Robinas Stunde null
Sophie. „Und der Strahl führt uns hin“,
sagte sie wie zu sich selbst. „Es bleibt offen, wie man ihn
erzeugt.“
„Ist nicht Problem von uns“, eiferte Mba. „Müssen wir
handeln!“
„Ja, wir müssen handeln“, echote Sophie sarkastisch. „Fragt
sich nur, wie. Kennst du eine Lösung? Wir Marsianer haben
den Überblick nicht. Aber mir scheint, es wird schwierig – sehr
schwierig.“
Mba schwieg. Er hob die Schultern, dann sagte er: „Muss alle
Möglichkeiten geprüft werden.“
„Alle Möglichkeiten…“, sagte Sophie leise. „Da draußen
leben alternde Menschen in großer Hoffnung.“ Sie nickte
gedankenabwesend. „Alle Möglichkeiten…“ –
5. Teil
1
Sobald sich das Kosmodrom in Reichweite ihres
provisorischen Mobilfunkgerätes befand, gab Sophie an
McLean einen kurzen Ergebnisbericht durch mit dem
Vorschlag, schnellstens eine Konferenz derer einzuberufen
oder zu schalten, die in irgend einer Weise helfen könnten, zu
einer Entscheidung zu finden.
„Viele sind es nicht und nicht die Kompetentesten – nur die
paar, die sich während der Katastrophe nicht auf der Erde
befanden. Zum Zeitpunkt eures Eintreffens werde ich aber
etwas zustande gebracht haben. Also, bis bald!“
Der Reaktion McLeans entnahm Sophie freudig, dass er
offenbar bereit schien, nach vorn, im Sinne der vermissten
Raumfahrer, zu denken. Denn es schien ihr nicht
selbstverständlich, jetzt, in dieser Zeit, die ganz andere
Prioritäten setzte, ein Raumschiff vorzubereiten, zu starten, um
vielleicht ein Jahrzehnt lang nach vier alten Menschen zu
suchen, die möglicherweise, fände man ihren Aufenthaltsort,
nicht mehr am Leben sind. ,Immerhin sind es bis zum Ziel
vierkommadrei Lichtjahre.’ Sophie dachte das in aller
gebotenen Nüchternheit und machte sich so auf Argumente
gefasst, die Gegner einer so risikoreichen Rettungsaktion
gewiss ins Feld führen würden. –
„Ist jemand, frage ich mich, der einen derart energieintensiven
Leitstrahl durchs All schicken kann, tatsächlich in Gefahr?“
Madonna Oinen, die vollschlanke, dunkelhäutige Direktorin
der Mondbasis LUNA 2, beugte sich vor – zu weit. Die
Teleoptik zog ihr Gesicht spitz. Es schien, als bekäme ihre
Frage dadurch einen besonderen Drang.
Sieben Berufene bestritten die bedeutsame Konferenz: Sam
McLean, Leiter des Kosmodroms, Genadi Borisowitsch
Baskin, Direktor des Raumhafens Baikonur und Raimund
Geßner, Verwalter der Basis Kourou-Guyana. Der Runde
waren teleoptisch zugeschaltet: Lissy Tenemoor aus der
NASA-Leitung, Mark Sander, Chef des Marsprojekts, Ray
Murlog, von der Orbitalbasis, und Madonna Oinen, Direktorin
der Mondstation LUNA 2.
Sophie Merhoff wohnte der Beratung als Informantin ohne
Stimmrecht bei. Sie hatte über die Ergebnisse der Reise ins
ESA-Archiv Darmstadt zu berichten. –
2
Drei Tage nach Sophies und Mbas Rückkunft fand nach
Geßners Eintreffen – er hatte den weitesten, umständlichen
Weg zurückzulegen – das Treffen im Empfangsgebäude des
Kosmodroms Pusztamonostor statt. Mit Ausnahme McLeans,
Sanders, Murlogs und Oinens, die sich während der
Katastrophe nicht auf der Erde befanden, handelte es sich bei
den anderen drei Teilnehmern um Überlebende, die in
Selbsternennung die Geschicke in diesen wichtigen Objekten
ordnend in die Hand genommen hatten, ohne je die
entsprechenden Voraussetzungen für eine derart
verantwortungsvolle Funktion besessen zu haben. Baskin zum
Beispiel verwaltete als ausgebildeter Geologe mit nur vier
Leuten das ehedem berühmte Kosmodrom in Baikonur. Der
Tenemoor erging es etwas besser. Als es passierte, befand sie
sich als Leiterin einer amerikanischen Gruppe von 20
Aspiranten zu einer Expedition auf der Orbitalbasis. Mit diesen
Leuten und einigen wenigen anderen hatte sie das verwaiste
Kosmodrom Kap Canaveral übernommen.
Man hatte sich schnell geeinigt, dass McLean den Vorsitz der
Konferenz übernehmen solle, als kompetenter Mann, der
sowohl die Orbitalbasis als auch das Kosmodrom
Pusztamonostor dirigierte, das Einzige, das die Verbindung
zum Orbit, Mars und Mond aufrecht erhielt.
„Dieser Leitstrahl ist in der Tat ein merkwürdiges Phänomen.
Ich vermute, er ist ein Wiedergutmachungsgeschenk derer, die
uns auf eine so unerfreuliche Weise heimgesucht hatten. Wie
dem auch sei: Wir müssen davon ausgehen, dass die
REAKTOM nicht intakt ist, sonst wäre sie ja wohl
zurückgekehrt.“ Über McLeans rundes Gesicht flog ein
Lächeln. „Aber selbst wenn dem nicht so wäre: Sie brächte
nach
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