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Rockerkrieg: Warum Hells Angels und Bandidos immer gefährlicher werden - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Rockerkrieg: Warum Hells Angels und Bandidos immer gefährlicher werden - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition)

Titel: Rockerkrieg: Warum Hells Angels und Bandidos immer gefährlicher werden - Ein SPIEGEL-Buch (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Diehl , Thomas Heise , Claas Meyer-Heuer
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alsbald zu den bestimmenden Figuren in der deutschen Rockerszene aufsteigen. Das erste Zusammentreffen Vowes mit der Polizei liegt da schon ein paar Jahre zurück. 1988 hält eine Streife im Stadtteil Wedding einen VW -Bus an und überprüft die Insassen. Ein junger Mann, ganz in Schwarz gekleidet, großmäulig und ruppig, fällt besonders auf: »Der hatte als Mitglied der Westberliner Antifa schon damals ein Problem mit dem Rechtsstaat«, so ein Beamter, der an der Kontrolle beteiligt war, über seine erste Begegnung mit dem jungen Vowe.
    Viele Jahre später gründet Vowe das Bandido-Chapter »Centro«, das innerhalb kürzester Zeit im Milieu besonders berüchtigt sein wird. Die Gang macht sich weit weg von den Hells Angels »Nomads« breit, tief im Westen der Stadt, im früheren Arbeiterbezirk Wedding, wo sie besonders rabiat auftritt. Was Fahndern und Altrockern zudem auffällt, ist der hohe Anteil von Einwanderern, vor allem Arabern und Türken, in dem neuen Club. Das ist untypisch für die damalige Rockerszene, in der man sich bis dato wenig multikulturell gegeben hat. Viele dieser jungen Männer sind vorbestraft und bewegen sich seit geraumer Zeit in kriminellen Kreisen, jedoch zeigen sie überraschenderweise auch nach ihrem Eintritt ins Rockermilieu kein besonderes Interesse für Motorräder.
    Bei den »Centro«-Jungs heuert, von Vowe geworben, ein junger, kräftiger Mann an. Sein Name ist Kadir Padir, Berliner Jugend-Boxmeister im Schwergewicht. Die schnellen Fäuste des angstfreien Türken werden im Milieu nicht von Nachteil sein, und so macht Padir als sogenannter »Anwärter« bald von sich reden.
    Im August 2007, wenige Wochen nach der Prügelei zwischen Rayk Freitag und Carsten D., gerät Kadir Padir ins Visier der Ermittler, die damals verschiedene Gangmitglieder abhören. Fast in Echtzeit erleben die Beamten nun, wie der junge Ehrgeizling einem Hells Angel das Heiligtum jedes Rockers raubt: die Kutte.
    »Hab ich ihm die Fresse geschlagen, Alda«
    Es sind kaum Wolken am Himmel, und ein leichter Nordostwind macht den Sommerabend im August 2007 einigermaßen erträglich, als der Hells Angel Robert F. seine Harley auf dem Fußweg vor seiner Plattenbauwohnung am Michaelkirchplatz in Berlin-Mitte parkt. Seine Freundin hört das schwere Bike, guckt aus dem Fenster und sieht ihren Rocker Richtung Hauseingang streben. Es ist kurz vor 22.30 Uhr.
    Plötzlich hört F.s Freundin Gebrüll von unten, sie rennt zum Fenster, während vor dem Haus jemand ruft: »Du kommst in meinen Bezirk, hau ab, du wirst schon sehen!« Eine andere Zeugin bemerkt den Krawall ebenfalls und sieht, wie ein Mann erst eine schwarze Jacke mit »was Buntem drauf triumphierend« hochhält und dann wegrennt. Der Höllenengel Robert F. kann sich – ohne Kutte, aber mit einer stark blutenden Stichwunde – in eine nahegelegene Kneipe retten.
    Die Berliner Polizei, die zu dieser Zeit im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens mit dem Aktenzeichen 69 Js 162/07 das Telefon von Kadir Padir überwacht, hört einige Minuten nach dem Überfall auf F. ein Gespräch mit. Sie kann eindeutig lokalisieren, dass sich der Anrufer in der Funkzelle am Tatort aufhält. Ein starkes Keuchen ist zu hören, Padir ist außer Atem, als sei er gerannt. Er ruft seinen Bandidos-»Bruder« Grischa Vowe an und will von ihm abgeholt werden. »Padir klingt richtig panisch«, heißt es im LKA-Protokoll.
    Bereits fünf Stunden später ist Padir in Gelsenkirchen. Dort übergibt er eine Plastiktüte an den Deutschlandchef der Bandidos, Peter Maczollek. Der mächtige Rocker ist im Jogginganzug zum Treffpunkt an einer Tankstelle gekommen, er hat noch geschlafen, als Padir ihn wachklingelt. Auch dieses nächtliche Treffen bekommen die Berliner Ermittler mit. Polizisten werden zur Tankstelle geschickt und beschlagnahmen die Videoaufzeichnung.
    Vier Jahre später wird Kadir Padir wegen Raubes angeklagt, jedoch nicht verurteilt. Bis dahin ist der Ex-Boxer in der Hierarchie seiner Bande rasant aufgestiegen: Er ist vollwertiges Mitglied und trägt die Bandidos-Auszeichnung »Expect no Mercy«. Das Patch wird nur Männern verliehen, die einen anderen Rocker zumindest verletzt haben.
    Nach diesem spektakulären Gesellenstück hält Padir mit seinen Gefolgsleuten vom Chapter »Centro« die Szene weiter in Atem. So ist er in den Morgenstunden des 27. Februar 2008 an einem Überfall auf das Vereinsheim der Hells Angels am Spandauer Damm in Berlin beteiligt. Vor Gericht wird Padir später

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