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Rockerkrieg: Warum Hells Angels und Bandidos immer gefährlicher werden - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Rockerkrieg: Warum Hells Angels und Bandidos immer gefährlicher werden - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Titel: Rockerkrieg: Warum Hells Angels und Bandidos immer gefährlicher werden - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Diehl , Thomas Heise , Claas Meyer-Heuer
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Hanebuth vorgeworfen worden sei, zur Organisierten Kriminalität zu gehören. Daher sei »völlig klar, dass sich Herr Hanebuth die diffamierenden und geschäftsschädigenden Äußerungen nicht länger gefallen lässt«. Großzügig bot das Duo aus Rocker und Rechtsanwalt sodann dem Ermittler ein Gespräch an, für das man gerne zur Verfügung stehe. Doch darauf ließ sich der Ermittler nie ein.
    Auch gegen die Presse ließen die Rocker bereits aufmarschieren. Zahlreichen Medien schickten sie Begehren auf Unterlassung ins Haus, zuweilen durchaus erfolgreich: Nicht jeder Bericht über die Banden ist gänzlich fundiert, in der Szene sind viele Aufschneider und angebliche Aussteiger unterwegs. Und zuweilen saßen Redakteure seriöser Presseerzeugnisse auch schon genau solchen Typen auf, die wüste Behauptungen über das Binnenleben der Clubs verbreiteten, ohne diesen jemals angehört zu haben.
    Interessant ist als Fußnote in diesem Zusammenhang noch, dass für die »Gesetzlosen« schon ein Jurist tätig wurde, der seit vielen Jahren auch die Redaktion des »Stern« berät. Dabei hieß es doch in der Illustrierten einst so schön: »Wer sich aber in die Seelenwelt der Angels begibt, stößt irgendwo hinter der letzten Tankstelle vor Mittelerde auf ein versunkenes Reich, in dem sich trotzköpfige Recken an strenge Regeln halten, auch wenn diese dem Strafgesetzbuch oft zuwiderlaufen.«
    Und auch wenn die Rocker demnach das Strafgesetzbuch nicht sonderlich zu interessieren scheint, nehmen sie die presserechtlichen Vorschriften zuweilen schon sehr genau – man könnte fast sagen: pingelig genau.
    Die Medienstrategie der Höllenengel
    Das Prinzip einer fairen Berichterstattung gilt allerdings nicht mehr, wenn sich die Hells Angels selbst publizistisch betätigen. Inzwischen sind sie auf mehreren Portalen im Netz vertreten. So startete der Club im Januar 2011 die Seite www.hellsangelsmedia.com. Der damalige Anführer des Bremer Charters »West Side«, Michael Wellering, sagte, man wolle damit der angeblich einseitigen Berichterstattung der Presse entgegentreten, dieser »Bundeshetze«, wie er es später nannte. Einseitigkeit mit Einseitigkeit heilen sozusagen, oder eher: Gleiches mit Gleichem vergelten.
    Denn ganz offensichtlich geht es den Rockern in den Filmchen, die sie auf ihrer Homepage veröffentlichen, nicht um eine ausgewogene Darstellung, sondern darum, ihrem Ärger Luft zu machen. Da sitzen abwechselnd führende Köpfe aus Bremen vor der Kamera und schimpfen auf »Heuchler und Lügner in der Politik«, auf »Verbotsfanatiker«, »Blockwarte« und »Dreckschleudern in den Medien«. Nach Angaben der Rocker verzeichnete die Seite binnen eines Jahres mehrere Millionen Klicks.
    Und während Verunglimpfungen namentlich genannter Ermittlungsbeamter eigentlich von Beginn an zum festen Programm der Hells-Angels-Propaganda gehörten, markierte eine Veröffentlichung im Juni 2012 doch eine neue Qualität der psychologischen Kriegsführung. Zum ersten Mal nämlich publizierten die Rocker im Netz ein vertrauliches Strategiepapier der Polizei (» VS – Nur für den Dienstgebrauch«). Darin skizziert eine Projektgruppe des Bundes und der Länder, wie die Sicherheitskräfte gegen die Banden vorgehen könnten, und mahnt dabei an: »Dem Schutz von polizeilichen Informationsquellen kommt (…) eine besonders hohe Bedeutung zu.« Doch daraus wurde nichts.
    Für die Behörden war es natürlich besonders peinlich, dass diese grundlegende Ausarbeitung nicht geheim gehalten werden konnte. Also erwirkten sie beim Amtsgericht Landau einen Beschluss, der den Rockern untersagte, das brisante Dokument weiterhin im Internet zu zeigen. Und vielleicht weil sich das angedrohte Ordnungsgeld auf 250000 Euro belief, kamen die Rocker der richterlichen Aufforderung tatsächlich nach.
    Angemeldet hatte den Auftritt übrigens der Anführer der Hells Angels »Landau«, Kay Scherrer, der unter anderem eine Event-Agentur betreibt und sich im Kreise der Bandenbosse erboten haben soll, sich initiativ um die Homepage zu kümmern: Er kenne da jemanden, der das für ihn übernehmen könne.
    Mit welch prominenter Unterstützung die Gang bei ihren pseudo-journalistischen Unternehmungen rechnen kann, zeigte ein Streifen, der zu Beginn des Jahres 2011 auf der Seite erschien. In dem 2 Minuten und 19 Sekunden langen Trailer zu dem Werbefilm »81 – The other world« trat der bekannte Berliner Schauspieler Ben Becker auf und sprach mit rauchiger Stimme die Worte:

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