Rock-and-Roll-Zombies aus der Besserungsanstalt
am besten mache.«
Sybils Augen funkelten vor Häme. Mark wäre zusammengezuckt, hätte er sie in diesem Moment gesehen. »Natürlich, mein Lieber. Ich werde dem Wachposten Bescheid sagen, damit er weiß, dass du kommst.«
»Danke, Sybil. Ach ja, äh ...« Er lachte erneut und das aalglatte, schmierige Selbstvertrauen, das er zuvor ausgestrahlt hatte, kehrte zurück. »Wehe, du trägst auch nur einen einzigen Fetzen Kleidung am Leib, wenn ich gleich komme. Ich will einiges mit dir anstellen, bevor wir uns weiter über diese schreckliche Göre unterhalten.«
Sybils Grinsen gefror. Sie rang sich ein Lachen ab. »Natürlich, mein Lieber.«
Sie legte das Telefon auf und griff wieder nach der Fernbedienung, spulte bis zu der Stelle vor, wo sie auf Anna Kincaid auf dem Bärenfell hockte. Sie waren beide nackt und ihre Körper glänzten vor Schweiß. Mark würde erst in knapp einer Viertelstunde hier sein. Sybil wusste, dass sie ein wenig Stimulation gebrauchen konnte, ehe er eintraf, sonst würde sie ihm keinen Orgasmus vorspielen können.
Sie drückte die Wiedergabetaste.
Sah zu, wie sie das Leben aus einem anderen menschlichen Wesen herausquetschte.
Dann spulte sie zurück und schaute sich die Szene noch einmal an.
7: Gefängnisausbruch
(Jailbreak; Thin Lizzy, 1976)
Melissa Campbell wartete, bis sie sicher sein konnte, dass ihre Zimmergenossin eingeschlafen war. Dann schob sie die Decke zur Seite, unter der sie nach wie vor vollständig angezogen war, griff unter das Bett, um die Tasche hervorzuholen, die sie dort deponiert hatte, und schlich sich vorsichtig durchs Zimmer. Als sie die Tür erreichte, drückte sie auf einen Knopf an ihrer Digitaluhr. Das LED-Display leuchtete auf und verriet ihr die Zeit: 21:59 Uhr.
Puh, knapp war gar kein Ausdruck.
Sie verharrte noch eine Minute lang im Dunkeln. Um Punkt zehn pochte sie vorsichtig gegen die Tür und hielt den Atem an. Ein langer Moment verstrich. Er dehnte sich zu einer vollen Minute aus. Sie legte eine Hand auf den Mund, um ein Wimmern zu ersticken. Dann drückte sie wieder auf den Knopf.
22:01.
Sie wusste, dass es noch keinen Grund gab, in Panik zu verfallen. Sie hatten sich auf Punkt 22 Uhr geeinigt. Sogar ihre Uhren vorher synchronisiert wie Spione in den alten Kriegsfilmen. Aber es gab viele Gründe, weshalb er sich verspäten konnte. Also würde sie ihm noch ein bisschen Spielraum geben, vielleicht sogar eine volle Viertelstunde. Danach musste sie davon ausgehen, dass etwas Unvorhergesehenes ihre Pläne vereitelt hatte.
Ein weiterer Blick auf die Uhr.
Aus 22:02 wurde 22:03.
Sie presste ihr Ohr an das Holz und strengte sich an, etwas zu hören, irgendetwas. Aber im Gang dahinter blieb es totenstill wie in einer Gruft. Melissa sackte gegen den Türrahmen und kämpfte massiv gegen ein aufkeimendes Schluchzen an. Sie war sich so sicher gewesen, dass sie heute Nacht von diesem schrecklichen Ort entkommen würde. Morgen stand ein weiterer von Mr. Cheneys Vorträgen auf ihrem Lehrplan. Die plötzlich sehr real erscheinende Möglichkeit, seine Gegenwart noch einmal ertragen zu müssen, erfüllte sie mit Grausen.
Sie war so dumm gewesen, während einer seiner lächerlichen Reden über die zerstörerische Wirkung von Heavy-Metal-Musik auf das spirituelle Leben die Klappe aufzureißen. Widerworte waren an der MUSI unter keinen Umständen erlaubt. Aber körperliche Züchtigung war erlaubt, und man konnte sich darauf verlassen, dass sie beim geringsten Fall von Ungehorsam und Aufmüpfigkeit angewandt wurde. Nachdem sie Mr. Cheney und seine Kollegen an der MUSI als »Gedankenpolizei« bezeichnete, hatte sie mit einer kräftigen Tracht Prügel gerechnet.
Sie war allerdings nicht dafür gewappnet gewesen, was sich in Cheneys Büro dann tatsächlich abgespielt hatte. Es hatte wie üblich damit angefangen, dass er sie aufforderte, sich über den Schreibtisch zu beugen und mit den Händen an der Kante festzuhalten. Da sie keine Wahl hatte, gehorchte sie. Er ließ sich dann viel Zeit, zur Sache zu kommen, und hielt ihr erst mal eine Ansprache, wie wichtig es sei, dass sie auf den wahren und tugendhaften Pfad zurückfinde. Ihre Seele schwebe in Gefahr, textete er sie zu. Satan halte sie bereits fest in seinen Klauen. Falls sie sich weiterhin weigere, das Böse in jeglicher Gestalt zurückzuweisen – er führte liberale Denkweisen im Allgemeinen und den negativen Einfluss von Heavy Metal im Besonderen an –, würde sie in der Hölle landen und Qualen jenseits ihres
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