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Robinas Stunde null

Robinas Stunde null

Titel: Robinas Stunde null Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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Spuren
hinterlassen. Es bedarf keiner besonderen Einrichtungen
mehr.“
Außerordentlich befremdet über eine derartige
Zurückweisung, bemerkte Robina traurig: „Ihr mögt die
Menschen nicht, wollt keinen Kontakt zu ihnen.“
Jenseits der milchigen Wand erlosch das Licht. Ein sicheres
Zeichen, dass die Anderen das Gespräch nun endgültig für
beendet hielten.
Frustriert über das kaltschnäuzige Verhalten dieses Ersten,
aber auch ein wenig erleichtert, sich nunmehr entschieden zu
haben, verließ Robina den Container. –
10
    Mit bitterer Ironie stellte sie fest, dass die Anderen
großzügigerweise das Bolidenlicht eingeschaltet ließen, sie
nahm an, um ihr die Transporte zu erleichtern. Sie behängte
das Eselchen und belud Schleicher und Birne mit dem, was sie
mitzunehmen gedachte. In etwas mehr als drei Tagen hatte sie
ihre wenigen Habseligkeiten umgelagert. Wasser und
Brennstoffe würden ihr im Schiff der Fremden unbegrenzt
verfügbar sein, verkündete Birne nebenbei, als sie begann,
entsprechende Kanister für den Transport bereitzustellen, ein
Zeichen für sie, dass alle ihrer Schritte beobachtet wurden.
    Bei jeder Ladung, die Robina im Landeboot verstaute,
empfand sie Wehmut, aber auch Freude. Jeder Gegenstand
erinnerte an die Gefährten, an die Zeit der Reise, das
gemeinsame Erleben, an Frank… Und glücklich fühlte sie sich,
ein Stück ihrer zeitweiligen Heimstatt, das Boot, wieder zu
besitzen. Und dafür war sie den Anderen sogar dankbar, dass
sie es auf diese erstaunliche Weise instand gesetzt hatten und
ihr gestatteten, es mitzunehmen. –
    Die nächsten Tage strich Robina ziellos durch den
Kristalldschungel. Ihr war, als entfalte sich ihr die Pracht der
Minerale zum ersten Mal. Wehmütig streichelte sie liebkosend
leuchtende Trauben, farbstrahlende Würfel und Oktaeder,
feine, glitzernde Nadeln und spiegelnde Flächen. Und immer
unfassbarer schien es ihr, dass die Stunden gezählt sein sollten,
die ihr verblieben, um sich wie ein Dürstender an diesem
Wundervollen satt zu trinken. Dann packte sie der Wunsch, so
viel wie möglich von dem Unersetzlichen mitzunehmen, und
sie begann, kleinere Steine – gelbe, grüne, blaue, schwarze,
durchsichtige – aufzulesen oder auszubrechen. Nur von einigen
hatte sie eine Ahnung, wie sie wohl heißen mochten und dass
es Edelsteine seien. –
    Als ihr nur noch wenige Stunden bis zum Zeitpunkt blieben,
den der Erste für den Aufbruch festgelegt hatte, nahm Robina
Abschied. Sie wanderte in der Grotte umher, die Jahrzehnte
lang Schutz vor Meteoriten geboten, ihre Vorräte beherbergt
und ihre eigentliche Heimstatt überdacht hatte.
    Robina stand gedankenleer vor den Stapeln von Materialien,
die sie zurücklassen würde. Wie im Trance öffnete sie den
einen oder anderen Behälter, nahm diesen oder jenen
Gegenstand in die Hand ohne ihn eigentlich wahrzunehmen,
legte ihn behutsam zurück, als sei er besonders schutzbedürftig
oder zerbrechlich. Danach schleuste sie sich in ihren Container
ein, legte den Raumanzug ab und streckte sich auf die Liege.
Sie starrte in ihren Pflanzendschungel, der fast ein Viertel des
Raums einnahm und von dem sie den weitaus größeren Teil
seinem Schicksal überlassen würde. Eine lange Zeit verfolgte
sie mit Blicken die Wassertropfen, die aus der an der Decke
montierten Kanisterbatterie quollen und noch jahrelang die
Wurzeln netzen würden, das letzte von ihr errichtete
technische Werk. Und nur entfernt drang die Frage in ihr
Bewusstsein, was wohl eher den Tod der so liebgewordenen,
tröstenden Pflanzenkameraden herbeiführen würde, das
versiegende Wasser oder das Sterben der Akkumulatoren,
Finsternis und Weltraumkälte. Und sie wünschte sich, es wäre
das Letztere. Sie würden in ihrer Pracht erstarren und eins
werden mit den Kristallwundern ringsum. –
11
    Später machte sich Robina auf ihrem Eselchen auf den Weg
zum Landeboot. Sie hatte sich entschlossen, den treuen
Gefährten mitzunehmen. Sie fuhr langsam, blickte sich nicht
um, obwohl sie den Eindruck hatte, als wäre in dieser Stunde
die Lumineszenz besonders hell. Es war ihr, als sei dies der
Gang zur letzten Ruhestätte eines lieben Menschen, und es
schien, als fühlten die beiden außerirdischen Maschinen, die
ihr lautlos folgten, mit ihr.
    Wie im Wachtraum verstaute sie das Gefährt und wies Birne
und dem Schleicher Plätze an. Dann stieg sie in die geräumige
Kabine, stellte die Hermetik her, ließ Atemluft einströmen und
wartete, bis die Temperatur den

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