Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Robinas Stunde null

Robinas Stunde null

Titel: Robinas Stunde null Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
Vom Netzwerk:
Gemeinschaft stieß, dass die
Zusammengehörigkeit neu entdeckt wurde? Sophie begriff,
dass sie dieses wahrscheinlich nicht so nachempfinden konnte.
Schließlich war man auf dem Roten stets einsamer und mehr
auf die kleine Gruppe angewiesen gewesen als auf der Erde,
wenngleich in der letzten Zeit auch die Anzahl der
Marspioniere arg reduziert worden war. Hier aber, wo man den
Atem der Katastrophe unmittelbar verspürt, verzweifelte Rufe
vergeblich ausgesandt hatte, wo die meisten von den Wenigen,
die durch einen glücklichen Umstand dem Inferno entgangen
waren, sicherlich mit eigenen Augen… Wahrlich kein Wunder,
wenn sie jeden Neuankömmling wie den verlorenen Sohn
empfingen. –
Wesentlich deutlicher und konstanter als im
Marsobservatorium lag in der Basis dieser merkwürdige
Permanentstrahl an, ein Zeichen, dass er tatsächlich der Erde
und nicht dem Roten galt. Wenn es dafür noch eines Beweises
bedurft hätte: Er folgte der Erde auf ihrer Bahn! Immerhin
waren seit dem ersten Empfang Wochen vergangen. Jemand,
der sich in der Himmelsmechanik sehr gut auskannte und über
die nötige Energie verfügte, hielt die Erde, aus welchem Grund
auch immer, im Dauervisier, ein Umstand, der bei der
Mannschaft der Orbitalstation neben Staunen und Spannung
auch eine gewisse Unruhe, gar Befürchtung auslöste. Und das
Bedauerliche: Erst durch Lucie aufmerksam gemacht, wurde in
der Station das Phänomen entdeckt. Die dem Strahl
aufmodulierte Nachricht war gar nicht empfangen worden.
Wahrscheinlich wäre das in wesentlich besserer Qualität
geschehen.
    ,,Was soll ich machen“, hatte Murlog auf die nicht ohne
Vorwurf gestellte Frage Sophies geantwortet.
„Hundertzwanzig Leute bilden die Normbesatzung. Wir sind
zehn. Ihr seid ja auch arg dezimiert worden. Alles, was Beine
hat und halbwegs qualifiziert ist, wird verständlicherweise
unten gebraucht.“ Er hatte in mitleiderregender Ohnmacht die
Schultern gehoben und kraftlos fallen lassen, einen Seufzer
ausgestoßen und die leicht basedowschen Augen gegen die
Decke gedreht. Ein ansehnlicher Bauch, rosige Wangen und
mitunter verschmitzter Blick aus rundem Gesicht deuteten
wohl darauf hin, dass er sich gern auch mit anderem als der
Suche nach vagabundierenden Signalen befasste. Der ganze
Mensch strahlte Gemütlichkeit aus. Sophie fielen seine Worte
über qualifizierte Leute ein, verwarf aber solche Gedanken
sofort als dümmlich und überheblich. Was schon wusste sie
wirklich von dem, worauf es jetzt ankam?
    Eines verspürte Sophie sofort: Eine in alle Bereiche
einschneidende Sparsamkeit, die auch dazu führte, dass sie auf
den nächsten Shuttle zur Erde zehn Tage warten
musste.
Natürlich hatte sich in der jüngsten Vergangenheit der
verhaltene Umgang mit den Ressourcen auch auf die
Versorgung der Marsstationen ausgewirkt. Jedem wurde
bewusst, wie radikal sich die Existenzbedingungen ändern
mussten. Nur, auf dem Mars lebte man ohnehin eingeschränkt.
Je mehr man aber an das ehemals Normale heranrückte, mit
Leuten in Kontakt geriet, die jählings aus dem Gewohnten
gerissen worden waren, desto unmittelbarer wurde man vom
Mangel berührt So erging es Sophie, obwohl sie sich in einer
Orbitalstation aufhielt, die ohnehin einen Sonderstatus hatte.
    Im Wesentlichen gab es weltweit keine Defizite – noch keine.
Allenthalben lagerten Waren aller Art. Aber der größte Vorrat
geht einmal zur Neige, die stabilste Maschine zu Bruch, und
vieles, insbesondere Lebensmittel, verdarb mangels Kühlung
oder Wartung.
    Sophie beschlich zunehmend Furcht, ihren Heimatplaneten
wieder zu betreten.
Was für eine Freude hatte sie vor einem solchen Ereignis
stets empfunden, als sie alle zwei Jahre ihren achtwöchigen
Erdurlaub antrat Heute würde sie am liebsten, eingedenk
dessen, was sie erwarten mochte, den Start mir dem Shuttle
hinausgezögert haben.
Mit Sophie reiste ein junges Paar, das nach anderthalb Jahren
Dienst in der Orbitalstation abgelöst wurde und sich nach der
Landung in Pusztamonostor eilig verabschiedete mit dem
Verweis, dass es bis nach Helsinki ein weiter Weg sei, den sie
ja vorwiegend auf dem Lande – das Flugzeug nach Berlin
ginge erst in einer Woche – bewältigen müssten, was Sophie
nicht sogleich verstand. Die beiden schritten rasch auf abseits
parkende Autos zu, von denen sich gerade eines löste und in
mäßigem Tempo auf den Shuttle zu rollte, vor dem Sophie
noch immer stand. Sie kam sich auf dem weiten,
menschenleeren Platz verlassen und bedrückt vor.
Das

Weitere Kostenlose Bücher