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Robur der Sieger

Robur der Sieger

Titel: Robur der Sieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Röh-
    renbrücke über den St. Lorenz gleich dem Bahnviadukt
    über die Lagunen von Venedig, leicht zu erkennen war. Bald
    unterschied man auch seine breiten Straßen, die ungeheu-
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    ren Magazine, die Paläste der Banken, die Kathedrale, eine
    neuerdings nach dem Vorbild des St. Peters-Doms in Rom
    erbaute Basilika und endlich den Mont-Royal, der die ganze
    Stadt überragt und zu einem herrlichen Park umgeschaf-
    fen ist.
    Es war ein Glück zu nennen, daß Phil Evans die Haupt-
    stadt Kanadas schon früher einmal besucht hatte. Er konnte
    so mehreres erkennen, ohne Robur erst zu fragen. Nach
    Montreal kamen sie etwa halb 2 Uhr nachmittags über Ot-
    tawa hinweg, dessen Fälle, von oben gesehen, einem un-
    geheuren Siedekessel glichen, der durch sein furchtbares
    Überschäumen einen großartigen Effekt hervorbrachte.
    »Da ist der Parlamentspalast«, sagte Phil Evans.
    Er wies bei diesen Worten nach einer Art Nürnberger
    Spielzeug, das auf einem Hügel verloren war. Dieses Spiel-
    zeug mit seiner vielfarbigen Architektur glich dem Parla-
    mentshaus zu London, wie die Kathedrale von Montreal der
    Peters-Kirche zu Rom. Doch nichtsdestoweniger war und
    blieb die in Sicht befindliche Stadt eben Ottawa.
    Auch diese schien vom Standpunkt der Beschauer aus
    schnell dem Horizont zuzueilen und bildete bald nur einen
    etwas helleren Fleck auf der Erde.
    Es mochte gegen 2 Uhr sein, als Robur wieder erschien.
    Sein Obersteuermann Tom Turner begleitete ihn. Er sagte
    zu diesem nur drei Worte. Letzterer übermittelte sie den
    beiden Gehilfen im Vorder- und Hinterruff. Auf ein Zei-
    chen veränderte der Steuermann die Richtung der ›Alba-
    tros‹, so daß sie um 2 Grad nach Südwesten abwich. Gleich-

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    zeitig konnten Onkel Prudent und Phil Evans wahrnehmen,
    daß den Antriebsschrauben des Aeronefs eine größere Ge-
    schwindigkeit verliehen wurde.
    Diese Geschwindigkeit hätte in Wirklichkeit noch ver-
    doppelt werden können, und man hätte damit eine Ma-
    schine erhalten, die alle Erdmaschinen weit hinter sich las-
    sen mußte.
    Man urteile selbst: Torpedoboote können 20 Knoten
    oder 40 Kilometer in der Stunde zurücklegen. Die schnells-
    ten Eisenbahnzüge bringen es wohl bis auf 100; Schlitten-
    boote auf den übereisten Seen der Vereinigten Staaten bis
    auf 115; eine in der Werkstatt Pattersons erbaute Maschine
    mit Zahnrädern hat über den Erie-See hinweg 130 erreicht,
    und eine andere Lokomotive zwischen Trenton und Jersey
    gar 137 Kilometer.
    Die ›Albatros‹ aber konnte sich beim Maximum ihrer
    Kraftäußerung mit ihren Antriebsschrauben 200 Kilometer
    in der Stunde, das heißt fast 50 Meter in der Sekunde, fort-
    bewegen.
    Eine solche Schnelligkeit aber ist die des Orkans, der
    Bäume entwurzelt, die jenes Windstoßes, der bei dem Sturm
    vom 21. September 1881 in Cahors 194 Kilometer in der
    Stunde dahinraste. Es ist die mittlere Geschwindigkeit der
    Brieftaube, die nur noch von der gewöhnlichen Schwalbe
    (mit 67 Meter in der Sekunde) und von der Mauerschwalbe
    (mit 89 Meter) übertroffen wird.
    Mit einem Wort, und wie Robur gesagt, die ›Albatros‹
    hätte bei Entwicklung der ganzen Kraft ihrer Schrauben die
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    Fahrt um die Erde binnen 200 Stunden, d.h. also in noch
    nicht 8 Tagen zurücklegen können.
    Ob die Erde jener Zeit schon 450.000 Kilometer Eisen-
    straßen besaß, d.h. eine Länge, die elfmal den Äquator um-
    spannt hätte – so blieb das doch für diese fliegende Ma-
    schine ohne Bedeutung. Stand ihr nicht das ganze große
    Luftmeer offen?
    Brauchen wir jetzt noch mehr hinzuzufügen? Jenes Phä-
    nomen, dessen Erscheinung die ganze Alte und Neue Welt
    in Aufruhr versetzt hatte, war der Aeronef des Ingenieurs.
    Jene Trompete, welche die schmetternden Fanfaren in den
    Lüften ertönen ließ, war die des Obersteuermanns Tom
    Turner. Die Flaggen, die man auf den Hauptbauwerken Eu-
    ropas, Asiens und Amerikas aufgepflanzt gefunden hatte,
    war die Flagge Roburs des Siegers und seiner ›Albatros‹.
    Und wenn der Ingenieur bisher einige Vorsicht beobach-
    tet hatte, um nicht erkannt zu werden, wenn er mit Vorliebe
    nur in der Nacht gefahren war, die er zuweilen durch jene
    elektrischen Lichtströme erhellte, während er den Tag über
    jenseits der Wolken zu verschwinden trachtete, so schien
    er sein Geheimnis doch jetzt nicht mehr bewahren zu wol-
    len. Denn als er nach Philadelphia gekommen war und sich
    in dem Sitzungssaal des Weldon-Instituts

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