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Robinas Stunde null

Robinas Stunde null

Titel: Robinas Stunde null Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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Raumanzug überflüssig
machte. Bei all diesen Handlungen empfand sie, als sei das
alles nicht wirklich, als müsse sie jeden Augenblick aus einem
Traum erwachen. Dieser Zustand hielt sie noch gefangen, als
sie entspannt im Konturensessel lag.
    Robina schloss die Augen. Ein Ineinanderfließen von Bildern
zog durch ihr Erinnern: Sie sah sich nach der Havarie auf
diesen hohen Stufenwürfeln stehen und verzweifelt nach den
Gefährten rufen, dann stürzte Ed, der Bruder, von der
Plattform, als er den ausgebüxten Orang-Utan retten wollte.
Sie verspürte den Schreck ihrer ersten Begegnung mit Birne,
spürte förmlich, wie er schmerzbereitend ihren Körper
abtastete. Und sie erinnerte sich der Begegnung mit dem alten
Organisten im Dom zu Köln, der vorwarf, dass die Heutigen
Althergebrachtes, Unwiederbringliches zerstören… Das
Glücksgefühl durchzog sie wieder, wie damals, als sie mit dem
Eselchen die ersten Runden auf der Ebene drehte. Sie fühlte
sich versetzt in die Wand, Buchstaben brennend, bewunderte
Eds Luftschiffflotte, die um die ausgedienten Wohnbauten
irdene, landschaftsbildende Schutzhügel schütteten, die
mühevolle vergegenständlichte Arbeit Tausender nicht zu
Schrott verkommen ließen. Inmitten ihrer sprödgefrorenen
Blumen sah sich Robina in der Ebene stehen
– mit
ausgebreiteten Armen ins Firmament starrend, Ausschau nach
den rettenden Signalen haltend, nach den Anderen… Dann
verschwammen die Bilder, entschwebten. Tiefer Schlaf senkte
sich über Robina und erlöste sie aus ihren wirren Träumen. –
12
    Die vom Ersten genannte Aufbruchsfrist verstrich, ohne dass
sich das Geringste tat. Immer wieder mahnte Robina Birne,
Informationen einzuholen, aber auch er beteuerte, keinerlei
Kontakt zu seinen Erzeugern zu haben. Alle Ansätze, über
Funk eine Verbindung herzustellen, verhallten echolos.
    Einige Male versuchte Robina die Anderen aufzusuchen. Sie
scheiterte stets an den Schutzfeldern vor den Tabuzonen.
Zweifel und Mutlosigkeit befielen sie – sollten diese nicht
mehr zu ihren Zusagen stehen? Signalisierte deren zur Schau
gestellte Gleichgültigkeit gegenüber den Menschen einen
Sinneswandel? Und diese depressiven Gedanken nagten an
Robinas Entschluss, mit den Fremden zu diesem
Wankelplaneten zu reisen.
    Sie wanderte ziellos umher, verharrte in besonders üppigen
Kristallwucherungen, ohne wirklich deren Schönheit
aufzunehmen, als sei sie in einem leichten Trancezustand.
    Stundenlang saß sie im Cockpit des Landebootes, starrte in
die Ebene, verfiel über Minuten in einen flachen Schlaf, träges,
auswegloses Denken kreiste in ihrem Hirn.
    Am dritten Tag nach dem genannten Zeitpunkt, wieder im
Boot, plötzlich überlaut und förmlich die Stimme der Ersten:
„Wir haben einen Spruch mit höchster Energie zur Erde
gesandt mit dem Hinweis, dass du lebst und den notwendigen
Positionen. Unser Start ist in zwei Stunden. Folge dem
Leitstrahl zum Hangar Schiff vier. Erwarte weitere
Anweisungen.“
    Überrascht, plötzlich aus der Lethargie gerissen, rief Robina:
„Hallo, ich…“
Ein Knacken verriet, dass der Erste die Verbindung bereits
unterbrochen hatte.
Eine heiße, erleichternde Welle durchflutete Robinas Körper.
„Endlich, ihr Affen!“ Erregung griff nach ihr. Nervös glitten
ihre Blicke über die Armaturen. Und zum ersten Mal, seit sie
sich wieder in ihrem intakten Boot befand, stellte sie sich
schreckhaft die Frage:
,Haben die wirklich ordentlich
repariert? Woher hatten sie überhaupt die Kenntnis? Wird der
Start gelingen…?’ Und dann stieg Ärger in ihr an. ,Nicht für
nötig haben sie gefunden, den Spruch zur Erde mit mir
abzustimmen. Blödes Volk, arrogantes!’
Exakt zwei Stunden nach der Ankündigung wieder die
Stimme des Ersten: „Starte jetzt!“ Es klang eher sanft denn wie
ein Befehl.
,Kein Countdown’, dachte Robina unterbewusst und griff
mechanisch zum Hebel – Hunderte Male geübte Routine.
Bekanntes Beben rüttelte das Boot. Noch bevor die
Beschleunigung sie in den Sessel drückte, passte Robina sich
ein. Und was sonst stets Beklemmung ausgelöst hatte, empfand
sie jetzt beinahe vergnüglich: Den atemraubenden Druck, das
Sausen in den Ohren. Und sie hätte jubeln mögen, sich nicht
bewusst, ob des funktionierenden Bootes wegen oder weil ihre
Robinsonade ein Ende fand und die Erde ein Stück näher
rückte.
Als sie sich plötzlich des Abschieds von ihrer
jahrzehntelangen Heimstatt bewusst wurde und hektisch den
Blick zurück suchte, zeigte der Schirm lediglich

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