Rock-and-Roll-Zombies aus der Besserungsanstalt
außen abgeschlossen, aber diese hier stand einen winzigen Spaltbreit offen. Sie verspürte den ersten euphorischen Rausch eines bevorstehenden Triumphs. Sie konnte es schaffen. Es war wirklich möglich. Sie musste nur auf die Füße kommen.
Sie wappnete sich ein weiteres Mal für den bevorstehenden Schmerz und begann aufzustehen ... nur, um unvermittelt wieder nach hinten zu stürzen, als sie etwas mit großer Kraft in den Magen traf. Ein Fuß. Jemand hatte sie getreten. Dann baute sich Cynthia Laymon wieder über ihr auf. In ihren Augen flackerte ein Zorn, der dem Wahnsinn nahe schien, ihr Gesicht war zu einem bitteren Lächeln verzerrt.
Das Mädchen schrie wieder, brüllte sie an, hielt dann aber ihre Wut gerade genug im Zaum, um ihre Worte verständlich zu machen: »VERDAMMTE SCHEISSE! DU WIDERLICHE FOTZENSCHLAMPE AUS DER HÖLLE! NACHDEM DU SO EIN VERFICKT GUTES GEDÄCHTNIS HAST, ERZÄHL MIR DOCH MAL, WAS MIT KATHY RUSSO PASSIERT IST! NA LOS, DU MISTSTÜCK! DU ERINNERST DICH AN KATHY. VERFICKT NOCH MAL, DAS TUST DU!«
Der Schmerz war erstaunlich. Wie ein hypergefräßiger Virus oder Parasit, der ihr Blut vergiftete und jeden Nervenstrang in ihrem Körper erfasste. Nichtsdestotrotz drang der Name zu ihrem Verstand durch. Sie hatte zwei MUSI-Schülerinnen getötet. Anna Kincaid, natürlich, und zu Beginn des Jahres hatte sie Kathy Russo mit einer Nylonstrumpfhose erdrosselt. Aber ... wie konnte dieses dumme Mädchen davon wissen? Sie hatte die Geschichte mit großer Sorgfalt und Umsicht vertuscht. Offiziell war Russo weggelaufen und es gab nichts – nicht einmal das kleinste Körnchen eines Beweises –, was einen Verdachtsmoment gegen Sybil Huffington begründete.
Irgendwie schien Cynthia Laymon trotzdem zu wissen, dass sie bei dem plötzlichen Verschwinden des Mädchens die Finger im Spiel hatte. Das warf bei ihr die Frage auf, ob sie bei ihren Stelldicheins mit den Schülerinnen wirklich so umsichtig vorgegangen war, wie sie immer gedacht hatte.
Als habe sie ihre Gedanken gelesen, lieferte Cynthia die Antwort in nunmehr deutlich gedämpftem Tonfall: »Dieses Jahr bin ich zum zweiten Mal hier, Syphilis. Deine bescheuerte Heavy-Metal-Kur hat beim ersten Anlauf nicht gefruchtet und meine Arschlöcher von Eltern haben mich noch mal hergeschickt. Kathy war damals meine Zimmergenossin. Sie hat mir von diesen nächtlichen ›Beratungssitzungen‹ bei dir im Büro erzählt.«
Sybil spürte, wie etwas Eiskaltes ihre Kehle hinunterrann und sich um ihr Herz klammerte. Ein Wimmern löste sich aus ihrer Kehle und Tränen strömten ihr aus den Augen. Der Gefühlsausbruch hatte natürlich nichts mit so etwas Absurdem wie Schuldgefühl zu tun. Es handelte sich ausschließlich um Selbstmitleid. Sie verdiente es nicht, in so einer Situation zu sein. Verdiente es nicht, dass ihr sorgfältig errichtetes Kartenhaus auf diese Weise über ihr zusammenstürzte. Sie hatte als Mitglied der sozialen Elite etwas Besseres verdient. Die Verachtung, die dieses weiße Trash-Flittchen ihr entgegenbrachte, war ein Affront gegen ihr Selbstbild.
Etwas Nasses klatschte gegen ihr Kinn.
Sie leckte etwas von der Flüssigkeit auf.
Spucke .
Diese ungezogene kleine Göre hat mich angespuckt!
Bevor sie sich weitere Rachefantasien durch den Kopf gehen lassen konnte, war das Mädchen schon wieder über ihr, spreizte ihr die Schenkel und lehnte sich ganz dicht an sie heran. Ihre Stimme sank zu einem kämpferischen Flüstern herab. »Mädchen tratschen, Syphilis. Wusstest du das etwa nicht? Sie hat mir jedes dreckige kleine Detail verraten. Das Spanking. Die albernen Kostüme. Alles, was sie sagen und tun musste. Was für ein Freak bist du eigentlich?«
Sybils Kiefer bebte. Sie betete, dass das Mädchen noch ein bisschen näher kam. Nur zu gerne hätte sie sich einen Bissen von diesem hübschen Gesicht gegönnt. Der Gedanke löste ein kribbelndes Gefühl seltsamen Verlangens in ihr aus. Sie stellte sich vor, wie sie das Fleisch des Mädchens kaute und herunterschluckte und fühlte, wie ihre Nippel hart wurden. Seltsam. Sie dachte an die Beißattacke des Zombies zurück und verspürte dasselbe merkwürdige Kribbeln. Ihre Wunde pulsierte. Ihr ganzer Arm fühlte sich infiziert an.
Cynthia lehnte sich ein paar Zentimeter weiter heran.
Sybil öffnete ihren Mund und leckte sich die Lippen. Sie sah den Puls des Mädchens in ihrem Hals pochen und wand sich unter ihr. Dieser Hals ... dieser wunderbare Hals ... wie zart er wirkte ...
Wie ...
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