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Rock-and-Roll-Zombies aus der Besserungsanstalt

Rock-and-Roll-Zombies aus der Besserungsanstalt

Titel: Rock-and-Roll-Zombies aus der Besserungsanstalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bryan Smith
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einfach nur reinigen und desinfizieren und lieber früher als später einen Verband umlegen. Aber sie würde es überleben. Sie hob ihre zerfetzte Bluse an und sah, dass sie am Oberkörper nur oberflächliche Kratzer davongetragen hatte. Nichts weiter.
    Bevor sie sich an ihrem Arm gütlich tat, war Anna mit vorgestreckter Hand auf sie losgegangen. Ihre langen Fingernägel hatten dem Stoff mit der Leichtigkeit einer Kralle den Garaus gemacht. Erstaunlich, dass ein totes Mädchen so kräftig sein konnte. Sie war sich vorgekommen wie das sprichwörtliche Reh im Scheinwerferlicht, als die Kleine sich ihren Arm geschnappt und ein Stück herausgebissen hatte. Dann setzte ihr Überlebensinstinkt ein und sie wand sich dank eines kräftigen Adrenalinschubs aus dem Griff der Toten und trat den Rückzug an. Dabei hatte sie einen genaueren Blick auf die wiederbelebten Huren erhascht. Zwar trugen sie immer noch ihre nuttigen Straßen-Outfits, wirkten aber ansonsten wie Statisten in der Kulisse eines billigen Horrorstreifens.
    Wahnsinn.
    Es handelte sich um die Frauen, die sie in ihrem Büro ermordet hatte, daran gab es keinen Zweifel. Sie schauderte und drehte sich zur Wand, schien mit ihren zitternden Händen den gestrichenen Beton in einer pathetisch wirkenden Geste regelrecht zu umarmen. Die plötzliche Überzeugung, dass das, was gerade passierte, eine Bestrafung Gottes war, entrang ihr ein Schluchzen. Wer außer Gott besaß schließlich die Macht, die Toten ins Leben zurückzuholen?
    Die erbarmungslosen religiösen Überzeugungen, die sie seit vielen Jahren unterdrückt hatte, drängten sich wieder in den Vordergrund ihres Bewusstseins. Ganz bestimmt war das Sein Wille.
    Ein weiterer sachlicher Fakt war unübersehbar: Sie saß mächtig in der Scheiße.
    Sie stand wertvolle weitere Sekunden zitternd vor der Wand. Dann hörte sie undeutliche Schreie durch den Korridor im ersten Stock heraufdringen. Die geschlossene Tür dämmte zwar das Geräusch, aber nicht das Entsetzen der Mädchen, die sie zurückgelassen hatte. Unter die Schreie mischte sich ein noch unbestimmterer Klang trampelnder Schritte. Dann ein dumpfer Knall, gefolgt von etwas, das sich ganz nach klirrendem Glas anhörte.
    In diesem Moment passierte etwas Merkwürdiges – die Panik, die von ihr Besitz ergriffen hatte, lockerte ihren Griff ... und ließ dann los.
    Und sie lächelte.
    Denn sie hatte etwas begriffen. Vielleicht stimmte es ja, dass Gott diese makabere Serie von Ereignissen in Gang gesetzt hatte. Vielleicht war es wirklich seine ganz persönliche Bestrafung für sie. Aber das bedeutete noch lange nicht, dass sie dem Untergang geweiht war. Sie konnte die Sache überleben, wenn sie nur ihren Verstand zusammenhielt und sich darauf konzentrierte, was zu tun war. Okay, Gott hatte also ihre Opfer ins Reich der Lebenden zurückgeführt und auf sie losgelassen. Sie waren Seine Werkzeuge. Aber vielleicht war es mehr als nur eine Bestrafung?
    Was, wenn es sich um einen Test handelte?
    Genau.
    Wenn es ihr irgendwie gelang, diese Nacht zu überleben, würde Gott ihr vielleicht Absolution erteilen. Das schien weit hergeholt. Sehr weit. Das wusste sie auch. Aber es war der einzige Hoffnungsschimmer, der sich ihr bot, und sie klammerte sich daran, solange noch Kraft in ihrem Körper war.
    Um den Test zu bestehen, musste sie Gottes Werkzeuge zerstören.
    Anna und die Huren töten.
    Noch einmal. Idealerweise so, dass es diesmal von Dauer war.
    Ach ja, und sie musste Quigley umbringen. Und diese Mädchen. Und Gerald, den Wächter aus dem Neandertal, dessen Sperma immer noch einen unangenehmen Geschmack in ihrem Mund hinterließ. Ihn sollte sie aber so lange verschonen, bis er Mark Cheney für sie erledigt hatte. Herrgott, das war ein ziemlich ambitioniertes Mordprogramm. Aber es gab genügend Präzedenzfälle. Sie erinnerte sich an die Geschichten aus der Bibel, an die Schilderungen blutiger, grausamer Opferungen. Ein winziger Funken Hoffnung glomm in ihr auf und begann heller zu lodern, als ihr noch ein anderer Umstand bewusst wurde. Die Mädchen und Frauen, die sie aus dem Weg geräumt hatte, verband eine entscheidende Gemeinsamkeit.
    Sie hatten alle gesündigt.
    Vielleicht lag sie also auch völlig falsch.
    Möglicherweise war sie selbst das Werkzeug Gottes, mit dem Er jene bestrafen ließ, die gegen Seine Gebote verstoßen hatten.
    Ja!
    Sie erkannte es jetzt ganz deutlich. Es war kein zufälliger Wink des Schicksals, dass sie an diesem Ort gelandet war. Ihre

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