Robinas Stunde null
parkenden
Autos ausgesucht hatte, die Stadt. Zwei Stunden hatte er
benötigt, um mehrere Wasserstofftanks für die Brennzelle zu
requirieren und zuzuladen. Auf Sophies erstaunte Frage
erläuterte er kurz: „Gibt noch in alle Länder genug Reserve,
aber wenn unterwegs Tankstelle vielleicht leer, dann leer.
Liefern sie unregelmäßig. Nimm auch Essen mit genug. Besser
bleiben wir nicht stehen in Stadt und Dorf.“
Mbas einfache und eher lakonisch klingenden
Aussagen
ließen so viel Raum für bittere Vermutungen, die Sophia derart
deprimierten, dass sie auf jegliches Hinterfragen verzichtete.
Bei Komárno gelangten sie in das kleine slowakische
Bundesland, fuhren an Bratislawa vorbei die Autobahn nach
Prag, Pilsen und parkten das Wohnmobil zum Übernachten auf
einer Wiese im Böhmerwald. Höchstens zehn Fahrzeuge waren
ihnen auf der gesamten Tour begegnet. Zweimal wurden sie
von schnelleren Wagen überholt. Und immer begrüßte man
sich bei einem solchen Ereignis mit Licht und Winken.
Natürlich ließ auch Mba die Scheinwerfer aufflammen…
Sophie genoss die Stille des friedlichen Abends, lauschte auf
die Tierstimmen, die aus dem nahen üppigen Wald drangen,
und ihr Blick verlor sich in dem unendlichen Sternengefunkel.
Augenblicke schien es, als könne sie all das Schreckliche, dem
sie in den letzten Tagen begegnet war, von sich schieben,
verdrängen. Und zum ersten Mal in diesen Tagen glomm
Hoffnung in der Frau auf. Beinahe ausgerottet hat es sich,
dieses bis dato so ungeheuer
selbstherrliche
Menschengeschlecht. Beinahe! Doch jene, die noch da sind,
verfügen über einen wundervollen, einen lebensstrotzenden
Planeten. Sollte da nicht ein Neubeginn gelingen? Einer, der
die Fehler der Vergangenheit vermeidet? –
5
Unerbittlich bestand Mba darauf, dass zunächst er allein
Sophies Besuch des Archivs vorbereiten würde. Und das nicht
nur, weil er von McLean, dem Direktor des Kosmodroms, den
Auftrag dazu hatte, sondern weil möglicherweise die
Voraussetzungen für eine ordentliche Arbeit nicht oder noch
nicht wieder gegeben seien. Was immer das auch heißen
mochte: Sophies Phantasie malte Schreckensbilder, und sie
fügte sich, auch weil sie im Verhalten Mbas dessen Fürsorge
spürte.
Sie standen mit ihrem Wohnmobil am Stadtrand, unweit der
Autobahnabfahrt in der Nähe einer Polizeistation, die keinen
Sperrvermerk trug und deren Räumlichkeiten sie nutzten.
Trockenlebensmittel und Konserven fanden sich reichlich,
sodass sie sich entschieden, die Station während des
Aufenthalts in Darmstadt zum Domizil zu wählen, zumal
dieses vom Kavalleriesand, dem Standort des Archivs, nicht
weit entfernt lag, wie ein detaillierter Stadtplan an einer Wand
auswies.
Sie kamen am späten Nachmittag an, und Sophie genoss die
waldreiche Umgebung, die durch Vogelstimmen veredelte
Ruhe, die die nahe Grabesstille vergessen ließ.
Tags darauf ,lieh’ sich Mba ein Polizeifahrzeug und fuhr in
die Stadt.
Sophie hatte sich entschieden, die Station zunächst nicht zu
verlassen. Der Eindruck von menschenleeren Straßen,
Absperrungen und die Ahnung, was sich wohl hinter den
intakten Fassaden der Häuser abgespielt haben mochte und
noch befand, reichten ihr.
Nach einem kargen Mittagsmahl machte es sich Sophie
bequem: Mäßig bekleidet lag sie im Gras und genoss die
schmeichelnde Wärme, und sie empfand wohlig den
Unterschied zu den Kunstgestirnen des Mars. Kein noch so
perfekter Sunnyboy konnte die gute alte Sonne ersetzen. Sie
las in einem drei Jahre alten Journal, aus einer Zeit, in der die
Welt noch in Ordnung war. Ein Artikel erregte ihre
Aufmerksamkeit. Der Verfasser ließ sich über das HAARPProjekt aus als die wissenschaftliche Großtat des Jahrhunderts.
Er machte sich über die Gegner dieser Glanzleistung lustig,
bezeichnete sie als Ewig-Gestrige und ihre Warnungen als
Forscherneid. Dann pries er: Endlich könnten alle noch
verborgenen Bodenschätze der Erde geortet, archäologische
Geheimnisse gelüftet und der Schutz vor Angriffen militanter
Gruppierungen verbessert werden – ein wichtiger Schritt zur
Vollendung der Sozialglobalisierung. Denn in Folge dieser
Hochtechnologie würden Hunderttausende neue Existenzen
und Arbeitsplätze entstehen…
Sophie ließ das Papier sinken. ,Recht hast du! Nicht
Hunderttausende, Millionen Existenzen müssen entstehen, um
dorthin zu kommen, wo wir uns einmal befanden. Und
wissenschaftliche Großtaten sollten nicht in Großmannssucht
und Arroganz der Macht ausarten.’
Vom nahen
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