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Robur der Sieger

Robur der Sieger

Titel: Robur der Sieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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der
    Gestalt eines Amphitheaters, der Hügel, der ihre Zitadelle
    trägt, dieses Gibraltar Nordamerikas! Dort erheben sich die
    englische und die französische Hauptkirche, und da wieder
    das Zollamt mit seiner Kuppel und der englischen Fahne
    darauf !«
    Phil Evans hatte kaum ausgesprochen, als die Hauptstadt
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    Kanadas schon wieder in der Ferne zu verschwinden be-
    gann. Der Aeronef trat in eine Schicht kleinerer Wolken ein,
    die den Ausblick nach der Erde allmählich verhinderten.
    Als Robur jetzt sah, daß der Vorsitzende und Schriftfüh-
    rer des Weldon-Instituts ihre Aufmerksamkeit der äußeren
    Konstruktion der ›Albatros‹ zuwandten, trat er auf sie zu
    und sagte:
    »Nun, meine Herren, glauben Sie endlich an die Mög-
    lichkeit einer Fortbewegung durch die Luft mit Apparaten,
    die schwerer sind als jene?«
    Es wäre ja schwierig gewesen, sich dem augenschein-
    lichen Beweis zu widersetzen. Onkel Prudent und Phil
    Evans gaben jedoch keine Antwort.
    »Sie schweigen?« fuhr der Ingenieur fort. »Aha, anschei-
    nend verhindert Sie der Hunger am Sprechen ... doch wenn
    ich es unternommen habe, Sie durch die Luft zu transpor-
    tieren, so glauben Sie nicht, daß ich Sie auch mit diesem
    wenig nahrhaften Fluidum ernähren wollte. Ihr erstes Früh-
    stück erwartet Sie.«
    Da Onkel Prudent und Phil Evans einen schon recht
    quälenden Hunger verspürten, hatten sie hier keine Veran-
    lassung, Umstände zu machen. Eine Mahlzeit verpflichtet
    ja noch zu nichts, und wenn Robur sie erst wieder auf der
    Erde abgesetzt hätte, rechneten sie nach wie vor darauf, ihm
    gegenüber auch ihre ganze Handlungsfreiheit wieder zu er-
    halten.
    Beide wurden nach dem hinteren Ruff geleitet und nach
    einem kleinen dining-room, in dem sich ein sauber gedeck-

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    ter Tisch befand, an dem sie während der Fahrt speisen
    sollten. An Gerichten trug er verschiedene Konserven und
    unter anderem eine Art Brot aus gleichen Teilen Mehl und
    pulverisiertem Fleisch, untermischt mit ein wenig Speck,
    das, in Wasser gekocht, eine vorzügliche nahrhafte Suppe
    liefert; ferner Schnitten von geräuchertem Schinken und als
    Getränk Tee.
    Auch Frycollin war nicht vergessen worden. Auf dem
    Bug erhielt er eine tüchtige Brotsuppe. Wahrlich, er mußte
    gewaltigen Hunger haben, um essen zu können, denn seine
    Kinnladen zitterten eigentlich aus Furcht und hätten ihm
    jeden anderen Dienst versagt.
    »Wenn das entzwei ginge! Wenn das entzwei ginge!«
    wiederholte der unglückliche Neger. Das machte ihm fort-
    während Angst. Aber man denke nur ... ein Sturz von 1.500
    Meter, der ihn in Pulver verwandelt hätte!
    Nach Verlauf einer Stunde erschienen Onkel Prudent
    und Phil Evans wieder auf dem Verdeck. Robur war nicht
    mehr hier. Am Heck folgte der Steuermann in seinem Glas-
    häuschen, das Auge auf den Kompaß gerichtet, unentwegt
    dem ihm vom Ingenieur vorgezeichneten Kurs.
    Der Rest der Mannschaft mochte wohl auch durch das
    Frühstück in ihrem Logis zurückgehalten werden. Nur ein
    Hilfsmechaniker, dem nun die Überwachung der Maschi-
    nen oblag, wanderte von einem Ruff zum anderen umher.
    War die Geschwindigkeit des Apparats jetzt auch groß,
    so konnten die beiden Kollegen darüber doch nur unvoll-
    kommen urteilen, obgleich die ›Albatros‹ aus jener Wolken-
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    schicht wieder hervorgetreten war und sich der Erdboden
    1.500 Meter unter ihnen deutlich zeigte.
    »Man kann eigentlich gar nicht daran glauben!« be-
    merkte Phil Evans.
    »So glauben wir nicht daran«, antwortete Onkel Pru-
    dent.
    Sie begaben sich hiermit nach dem Vorderdeck und lie-
    ßen die Blicke über den Horizont im Westen schweifen.
    »Ah, eine andere Stadt!« rief Phil Evans.
    »Können Sie sie erkennen?«
    »Ja, es scheint mir Montreal zu sein.«
    »Montreal? ... Aber wir haben doch Quebeck vor kaum
    2 Stunden verlassen!«
    »Das beweist, daß diese Maschine sich mit einer Ge-
    schwindigkeit von mindestens 25 Lieues die Stunde be-
    wegt.«
    Das war in der Tat die Höhe der Geschwindigkeit der
    ›Albatros‹, und wenn die Passagiere davon keine Belästi-
    gung verspürten, lag das daran, daß sie mit dem Wind fort-
    trieben. Bei stillem Wetter wäre ihnen diese Geschwindig-
    keit schon merkbar lästig gefallen, weil sie fast der eines
    Expreßzugs entspricht. Bei widrigem Wind wäre sie ganz
    unerträglich gewesen.
    Phil Evans täuschte sich nicht. Unter der ›Albatros‹ er-
    schien Montreal, das an seiner Victoria-Brücke, einer

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