Robolution
wagte, sie zu äußern. »Aber Sir, halten Sie es nicht für möglich , dass es gefährlich sein könnte?«
»Gefährlich?« Von Kempts digitalisierte Stimme klang seltsam scharf.
Der Supervisor aber äußerte dennoch seine Bedenken: »Wenn die Uralten diese künstliche Lebensform hier und so viele Lichtjahre entfernt von der dazugehörigen Energiequelle aussetzten, haben sie das womöglich mit Absicht getan, weil dieser Bot eine Gefahr darstellt.«
Er konnte sich nicht vorstellen, dass sein Vorgesetzter diesen Aspekt übersehen haben sollte. Zumal es offensichtlich war, dass die Trennung von Roboter und Energiequelle vorsätzlich erfolgt war. Das, was hier geschah, musste noch einen weiteren Aspekt haben.
Von Kempt hielt kurz inne, bevor er antwortete. »Selbst wenn er das einmal getan haben sollte, Capek, wenn dieser Roboter von Neuem erwacht, wird nichts mehr sein wie zuvor. Denn wenn es so weit ist, dann werde ich es sein, der in seinem Inneren wirkt!«
Und jetzt begriff SPV Capek, worum es ging und wie all die Dinge auf diesem Mond zusammenhingen! »Mein Gott. Der iTrans, dieser Bot, das Perpetuum – das alles haben Sie genau so geplant. Nichts davon ist Zufall!« Er blickte der PCU direkt in die Kameraaugen.
Von Kempt richtete seinen schwarz eloxierten Metallkörper zu voller Größe auf, und der Stolz in seiner digitalisierten Stimme war nicht zu überhören. »Wahrhaftig, Capek, so viele Jahre der Planung und Vorbereitung stehen nun kurz davor, endlich Früchte zu tragen! Der iTrans und das Perpetuum, die Stadt und der ÜberBot, heute wird all das in meinem Namen zusammenwirken! Und dann wird alles unter meiner Kontrolle stehen. Mein blaues Licht wird scheinen! Die Bots des Universums werden ihr Knie vor mir beugen, in den Besten davon werden die großen verbliebenen Geister der Menschheit inkarniert, und gemeinsam werden wir die Weiten des Weltalls vom Makel des organischen Lebens tilgen!«
Die Kameralinsen von Kempts blitzten auf, und in diesem Moment kam Capek nicht umhin, den Irrsinn dahinter zu erahnen. Und jetzt erst, viel zu spät, erkannte er, was er wirklich vor sich hatte: einen Roboter, der vom größenwahnsinnigen Geist eines Irren beherrscht wurde …
Auch von Kempt entging diese Regung seines Gegenübers nicht. Die PCU registrierte die Schweißtropen auf Capeks Stirn, seine Haltung, das Abwenden seines Kopfs. Er hätte nicht einmal seine Routine zur menschlichen Verhaltensanalyse aktivieren müssen, um zu bemerken, dass er genau in diesem Moment seinen wichtigsten Verbündeten verloren hatte. Den Mann, der ihn vor der Konzernleitung gedeckt hatte. Der in seinem Auftrag die offiziellen Datentransfers manipuliert hatte. Aber all das würde von nun an nicht mehr nötig sein. Denn ab heute hatte von Kempt nichts und niemanden mehr zu fürchten. Und auch Verbündete würde er nun nicht mehr brauchen …
SPV Capek nahm nicht einmal wirklich wahr, wie die Faust von Kempts blitzschnell vorzuckte. Das Gefühl, als sie seinen Brustkorb zertrümmerte und durch die splitternden Rippen in sein Inneres drang, war beinahe unwirklich.
Fassungslos riss Capek die Augen auf und schnappte vergebens nach Luft, als sich die schwarze metallene Klaue in seinem Inneren um sein Herz schloss.
Der Tod kam beinahe schneller als der Schmerz. Scheinbar mühelos hob die PCU den Körper des Supervisors vom Boden, bis er ihm direkt in die toten Augen blicken konnte. Dann raunte ihre digitalisierte Stimme: »Supervisor Capek, Sie dürfen sich hiermit als entlassen betrachten.«
Mit diesen Worten zog von Kempt seine Hand zurück und sah reglos dabei zu, wie der tote Körper zu Boden fiel und am Fuße des ÜberBots in einer langsam wachsenden Blutlache liegen blieb. Ein Bild, das beinahe wie ein Gleichnis wirkte. Zumal Capek mit Sicherheit nicht der Letzte sein würde, der an diesem Tag zu Füßen des ÜberBots starb.
In diesem Moment kontaktierte Coppola Control die Prior Command Unit via IntraKom. »Sir, das Landungsschiff der Konzernleitung ist im Hangar eingetroffen. Die Besatzung steht im Begriff, sich mithilfe eines Omnikeys Zutritt zum Kontrollzentrum zu verschaffen.«
Von Kempt ließ Capeks Leiche in der Kammer No.I liegen und begab sich, ohne sich um das Blut auf seiner mechanischen Hand und der Au ß enhülle zu scheren, mit entschiedenen Schritten in den Kontrollraum zurück. Es war nicht mehr von Bedeutung. Er musste keine Rolle mehr wahren. Das Einzige, was ihm jetzt noch zu tun blieb, war zu verhindern,
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