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Robur der Sieger

Robur der Sieger

Titel: Robur der Sieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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das in
    Dahomey anders. Die einen tragen hier ein blaues Hemd,
    rot und blaue Schärpe, weiße, blaugestreifte Beinkleider,
    weiße kurze Beinkleider darüber und die Patronentasche
    im Gürtel; die anderen, die Elefantenjägerinnen, sind be-
    waffnet mit einer plumpen Flinte, einem Dolch mit kurzer
    Klinge, und auf dem Kopf tragen sie zwei mit einem Eisen-
    ring befestigte Antilopenhörner; die Artilleristen haben ei-
    nen halb roten und halb blauen Überwurf und als Waffe die
    Donnerbüchse mit alten gußeisernen Rohren, noch andere
    endlich, ein Bataillon jener Mädchen, trägt eine Art blauer
    Mäntel, mit kurzem weißen Beinkleid; das sind wirkliche
    Vestalinnen, keusch wie Diana und wie diese mit Pfeilen
    und Bogen ausgerüstet.
    Rechnet man zu diesen Amazonen noch 5- bis 6.000
    Mann in Baumwollhemden und mit einem Gürtel um die
    Taille, so hat man die ganze Armee von Dahomey Revue
    passieren lassen.
    Abomey selbst war an diesem Tag völlig menschen-
    leer, der König, das ganze Hofpersonal, die männliche wie
    die weibliche Armee, sowie die Einwohner, alle hatten die
    Hauptstadt verlassen, um einige Meilen entfernt auf einem
    großen, von prächtigem Baumschlag eingerahmten Platz
    zusammenzuströmen.
    Es war das die Ebene, auf der die Huldigung des neuen
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    Königs stattfinden sollte, und hier harrten Tausende, bei
    Gelegenheit der letzten Razzias eingebrachte Gefangene zu
    dessen Ehre ihres letzten Augenblicks.
    Gegen 2 Uhr nachmittags begann die jetzt über dieser
    Ebene schwebende ›Albatros‹ aus einer leichten Dunst-
    schicht, die sie bisher den Augen der Bevölkerung von Da-
    homey verhüllt hatte, etwas mehr niederzusinken.
    Hier befanden sich jetzt wohl etwa 60.000 Menschen, die
    aus allen Gegenden des Reichs, aus Midah, Karapay, Ard-
    rah, Tombory und aus allen Städten und Dörfern gekom-
    men waren.
    Der neue König – ein kräftiger Kerl, namens Bu-Stadi
    und 25 Jahre alt – thronte auf einer kleinen Anhöhe, die
    eine Gruppe von Bäumen mit langen Ästen beschattete. Vor
    ihm drängten sich der neue Hofstaat, seine männliche Ar-
    mee, seine Amazonen und das ganze Volk hin und her.
    Am Fuß dieses Erdhügels spielten etwa 50 Musiker auf
    ihren barbarischen Instrumenten, bliesen auf Elefanten-
    zähnen, die einen rauhen Ton gaben, wirbelten auf großen,
    mit einer Hirschkuhhaut bespannten Trommeln, oder hat-
    ten Flaschenkürbisse, Gitarren, Glocken, die mit einem Ei-
    senstab angeschlagen wurden, und Flöten aus Bambusrohr,
    deren scharfer Klang das ganze Orchester übertönte. Jeden
    Augenblick krachten die Flinten, Donnerbüchsen und zu-
    weilen die alten Kanonen, deren Lafetten dabei zurück-
    sprangen, daß die Artilleristen in Lebensgefahr kamen; dazu
    herrschte ein solcher Heidenlärm und so wüstes Geschrei,
    daß man kaum einen Donnerschlag hätte hören können.
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    In einer Ecke der freien Ebene standen, von Soldaten
    überwacht, die Gefangenen, die dem verstorbenen König
    das Geleit in die andere Welt geben sollten, denn durch sein
    Ableben darf er noch keine Einbuße an seiner hohen Würde
    erleiden. Bei der Leichenfeier Ghozos, des Vaters Bahadus,
    hatte dessen Sohn ihm 3.000 Diener mitgegeben. Bu-Stadi
    konnte seinem Vorgänger hierin doch nicht nachstehen.
    Der Tote brauchte ja eine Menge Sendboten, nicht allein,
    um die Geister seiner Ahnen herbeizurufen, sondern auch,
    um alle Bewohner des Himmels zu versammeln, die das Ge-
    folge des verewigten Königs bilden sollten.
    Eine Stunde verging mit Gesprächen, Vorträgen und An-
    sprachen, unterbrochen von Tänzen, die nicht nur die ei-
    gentlichen Bajaderen aufführten, sondern auch die Amazo-
    nen, die dabei viel kriegerische Grazie entwickelten.
    Inzwischen kam die Zeit zur Hinrichtung heran. Ro-
    bur, der die blutigen Gewohnheiten von Dahomey schon
    kannte, verlor die gefangenen Männer, Frauen und Kinder,
    die abgeschlachtet werden sollten, niemals aus dem Auge.
    Der Minghan verweilte am Fuß des Erdhügels. Er
    schwang das Richtschwert mit gebogener Klinge, auf der
    auch noch ein metallener Vogel saß, dessen Gewicht ihm
    noch mehr Schwung verlieh. Dieses Mal war er nicht allein;
    er wäre mit der Arbeit auch nicht fertig geworden. In seiner
    Umgebung befanden sich noch etwa hundert Scharfrich-
    ter, die alle eingeübt waren, einen Kopf mit einem einzigen
    Hieb vom Rumpf zu trennen.
    Inzwischen näherte sich die ›Albatros‹ allmählich in
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    schräger Richtung und ließ ihre Auftriebs-

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