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Robinas Stunde null

Robinas Stunde null

Titel: Robinas Stunde null Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kröger
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kurz an deren Frisur hängen, ihre
Mundwinkel zuckten nach unten, als dächte sie: ,Wenn du
keine anderen Sorgen hast’, und sie wandte sich der Tastatur
zu.
Der Motor summte auf, und der mächtige Koloss schwenkte
nach links. Man sah die Bewegung der Apparatur eigentlich
nicht, man bemerkte sie lediglich am gestochen scharfen Bild,
das der Schirm wiedergab. Es schien, als wanderten die
unzähligen glitzernden Sonnen unendlich langsam nach rechts
über den schwarzen Grund.
„Ich schalte jetzt um“, gab Lucie an.
Die scheinbare Bewegung auf dem Schirm verlief
entgegengesetzt über den Ausgangspunkt hinaus, dann ein
Klack, und die Sterne standen fixiert. Auf der Konsole blinkte
eine rote Lampe, und gleich darauf ertönte ein penetranter
Hupton.
„Da hast du’s.“ Es klang ein wenig rechthaberisch, als hätte
jemand ihre Wahrnehmung bezweifelt.
Sophie zog bedenklich die Stirn in Falten. „Sieht nicht gut
aus“, sagte sie.
„Na, das wirst du wohl hinkriegen? Was glaubst du, wie
lange es dauert, bis ich von der Zentrale jemanden
herbekomme? Und wir gehen acht Wochen zu Fuß, weil das
Treibstoffkontingent dabei draufgeht.“
,Wir kommen ohnehin nirgends hin, wofür wir ein Fahrzeug
brauchten’, dachte Sophie. „Natürlich versuche ich es.“
„Mensch, Sophie, ich brauche das Ding dringend – der
Hudsonschwarm… Auf der Erde kennen – kannten…“, fügte
sie gedämpft ein, „… sie jeden kopfgroßen Brocken, der ihrer
Bahn nahe kommt. Hier… Wir müssen ständig beobachten.“
„Und – was machen wir, wenn tatsächlich einer einschlagen
will, na? Sehen wir mit den drei Abwehrraketen nicht ein
wenig alt aus?“
Lucie antwortete nicht sogleich. „Du weißt, Sophie, weshalb
gegenwärtig kein Nachschub möglich, noch nicht wieder
möglich ist“, sagte sie ungewöhnlich sanft. „Aber was wir
noch können, wollen wir doch tun, oder? Also, bring die
Mechanik wieder zum Laufen.“
Sophie schluckte, blickte einen Augenblick betroffen. „Klar
mach’ ich das“, sagte sie dann und begann, die Verkleidung
des Getriebegehäuses abzuschrauben. –
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    Sophie – nur ihr Unterkörper ragte aus der Umhausung –
musste nicht lange suchen. Das Präzisionslager eines der
Zahnräder hatte sich verschoben, wodurch sich dessen Achse
verkantete und die Bewegung blockierte. Glücklicherweise
ließen sich Folgeschäden nicht entdecken.
    Während Sophies Schimpftiraden, die dumpf unter dem
Getriebe hervor grollten, dass so etwas nicht passieren könne,
so einen Pfusch müsste man denen zurückfeuern… wanderte
Lucie im Raum umher, und man merkte ihr an, dass sie sich
ihre Ungeduld und den Drang, Sophie zur Eile anzumahnen,
verkniff.
    Immerhin: Nach einer Stunde kam die müde Aufforderung:
„Schalte mal an!“
Die Maschine summte auf, die scheinbare Wanderung der
Fixsterne begann erneut.
Lucie schaltete das Gerät auf manuell und setzte sich an’s
Okular; Sophie befestigte die Verkleidung des
Getriebegehäuses. Sie sah auf, als aus Lucies Richtung ein
gestöhntes „Was…?“ drang.
Lucie saß, nein, hing förmlich vorgebeugt am Okular. Sophie
hatte den Eindruck, als schicke sie sich an, durch die engen
Röhren in das Innere des Teleskops zu kriechen. „Was ist?“,
fragte sie aufmerksam.
Lucie antwortete nicht, winkte abwehrend, ohne ihre Lage zu
verändern.
Sophie legte ihr Werkzeug ab und trat an den Monitor. Im
rechten Bildrand blinkten in einem roten Quadrat ein
Fadenkreuz und wechselnde Ziffernfolgen: Die Anzeige für
den Empfang elektromagnetischer Strahlung. Die Anzeige
wurde brüchig, flackerte, wurde deutlich, schwand wieder, ein
Zeichen von Störungen oder geringer Intensität. Dann
verschwand das Phänomen gänzlich. Lucie regelte behutsam
nach. Auf ihrer Stirn standen winzige Schweißperlen.
Nach Minuten löste sie sich vom Okular, sah zu Sophie
gedankenvoll auf und brach nach einer Weile das Schweigen:
„Da ist noch jemand draußen!“ Und heftig: „Mensch, Sophie,
da sind noch welche draußen! Es haben noch mehr überlebt!“
Sie stand spontan auf und fiel Sophie um den Hals, drückte
sich an sich; Tränen rannen über ihre Wangen. Doch rasch
löste sie sich, glitt wieder in den Sessel und starrte erneut in
den Raum. Aber die merkwürdigen Zeichen blieben aus.
Plötzlich kickte Lucie wütend an den wuchtigen Ständer des
Teleskops. „Scheißkiste!“, rief sie. „Wer weiß, wie lang die
Sendung bereits lief, während das Mistding streikte.“ Und an
Sophie gewandt: „Du hättest dich

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