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Rock-and-Roll-Zombies aus der Besserungsanstalt

Rock-and-Roll-Zombies aus der Besserungsanstalt

Titel: Rock-and-Roll-Zombies aus der Besserungsanstalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bryan Smith
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als die Limousine hindurchraste und auf das Gebäude am Ende der langen Auffahrt zuhielt.

14: Schlechte Zeiten für schöne Gesichter
    (Your Pretty Face is Going to Hell; The Stooges, 1973)
    Ein Gefühl, als tauche man aus düsteren Abgründen wieder an die Oberfläche. Wie ein Ertrunkener, der durchs Wasser gleitet und einen flüchtigen Blick auf einen diffusen Lichtschimmer erhascht, der dann schnell heller wird. Fast so, als schwebe man auf einem Strahl glänzender Glückseligkeit dem Himmel entgegen.
    Sybil Huffington erwachte mit einem schwachen Atemzug. Ihre Augenlider flatterten und als Erstes sah sie sich dem gleichen Gesicht gegenüber wie unmittelbar vor ihrer Ohnmacht. Einem schlanken, hübschen Mädchen mit dunklem, keilförmig geschnittenem Haar und blasser Haut. Cynthia Laymon. Der Name drang aus dem Äther zu ihr, wurde ohne zusätzliche Hintergrundinformationen direkt an ihr Bewusstsein geliefert.
    Das Mädchen grinste und rief aus: »Die Königsfotze lebt!«
    Eine männliche Stimme: »Scheiße.«
    Sybil zuckte zusammen.
    Königsfotze?
    Unter normalen Umständen hätte das Mädchen für eine solche beleidigende Anmaßung teuer bezahlen müssen. Eine Woche in der klaustrophobischen Dunkelheit der Isolierkammer. Mindestens. Die tägliche Anwendung von korrektiven Prügelstrafen. An der MUSI konnte das von Paddeln bis zu Sitzungen mit der Lederpeitsche so ziemlich alles bedeuten. Möglicherweise sogar ein oder zwei nächtliche Disziplinarsitzungen in ihrem eigenen Büro. Nicht auszuschließen, dass Quigley hinterher ein weiteres Loch auf der Lichtung schaufeln musste.
    Aber Quigley würde keine zwei Meter tiefen Löcher mehr buddeln. Er war tot. Eine wandelnde Leiche. Genau wie die Mädchen, die sie umgebracht hatte. Drei von den vieren jedenfalls.
    Von normalen Umständen konnte man also wahrlich nicht sprechen.
    Das Mädchen schlug ihr ins Gesicht. Verdammt fest.
    Sie lachte.
    Sybil stöhnte und versuchte, den Kopf zu heben, aber der Versuch schickte Schockwellen aus Schmerz durch ihren Körper. Ihr Hinterkopf prallte hart auf den Boden und sie winselte. Sie spürte dort eine empfindliche, nässende Stelle. Dann übermannte sie kurz die Erinnerung – ihre Füße, die auf dem nassen Boden ins Rutschen kamen, der unerwartete Sturz und der harte Aufprall, die unbändige Welle von Schmerzen, die Stimmen, und das Mädchen, das sich über sie beugte, bevor sie das Bewusstsein verlor.
    Sie blinzelte und sah sich um. Sie befanden sich nicht länger im Korridor. In diesem Raum standen zwei Feldbetten, eine kleine Kommode mit Schubladen und ein Kleiderschrank. Ein Schlafzimmer, vielleicht eines der am puristischsten eingerichteten, das sie je gesehen hatte. Die Eltern der Mädchen, die hier wohnten, hatten offenkundig darauf verzichtet, ihrem Nachwuchs zusätzliche Annehmlichkeiten zu finanzieren. Sybil durchfuhr ein Anflug der dunklen Verlockung, die sie immer verspürte, wenn sie in einen solchen Raum kam. Mangel erzeugte in ihr ein Gefühl von Hoffnungslosigkeit. Wie oft hatte sie Verzweiflung in den Gesichtern von Mädchen wie diesen erblickt. Genau die sollten sie auch fühlen. Ihre Tränen brachten sie zum Lächeln und ließen sie wohlig erschauern.
    Das hier erschien ihr wie ein Widerhall jener Empfindungen, verging aber augenblicklich. Nun war es an ihr, Hoffnungslosigkeit zu empfinden. Der Sturz hatte sie immerhin nicht gelähmt. Für solche kleinen Segnungen durfte man bereits dem Himmel danken. Sie hatte Gefühl in sämtlichen Gliedmaßen und konnte ihre Hände und Füße bewegen. Aber trotzdem war sie außer Gefecht gesetzt. Jeder Versuch, sich zu bewegen, entfachte eine weitere Attacke markerschütternder Schmerzen. Eine Flucht aus eigener Kraft war ihr schlicht unmöglich.
    Sie erspähte einen Mann in der hinteren Ecke des Raums. Durchschnittlich groß und schwer. Etwa 30. Lateinamerikaner, möglicherweise ein Mexikaner. Er stand mit dem Rücken zu ihnen und schaute aus einem Fenster, das auf den rückwärtigen Teil des Gebäudes ausgerichtet war. Er trug die Montur des Reinigungspersonals.
    Eine weitere Erinnerung. Die gelbe Plastiktafel. VORSICHT! FRISCH GEWISCHT!
    Der Name des Mannes fiel ihr ein. Romero. Hector Romero.
    Sie versuchte den Schmerz zu verdrängen, richtete sich vorsichtig auf und erhob die Stimme: »Hector!«
    Der Mann zuckte zusammen, blieb aber mit dem Rücken zu ihr stehen. »Ja?«
    »Ich bin verletzt und benötige umgehend medizinische Hilfe.« Ihre Stimme verfügte über

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