Robolution
Binärcode und die VirtWall.
»Der Begriff Freak erscheint mir zwar etwas abwertend, trifft es aber vermutlich ganz gut.«
In diesem Moment begann die Kabine sich abzusenken.
Sie waren angekommen. Als McCrae und ihre Leute sich erhoben, wandte Rosso sich noch einmal der Einsatzleiterin zu. »Folgen Sie mir einfach. Ich führe Sie zum Endlager No. IV, wo Sie hoffentlich finden, was Sie sich erhoffen, damit ich so bald wie möglich wieder meiner Arbeit nachgehen kann. Würden Sie mich noch einmal genauer über den Gegenstand Ihrer Mission ins Bild setzen?«
Während die anderen sich nun vor der Kabine sammelten, versuchte McCrae ihm, während sie ausstiegen, einen knappen Überblick über ihre Mission zu verschaffen.
»Es geht um die Rettungskapsel eines Tech-Söldners, die unseren Informationen zufolge in dem bezeichneten Endlager niedergegangen ist. Der Mann war mit dem Test einer Antriebsvorrichtung betraut, mit deren Wiederbeschaffung der 2OT mich und mein Team beauftragt hat.«
Schmunzelnd verließ Rosso die Andockstelle. »Ein Absturz im Einzugsgebiet der Stadt. Na, da wird Coppola Control sich gewiss geärgert haben …« Er lächelte McCrae über die Schulter hinweg an. »Wie der Name schon sagt, haben die normalerweise gern alles unter Kontrolle hier unten.« Die seltsam unbeholfene Art seines Lächelns entging ihr nicht. Aber Rosso hatte in seinem Leben eben noch nicht viel Gelegenheit gehabt, Menschen von außerhalb anzulächeln. Er hatte jedoch genügend Daten ausgewertet, um zu wissen, dass man derlei tat, wenn man bestrebt war, unter Menschen generelle Offenheit zu suggerieren.
McCrae jedenfalls amüsierte die Unbeholfenheit des jungen Mannes. »Aber das ist doch nicht verwunderlich. Sie haben schließlich alles an diesem Ort geschaffen und bezahlt, da ist vollkommen klar, dass sie ihn auch unter Kontrolle haben wollen«, meinte sie.
»Das haben sie aber nicht. Haben sie nie gehabt …«, entgegnete er geheimnisvoll.
»Was meinen Sie damit?« McCrae stutzte, und Rosso, offensichtlich froh darüber, sein Wissen mit einem Außenstehenden teilen zu können, flüsterte mit leuchtenden Augen: »Wissen Sie, etwas stimmt nicht mit dieser Stadt. Schon seit sie erbaut wurde. Die Grundrisse sind nicht korrekt. Es gibt fehlende Räume, von innen versiegelte Kammern. Die Maße weichen an verschiedenen Stellen von den Aufzeichnungen ab. Und manchmal hört man sogar … Geräusche hinter dem Stahl …«
Während sie noch weiter seine Worte hörte, ahnte Officer McCrae, dass es nicht gut sein konnte, so viele Jahre nur an der Seite von Robotern zu verbringen. Der Mann stand augenscheinlich im Begriff, verrückt zu werden.
»Haben Sie diese Information schon einmal Ihrer Prior Command Unit zukommen lassen?«, fragte sie zögerlich.
»O nein …« Rosso schüttelte energisch den Kopf, während er ihnen weiter voranging. »Von Kempt hat seine eigenen Geheimnisse. Der hat hier oben im Lauf der Jahre verschlüsselte Kanäle eingerichtet, kommuniziert über geschützte Leitungen und lässt immer mal wieder Daten verschwinden.«
McCrae blickte den Roboterprofiler entgeistert an. Der jedoch fuhr unbekümmert fort.
»Keine Ahnung, was genau er im Schilde führt, aber der hat jedenfalls selbst zu viel zu verbergen, als dass ich ihm noch mehr Geheimnisse anvertrauen würde …«
Die Einsatzleiterin bemühte sich, mit Rosso Schritt zu halten, und musterte ihn dabei eindringlich. Ob es wirklich nur Wahnsinn war? Oder mischte er sich womöglich noch mit etwas anderem? Vielleicht war an den Ausführungen des Roboterprofilers ja sogar etwas dran …
»Ich will Waffen!«, hörten sie Mono in ihrem Rücken schimpfen, während die Gruppe sich an einer Reihe Bots vorbeidrückte, die sie wie zuvor geflissentlich ignorierten.
Claw unterdessen beobachtete die Bewegungen ihres Führers, die tatsächlich vor allem bei genauerem Hinsehen seltsam und wie programmiert wirkten. Fast als wäre Rosso selbst einer jener zahllosen Bots, die zwischen den monolithischen Bauten der Stadt umherwandelten. Nur dass er sie zumindest nicht ignorierte.
ZEIT: 12:20 AM
ORT: Coppola Control
PCU von Kempt hatte sich auf seine Kommandoposition zurückgezogen. Er hatte sich zwischen die Kabel sinken lassen, war wieder mit der Stadt verschmolzen und trieb in tosenden Datenströmen Coppola Citys dahin. Er genoss es, alles zu überschauen und die Stadt komplett im Griff zu haben.
Alle Bots, die dort unten irgendwo zwischen Sinn und Vergnügen
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