Robinas Stunde null
Schiffe REAKTOM und HERMES sowie
einen Chinesen namens TON SHEN.
Für Sophie und Mba das äußerst Auffällige: Diesen sieben
Unternehmungen war gemeinsam, dass über sie zwar
statistische Unterlagen zu den Starts, überraschenderweise aber
keine über die Rückkunft der Schiffe aufzufinden waren. Es
gab weder Hinweise auf das Ziel der jeweiligen Expedition,
noch auf Beschaffenheit und Ausrüstung der Raumfahrzeuge
und, für Sophie mit das Wichtigste, auf die Besatzung.
Sophie und Mba überlegten Gründe. Das Wahrscheinlichste:
Beschreibung und Archivierung der Ereignisse sind in den
Kriegswirren verloren gegangen oder wurden nicht gemacht;
denn dass es sich bei allen sieben um Nimmerwiederkehrer
handeln sollte, schien äußerst unglaubhaft, und Havarien
kamen schon damals so selten vor, dass man auch diese
ausschließen konnte. Allein, mit Sicherheit ließ sich weder das
eine noch das andere verwerfen. Ausgehen konnte man aber
zunächst davon, dass der größere Teil der Expeditionen
erfolgreich verlaufen ist und die Teilnehmer zur Erde
zurückgekehrt sind.
Am fünften Tag fand sich ein Video, das die Ankunft der
SPEAR auf Kap Canaveral dokumentierte. Ihr Erkundungsflug
galt dem äußeren Asteroidengürtel im Sonnensystem.
Wenig später entdeckte Mba eine Notiz, dass das chinesische
Schiff TON SHEN nach einem Aufenthalt im Orbit der Venus
unter großer Anteilnahme der Bevölkerung glücklich
heimgekehrt sei.
Ein knapper Zeitungsartikel wies darauf hin, dass die Crew
der HERMES auf dem Kosmodrom Pusztamonostor über
Gebühr lange festgehalten wurde, weil wegen der
Konfiszierung von Flugzeugen für Verteidigungszwecke fast
alle zivilen Flüge gestrichen worden waren.
Es fand sich eine weitere Notiz, allerdings in kyrillischer
Schrift – die eingeschränkte Nutzung der Technik ließ eine
schnelle Übersetzung nicht zu –, aus der man aber schließen
konnte, dass auch die MIR 7 zurückgekehrt war.
Trotz allen weiteren intensiven Suchens fanden die beiden
keine Angaben über die anderen drei Expeditionen.
„Vielleicht Rückkehr bei Krieg oder nach Supergau. Da nix
registriert“, versuchte Mba eine Erklärung. –
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Nach dem siebenten Tag im Archiv gab Sophie entnervt auf.
Da sie von McLean wusste, dass in der Darmstädter Zentrale
alle Informationen über die irdische Raumfahrt gespeichert
wurden, hielt sie den Besuch anderer Archive für aussichtslos,
und sie entschloss sich schweren Herzens, zum Kosmodrom
zurückzukehren.
„Das war’s also“, sagte sie am letzten Abend und schaltete
den Computer ab.
Mba hob hilflos die Schultern.
„Morgen fahren wir zurück nach Ungarn.“ Sophie warf einen
letzten Blick über die lange Reihe von Regalen.
Mba war voraus gegangen, schlenderte den
Verbindungskorridor zum Atrium entlang und betrachtete
gelangweilt Fotografien, die als Wandschmuck aushingen.
Ein Gruppenbild befand sich da mit sieben oder acht Leuten
darauf mit der Unterschrift: ,Der erfolgreiche Jahrgang der
Feldoperateure 2207 mit drei ausgezeichneten Abschlüssen’,
und darunter standen Namen und der Satz: »Das Debüt eines
dieser Feldoperateure wird auf der REAKTOM sein, dem
ersten Schiff aus der Serie mit Antimaterie-Antrieb.«
Sophie trat hinzu; Mba wandte sich vom Bild ab und trat an
ihre Seite. Schon aus den Augenwinkeln heraus in der letzten
Sekunde – ,was stand da?’ Er zupfte Sophie am Ärmel.
„Moment, halt“, bat er, schaute intensiv auf das Foto und las
laut: „REAKTOM; REAKTOM; verstehst?“ Er fasste sich ans
Kinn, sah zu Sophie, die in Schrittpose verharrte.
„REAKTOM, verstehst?“
Da die Angesprochene nicht dergleichen erkennen ließ, setzte
er hinzu: „Na, Mensch, r akt, r akt aus Spruch!“ Er rollte
begeistert das R und die Augen.
Sophie verzog skeptisch den Mund. Aber sie trat näher und
betrachtete das Bild und las. „Alle Achtung, soll ja nicht
einfach gewesen sein, damals in den Anfängen der
Antimaterie, so ein Haltefeld, wenn’s instabil werden wollte,
in die Schranken zu zwingen!“ Aber während sie sprach
flossen die Silben immer langsamer, ihre Gedanken drehten
sich um etwas anderes, ihre Pulsfrequenz nahm zu. Sie blickte
Mba ins Gesicht und sagte betont nachdrücklich: „Zu jeder
Crew eines Schiffes mit Antimaterieantrieb gehörte tatsächlich
ein solcher Feldspezialist. Erst Jahrzehnte später, als es
verbesserte Haltetechnologien gab, konnte man darauf
verzichten. Mensch, Mba! Es wäre dies ein Zufall, aber
ausgeschlossen ist es nicht… Die
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