie für’s große Ziel geopfert würden? Jede Begegnung mit einem lieben Menschen konnte die letzte sein. Die Wiedersehen ließen sich programmieren. Müßiger Gedanke, Robi! Hier gibt es nichts zu programmieren.’
    Draußen in der Grotte fasste sie den Entschluss, die Vorräte zu ordnen, damit sie bequemer zu erreichen seien. Nur ganz entfernt dachte sie daran, dass sie dadurch die Dauer der kommenden täglichen Verrichtungen weiter verringerte.
    Später ging Robina in die Ebene hinaus, hatte einen Augenblick das Verlangen, mit dem Eselchen zu fahren, schritt aber dann lustlos, ohne Ziel, auf das gegenüberliegende Ufer zu, dessen Struktur an den Spitzensaum eines historischen Gewandes erinnerte.
    Der Untergrund spiegelte. Ein alter Spiegel mit zahlreichen Narben, größeren und kleineren. Splitter, weißlich schimmernd auf dem dunkel reflektierenden Grund, lagen umher. Nur allmählich wurde Robina bewusst: von Meteoriten herausgeschlagen.
    ‘Ja’– erinnerte sie sich –, ‘dieser Raumsektor ist meteoritenaktiv, hatten wir festgestellt. Klein sollen sie sein, die Geschwindigkeit verhältnismäßig gering zu der des Boliden. Ein Einschlag würde nur von der Wirkung einer – einer – wie hieß das? – Pistolenkugel früherer Zeiten sein. Also bei aller Relativität tödlich.’
    Ohne zu erschrecken, wurde Robina gewahr, dass in ihrer Rechnung ein Fehler sein konnte: Es müssen gar nicht 35 Jahre werden, es konnte jetzt, heute und hier eintreten.
    Robinas Gedanken plätscherten oberflächlich. Sie erheiterte sich ein wenig an ihrem Spiegelbild, das sie im klobigen Anzug aus der Froschperspektive zeigte und das, je nach der Helligkeit der Untergrundpulsation, bald brillant, bald blass erschien.
    Dann dachte Robina an den spiegelnden Metallfußboden der historischen Bar im Alexhotel, an die „gestohlenen Stunden“ mit Boris. ‘Ja, du wolltest es so, Boris. Möglichst wenige Kollegen sollten nach deinem Willen von der Liaison erfahren. Es ginge, wie du sagtest, nur uns zwei etwas an – stimmte ja auch. Es gäbe dem eine besondere Würze. Und, Spaß hat mir die Heimlichtuerei gemacht. Allerdings, mein lieber Boris, später habe ich das anders gesehen. Du hast dafür gesorgt, dass ich es anders interpretieren musste, später, als es vorbei war. Vor dem Entstehen eines moralischen Zwanges wolltest du dich schützen. Die Meinung der Kollegen über dich galt dir nämlich etwas. Ja, und wir leben halt in einer Zeit, in der wir Techtelmechtel auf lange Sicht nicht mögen. Du Dummkopf! Als ob ich dir jemals übelgenommen hätte, dass es mit uns nichts geworden ist. Freilich, ich wäre schon bereit gewesen, glaube, dass es bei mir für’s Leben gereicht hätte.’
    Robina spürte deutlicher denn je, auch deutlicher als in jener Zeit mit Frank in der REAKTOM, dass sich die Sache mit Boris nicht reparieren ließe, selbst wenn er mit ausgebreiteten Armen unter der Luke des Raumschiffes stünde. Jäh brach Robina ihre Gedanken ab. ‘Niemand wird je unter einer Raumschiffluke stehen, Robi, ja, niemals mehr wirst du ein Raumschiff zu Gesicht bekommen!’
    Lange saß sie dann am anderen Ufer an einen rosaroten Spat gelehnt und starrte in die Finsternis des Raumes hinaus.
    Dann wurde ihr bewusst, dass ein winziger dieser Sterne, die um sie herum im Gleichmaß vorbeizogen, hinter den glasigen Flächen der Kristalle aufstiegen und dort, wo ihr Licht tangierte, blitzende Beugungsreflexe hervorriefen, dass einer davon die Erdensonne, ihre Sonne war. Frank hatte sie ihr gezeigt, ein Stern etwa siebenter Größe, so wie das Reiterlein im Großen Wagen von der Erde aus betrachtet – wer sieht das schon mit bloßem Auge! ‘Was soll es auch! Ich werde sie aus der Vielzahl ohnehin nicht herausfinden, und vielleicht ist das ganz gut so…
    Ich dürfte nicht so lange herumsitzen, müsste mich bewegen, Gymnastik treiben. Die Muskeln werden erschlaffen bei dieser geringen Gravitation.’
    Robina rührte sich nicht. Sie empfand es als wohlig, die Auflast des Körpers kaum zu spüren. Der harte, kristalline Untergrund erschien dadurch weich wie Schaumstoff.
    ‘Wozu werde ich wohl je wieder größere Muskelkräfte brauchen? Vielleicht passt sich mein Körper für alle Zeiten – für die fünfunddreißig lumpigen Jahre – den Verhältnissen hier an? Bisher habe ich keine Beschwerden. Das wären neue Erkenntnisse für die Raummedizin. So lange hat noch keiner unter solchen Bedingungen

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