Rock-and-Roll-Zombies aus der Besserungsanstalt
die übliche unerbittliche Autorität. Sie verfehlte nie ihr Ziel, Untergebene zu sofortigem Handeln zu zwingen. »Rufen Sie sofort einen Arzt.«
Hektor bewegte sich nicht. Er sagte kein Wort.
Sybil schäumte. Sie stützte sich auf einen Ellenbogen und biss die Zähne zusammen, als der Schmerz kam. »Hector! Hören Sie auf, nutzlos herumzustehen, und tun Sie, was ich sage!«
Hector verharrte weiterhin in der unerträglichen Starre einer Statue. Das fachte ihre aufkeimende Wut noch weiter an, aber sie ignorierte ihn zunächst und wandte ihre Aufmerksamkeit dem Mädchen zu, das immer noch das unverschämte Grinsen im Gesicht trug. Wie gerne sie es ihr aus dem Gesicht geprügelt hätte! »Du bist Cynthia Laymon, nicht wahr?«
Cynthia sog hastig die Luft ein und legte eine Hand auf ihre Brust. Ihre Augen schienen aus den Höhlen zu purzeln und ihr Mund klappte auf. Mit stark übertriebenem künstlichen Erstaunen sagte sie: »Oh, Miss Huffington. Ich fühle mich ja so geehrt! Sie erinnern sich an meinen Namen! Wo ich doch so klein und unbedeutend bin.« Sie schüttelte den Kopf und grinste wieder breit. »Es gibt also doch noch Wunder auf dieser Welt!«
Sybil hätte der kleinen Hexe am liebsten beide Hände um den schlanken Hals gelegt und kräftig zugedrückt. So lange, bis ihr die Augen tatsächlich herauspurzelten und sich ihre blässliche Haut lila färbte. Sie überschlug kurz, wie viel körperliche Anstrengung sie diese Aktion kosten würde, und wog sie gegen den Schmerz ab, den die notwendigen Bewegungen verursachten.
Sie fluchte innerlich.
Nicht möglich.
Noch nicht.
Sie biss sich auf die Lippen, zwang sich zu einer gewissen Ruhe und erhob dann wieder die Stimme: »Denken Sie darüber nach, Miss Laymon. Ihr Freund, der Moppschubser, riskiert seinen Job, wenn er meine Anweisungen nicht befolgt. Aber Sie, junge Lady, riskieren noch eine ganze Menge mehr.« Ihr Mund verzog sich zu einem heimtückischen Halblächeln, das bar jeglichen Humors war und dunkle Versprechen aussandte. »Wie hört sich ein Monat in der Isolierkammer an? Für den Anfang zumindest.«
Was danach passierte, lähmte sie regelrecht.
Das breite Grinsen des Mädchens verschwand. Ihre Augen wirkten wie tot. Ihre Kinnlade begann zu zittern. Sie ballte ihre Hand zur Faust und den Bruchteil einer Sekunde später knallten Sybil Fingerknöchel hart gegen die Nase. Knorpel knackte. Blut schoss heraus. Die Hinterseite ihres Kopfes knallte auf den Boden und Schmerz durchströmte jede Faser ihrer Nerven. Dann grätschte das Mädchen über sie, brüllte sie an und ließ ihre Fäuste wieder und wieder herabsausen; eine unscharfe Abfolge von Bewegungen als Ausdruck der Wutattacke, die von ihr Besitz ergriffen hatte. Ihr Gesicht war vor Zorn so verzerrt, dass sie kaum noch menschlich wirkte, eher wie ein rachsüchtiger Dämon, der kurzfristig in ihren Körper geschlüpft war. Nach einer Weile nahm Sybil die Abfolge von Schlägen gar nicht mehr wahr. Ihr Sichtfeld verschwamm und das Mädchen schien nur noch ein blässlicher Klecks zu sein, der über ihr thronte.
Dann war sie verschwunden, mitten im Schrei von Hector Romero zur Seite geschoben.
Cynthia ruderte kurz wild mit den Armen und setzte sich gegen den Putzmann zur Wehr, ehe sie wimmernd in seinen Armen versank. Sybils Blick klärte sich ein wenig auf und sie beobachtete, wie der braunhäutige Mann ihr durch die Haare strich und beschwichtigend in ihr Ohr flüsterte. Zwischen den beiden ging etwas vor. Eine emotionale Verbindung. Vielleicht waren sie sogar ein Pärchen. Die Vorstellung, dass ein hübsches kleines Ding in den Armen eines dreckigen kleinen Ausländers Trost fand, machte sie regelrecht krank. Sie schwor sich, ihn so bald wie möglich in seine dreckige Heimat deportieren zu lassen.
Natürlich würde sie dazu erst einmal diese verrückte Nacht überleben müssen.
Das schien von Sekunde zu Sekunde unwahrscheinlicher.
Aber es war kein Grund, sich aufzugeben. Das Mädchen war abgelenkt und von den Wogen eines lächerlichen Gefühlsausbruchs umfangen. Wenn sie handeln wollte, dann jetzt.
Sybil biss sich fest auf die Unterlippe und nuckelte an dem austretenden Blut, während sie sich wieder auf den Ellenbogen aufrappelte. Welle um Welle von Schmerz schwappte über sie hinweg und ließ ihr heiße Tränen in die Augen schießen, aber sie zwang sich zum Weitermachen. Einen Moment später saß sie aufrecht. Sie blickte über ihre Schulter. Die Türen der Schlafzimmer wurden generell von
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