Robur der Sieger
Röh-
renbrücke über den St. Lorenz gleich dem Bahnviadukt
über die Lagunen von Venedig, leicht zu erkennen war. Bald
unterschied man auch seine breiten Straßen, die ungeheu-
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ren Magazine, die Paläste der Banken, die Kathedrale, eine
neuerdings nach dem Vorbild des St. Peters-Doms in Rom
erbaute Basilika und endlich den Mont-Royal, der die ganze
Stadt überragt und zu einem herrlichen Park umgeschaf-
fen ist.
Es war ein Glück zu nennen, daß Phil Evans die Haupt-
stadt Kanadas schon früher einmal besucht hatte. Er konnte
so mehreres erkennen, ohne Robur erst zu fragen. Nach
Montreal kamen sie etwa halb 2 Uhr nachmittags über Ot-
tawa hinweg, dessen Fälle, von oben gesehen, einem un-
geheuren Siedekessel glichen, der durch sein furchtbares
Überschäumen einen großartigen Effekt hervorbrachte.
»Da ist der Parlamentspalast«, sagte Phil Evans.
Er wies bei diesen Worten nach einer Art Nürnberger
Spielzeug, das auf einem Hügel verloren war. Dieses Spiel-
zeug mit seiner vielfarbigen Architektur glich dem Parla-
mentshaus zu London, wie die Kathedrale von Montreal der
Peters-Kirche zu Rom. Doch nichtsdestoweniger war und
blieb die in Sicht befindliche Stadt eben Ottawa.
Auch diese schien vom Standpunkt der Beschauer aus
schnell dem Horizont zuzueilen und bildete bald nur einen
etwas helleren Fleck auf der Erde.
Es mochte gegen 2 Uhr sein, als Robur wieder erschien.
Sein Obersteuermann Tom Turner begleitete ihn. Er sagte
zu diesem nur drei Worte. Letzterer übermittelte sie den
beiden Gehilfen im Vorder- und Hinterruff. Auf ein Zei-
chen veränderte der Steuermann die Richtung der ›Alba-
tros‹, so daß sie um 2 Grad nach Südwesten abwich. Gleich-
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zeitig konnten Onkel Prudent und Phil Evans wahrnehmen,
daß den Antriebsschrauben des Aeronefs eine größere Ge-
schwindigkeit verliehen wurde.
Diese Geschwindigkeit hätte in Wirklichkeit noch ver-
doppelt werden können, und man hätte damit eine Ma-
schine erhalten, die alle Erdmaschinen weit hinter sich las-
sen mußte.
Man urteile selbst: Torpedoboote können 20 Knoten
oder 40 Kilometer in der Stunde zurücklegen. Die schnells-
ten Eisenbahnzüge bringen es wohl bis auf 100; Schlitten-
boote auf den übereisten Seen der Vereinigten Staaten bis
auf 115; eine in der Werkstatt Pattersons erbaute Maschine
mit Zahnrädern hat über den Erie-See hinweg 130 erreicht,
und eine andere Lokomotive zwischen Trenton und Jersey
gar 137 Kilometer.
Die ›Albatros‹ aber konnte sich beim Maximum ihrer
Kraftäußerung mit ihren Antriebsschrauben 200 Kilometer
in der Stunde, das heißt fast 50 Meter in der Sekunde, fort-
bewegen.
Eine solche Schnelligkeit aber ist die des Orkans, der
Bäume entwurzelt, die jenes Windstoßes, der bei dem Sturm
vom 21. September 1881 in Cahors 194 Kilometer in der
Stunde dahinraste. Es ist die mittlere Geschwindigkeit der
Brieftaube, die nur noch von der gewöhnlichen Schwalbe
(mit 67 Meter in der Sekunde) und von der Mauerschwalbe
(mit 89 Meter) übertroffen wird.
Mit einem Wort, und wie Robur gesagt, die ›Albatros‹
hätte bei Entwicklung der ganzen Kraft ihrer Schrauben die
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Fahrt um die Erde binnen 200 Stunden, d.h. also in noch
nicht 8 Tagen zurücklegen können.
Ob die Erde jener Zeit schon 450.000 Kilometer Eisen-
straßen besaß, d.h. eine Länge, die elfmal den Äquator um-
spannt hätte – so blieb das doch für diese fliegende Ma-
schine ohne Bedeutung. Stand ihr nicht das ganze große
Luftmeer offen?
Brauchen wir jetzt noch mehr hinzuzufügen? Jenes Phä-
nomen, dessen Erscheinung die ganze Alte und Neue Welt
in Aufruhr versetzt hatte, war der Aeronef des Ingenieurs.
Jene Trompete, welche die schmetternden Fanfaren in den
Lüften ertönen ließ, war die des Obersteuermanns Tom
Turner. Die Flaggen, die man auf den Hauptbauwerken Eu-
ropas, Asiens und Amerikas aufgepflanzt gefunden hatte,
war die Flagge Roburs des Siegers und seiner ›Albatros‹.
Und wenn der Ingenieur bisher einige Vorsicht beobach-
tet hatte, um nicht erkannt zu werden, wenn er mit Vorliebe
nur in der Nacht gefahren war, die er zuweilen durch jene
elektrischen Lichtströme erhellte, während er den Tag über
jenseits der Wolken zu verschwinden trachtete, so schien
er sein Geheimnis doch jetzt nicht mehr bewahren zu wol-
len. Denn als er nach Philadelphia gekommen war und sich
in dem Sitzungssaal des Weldon-Instituts
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