Robinson Crusoe
dieser Tageszeit nicht gekannt hätte.
Zum Unglück wurde das Wetter, während ich in diesem Tale war, für drei oder vier Tage neblig. Und da ich nun die Sonne nicht mehr sehen konnte, so wurde mir ziemlich unbehaglich zumute, und ich war schließlich gezwungen, weder zum Meere umzukehren und meinen Pfosten zu suchen und dann denselben Weg zurückzugehen, den ich gekommen war. Ich legte ihn nur in kleinen Strecken zurück, da es sehr heiß war und mein Gewehr, Munition, Axt und andere Dinge mich schwer drückten.
Auf dieser Reise jagte mein Hund ein Kitz auf und stellte es; ich rannte hinzu, um es zu greifen, fing es und rettete es lebendig vor dem Hunde. Ich hatte große Lust, es nach Hause mitzunehmen; denn ich hatte oft daran gedacht, ob ich mir nicht eine Ziegenzucht anlegen könnte, die mich später, wenn mein Pulver verschossen wäre, mit Fleisch versorgen sollte. Ich machte dem kleinen Ding ein Halsband und eine Leine und führte es nicht ohne Mühe hinter mir her bis zu meiner Laube; dort sperrte ich es ein, da ich darauf brannte, heimzukommen, nachdem ich schon über einen Monat unterwegs gewesen war.
Ich kann nicht sagen, wie es mich freute, wieder in meine alte Höhle zu kommen und in meiner Hängematte zu schlafen. Diese kleine Fußreise, ohne ständigen Unterkunftsort, war so unbehaglich für mich gewesen, daß mir mein Haus, wie ich es bei mir nannte, so recht als meine Heimat erschien, in der ich mich so wohl fühlte, daß ich beschloß, sie nie wieder für länger zu verlassen, solange es mein Los wäre, auf der Insel zu leben. Ich ruhte mich hier eine Woche aus, um mich von meiner Reise zu erholen, und benutzte die Zeit zu einer wichtigen Arbeit, nämlich um einen Käfig für meinen Papagei zu machen, der mir bereits ein treuer Gefährte war und sich schon sehr gut an mich gewöhnt hatte. Nun gedachte ich des armen Zickleins, das ich in meiner kleinen Laube zurückgelassen hatte, und beschloß, es zu holen und ihm Futter zu geben. Ich machte mich also auf den Weg und fand es, wo ich es gelassen hatte; denn es konnte nicht heraus und war fast verhungert. Ich schnitt sogleich Zweige von Bäumen und Sträuchern ab und warf sie ihm vor, und nachdem es gefressen hatte, legte ich es wieder an die Leine, um es hinwegzuführen ; aber es war durch den Hunger so zahm geworden, daß ich es nicht hätte anbinden brauchen, denn es folgte mir wie ein Hund. Ich fütterte es fleißig weiter, und das kleine Ding wurde so zutraulich, zahm und zärtlich, daß es mir von Stund an auch ein Hausgenoß wurde und mich nie wieder verlassen wollte.
Die Regenzeit der Herbst -Tagundnachtgleiche war nun gekommen, und ich beging den 30. September in derselben feierlichen Weise wie zuvor, da es der Jahrestag meiner Landung auf der Insel war, auf der ich nun zwei Jahre lebte, immer noch ohne jede Hoffnung auf Befreiung. Ich verbrachte den ganzen Tag in demütiger und dankbarer Betrachtung der vielen wunderbaren Wohltaten, die mir meine Einsamkeit linderten und ohne die ich noch hundertmal elender gewesen wäre. Ich dankte Gott demütig und von Herzen, daß er mich gelehrt hatte, in der Einsamkeit auf meine Art glücklicher zu sein als in Freiheit und inmitten aller Freuden der Welt, daß er mir alles, was ich in meiner Einsamkeit entbehrte, und den Mangel an Umgang mit Menschen durch seine Gegenwart und die Mitteilung seiner Gnade an meine Seele vollauf ersetzte, daß er mich stützte und tröstete und ermutigte, auf seine Fürsorge hier zu vertrauen und auf ein ewiges Leben dort bei ihm zu hoffen, Nun begannen mir die Augen dafür aufzugehen, um wie vieles glücklicher das Leben, das ich jetzt führte, trotz allem Elend war als das gottlose, fluchwürdige, abscheuliche Leben, das ich in meinen vergangenen Tagen geführt hatte. Und nun wandelten sich meine Kümmernisse sowohl wie meine Freuden, meine Wünsche wurden andere, meine Neigungen schlugen um, und es waren nun ganz andere Dinge, an denen ich Vergnügen fand, als zu der Zeit, da ich zuerst hierher kam, oder während der letzten zwei Jahre.
Früher, wenn ich herumstreifte, um zu jagen oder um das Land zu erforschen, konnte mich plötzlich die Seelenangst meines Zustandes so überwältigen, daß mir das Herz im Leibe erstarrte, wenn ich an die Wälder und Berge und meine Verlassenheit dachte und wie ich durch die unendlichen Schranken und Riegel des Weltmeeres in eine unbewohnte Wildnis hoffnungslos eingesperrt sei. Mitten in der größten Gemütsruhe konnte es mich
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