Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Robocalypse: Roman (German Edition)

Robocalypse: Roman (German Edition)

Titel: Robocalypse: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel H. Wilson
Vom Netzwerk:
aus Eis und Schlamm hoch und reißen Krater in den Permafrost. Er wankt weiter, unverletzt. Er hat seine blauen Augen weit aufgerissen und blickt zu mir herauf. Ein Schwarm Plugger verbirgt sich jetzt um ihn herum im Schnee.
    Das ist sein Todesurteil, und wir wissen es beide.
    Ich denke nicht nach; ich reagiere. Meine Handlung hat weder mit Gefühlen noch mit Logik zu tun, ist weder menschlich noch unmenschlich – sie ist einfach nur. Ich glaube, dass solche, in hochkritischen Momenten gefällten Entscheidungen von unserem wahren Selbst getroffen werden und sich nicht an Erfahrungen oder an Gedanken orientieren. Eher an unserer Bestimmung oder unserem Schicksal – und wenn es so etwas tatsächlich gibt, sind wir ihm zu keinem anderen Moment näher.
    Ich renne zu Jack, packe mit einer Hand das gefrorene Seil und ziehe mit der anderen meine Pistole.
    Die faustgroßen Plugger krallen sich schon zur Oberfläche ihrer Einschlagkrater hinauf. Wie silberne Krokusse brechen sie durch den Schnee, schießen Beinanker in den Boden und zielen mit ihren Pfropfen auf unseren Rücken. Wir sind fast am Hügel, als der erste Plugger losgeht und sich in Jacks linke Wade bohrt. Er gibt einen grauenhaften, erstickten Schrei von sich, und sofort weiß ich: Es ist vorbei.
    Ohne zu zielen, schieße ich hinter uns in den Schnee. Mit purem Glück treffe ich einen der Plugger und löse eine Kettenreaktion aus. Sobald ihre Hülle beschädigt wird, jagen die Plugger sich selbst in die Luft. Eisige Metallsplitter hageln von hinten gegen meine Weste und meinen Helm. Im Nacken und an der Rückseite meiner Oberschenkel breitet sich feuchte Wärme aus, während Jack und ich Tys reglosen Körper hinter die schneebedeckte Böschung ziehen.
    Jack lässt sich mit heiserem Ächzen gegen die Böschung fallen und greift sich an die Wade. In seinem Bein frisst sich der Plugger durchs Fleisch und sucht nach einer Ader. Mit seinem bohrerartigen Rüssel wird er Jacks Oberschenkelarterie zum Herzen folgen. In der Regel dauert das Ganze nur ungefähr fünfundvierzig Sekunden.
    Ich packe Jack an den Schultern und stoße ihn grob den Hügel hinab.
    »Wade!«, schreie ich dem Trupp zu. »Linke Wade!«
    Kaum landet Jack unten der Länge nach auf dem Boden, tritt Leo ihm mit dem Fuß seines Exoskeletts knapp überm Knie mit voller Wucht aufs Bein. Das Knacken des Oberschenkelknochens dringt bis zu mir hoch. Während Leo immer wieder zutritt, setzt Cherrah ein gezacktes Bajonett oberhalb von Jacks Knie an und beginnt zu sägen.
    Sie amputieren das Bein meines Bruders und damit hoffentlich auch den in seinem Körper steckenden Plugger.
    Jack kann schon nicht mehr schreien. An seinem Hals treten die Sehnen hervor, und sein Gesicht ist blass und blutentleert. Schmerz, Wut und Verblüffung huschen über seine Miene. Ich glaube, seine Qualen übersteigen das, was ein menschliches Antlitz überhaupt ausdrücken kann.
    Eine Sekunde später bin ich bei ihm und lasse mich auf die Knie fallen. Auf der Rückseite meines Körpers spüre ich unzählige kleine Wunden, aber auch ohne nachzusehen, weiß ich, dass ich mit einem blauen Auge davongekommen bin. Von einem Plugger erwischt zu werden ist wie einen Platten mit dem Auto zu haben. Wenn man nicht sicher ist, ob man einen hat, dann hat man keinen.
    Aber Jack ist nicht davongekommen.
    »Du dummes, blödes Arschloch«, schimpfe ich. Er grinst mich an. Cherrah und Leo machen hinter meinem Rücken grauenvolle Dinge. Aus dem Augenwinkel beobachte ich, wie sich Cherrahs Arm hin- und herbewegt, als würde sie ein Kantholz zuschneiden.
    »Tut mir leid, Mac«, sagt er. Mir fällt das Blut in seinem Mund auf – ein schlechtes Zeichen.
    »Oh, nein, Mann«, gebe ich zurück. »Der Plugger ist …«
    »Nein«, unterbricht er mich. »Es ist zu spät. Hör mir einfach zu. Du bist es, Mann. Ich wusste es. Du bist es. Heb mein Bajonett auf, in Ordnung? Keine Pfandleihhäuser mehr.«
    »Keine Pfandleihhäuser«, flüstere ich. »Sag lieber nichts, Jack.«
    Meine Kehle schnürt sich zu. Meine Wange kitzelt, und als ich mit der Hand drüberfahre, habe ich nasse Finger. Irgendwie kapiere ich nicht richtig, warum. Über die Schulter sehe ich Cherrah an. »Wir müssen ihm helfen«, sage ich. »Aber wie?«
    Sie hält das blutige Bajonett hoch, an dem kleine Knochenstücke und Muskelfetzen hängen, und schüttelt den Kopf. Aus dem Mund des über mir aufragenden Leo kommen große Atemwolken. Der Rest des Trupps wartet treu, hat jedoch nicht die

Weitere Kostenlose Bücher