Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Rocking Horse Road (German Edition)

Rocking Horse Road (German Edition)

Titel: Rocking Horse Road (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Nixon
Vom Netzwerk:
Brötchen und Kuchen beklebt. Die Plakate ließen kaum Tageslicht durch. Es war immer ein Schock, wenn man aus der flimmernden Hitze draußen in den dunklen, kühlen Laden trat. Man war prompt ernüchtert. Wir versuchten fröhlich zu sein, aber es wirkte angestrengt. Sehr oft hatte Mrs. Asher vergessen, das Neonlicht anzumachen. Die Ladenglocke ging, und dann erschien sie wortlos aus dem Dunkel hinten, bleich und von Tag zu Tag dünner. Sie sprach überhaupt nicht, sagte nicht mal hallo oder guten Tag. Geduldig stand sie im gedämpften Licht hinter der Theke und wartete, bis wir ihr sagten, was wir wollten. Wenn wir uns schließlich entschieden hatten, reichte sie es uns schweigend, und wir zahlten und gingen.
    Schwer zu sagen, was wir wohl dort zu erfahren hofften. Vielleicht gingen wir nur hin, weil es ein so starker Kontrast zu dem Laden war, als Lucy noch lebte. Genau dieser Unterschied diente uns als Mahnung und verband uns mit der jüngsten Vergangenheit. Lucy hatte fast jeden Tag nach der Schule im Laden gearbeitet, ebenso an Samstagnachmittagen, nachdem sie Volleyball oder Hockey gespielt hatte. Damals wurde die Tür immer mit einem Holzkeil weit offen gehalten. Es war hell, und Lucys Musik erklang von einem Kassettenrekorder, der oben auf einem Regal hinter der Theke stand. Waren ihre Eltern nicht zu Hause, drehte sie die Musik sehr laut auf. Lucy sprach oft am Telefon mit ihren Freundinnen, während sie bediente, sie klemmte den Hörer ans Ohr und redete und lachte auch dann noch, wenn sie Wechselgeld rausgab. Sie war immer freundlich, sogar zu uns Jüngeren.
    Vielleicht sind wir in Wirklichkeit nur deshalb in den Wochen nach dem Begräbnis in den Laden gegangen, weil wir unsere Trauer mit Mrs. Asher teilen wollten. Wir hatten weder den Mut noch das Vokabular, unsere Gefühle auszusprechen. Möglicherweise waren unsere täglichen Einkäufe von Eiskrem, Süßigkeiten oder Milch, die wir gar nicht wollten, die einzige Form von Trost, die wir anbieten konnten.
Mitte Januar begann das Gerede über Carolyn Asher. Am Anfang waren es nur vage Gerüchte, kleine Wellen ohne rechten Ursprung. Doch dann sah Matt Templeton sie an einem Freitag nachts vor dem Fish-’n’-Chips-Laden in der Estuary Road stehen. Laut Matt war sie mit einem älteren Typen zusammen, einem aus der Gegend, der früher Flügelstürmer in der Schulmannschaft gespielt hatte, jetzt aber für die Universität antrat.
    »Der Typ fummelte überall an ihr rum«, erklärte Matt.
    Zwei Wochen später sah Tug sie ebenfalls. Sie saß hinten in einem Auto, das vor dem Naturschutzgebiet parkte, in der Schattenpfütze zwischen zwei Straßenlaternen. Wieder war sie mit einem Kerl zusammen, aber nicht mit dem Rugbyspieler. Diesmal war es ein Surfer. Sie saß aufrecht auf der Rückbank und rauchte. Der Surfer saß neben ihr. Als Tug vorbeiging, wandte Carolyn ihm den Kopf zu und sah ihn völlig ausdruckslos an.
    Ende des Monats hatten wir noch andere, konkretere Sachen gehört, wenn auch aus dritter und vierter Hand. Diese Geschichten wurden mit einem abfälligen Augenzwinkern erzählt.
    Die Typen, mit denen sich Carolyn traf, waren ausnahmslos älter und wohnten in New Brighton. Weil sie Lucys Schwester war, versuchten wir mehr rauszufinden. Wir dachten, unsere beste Chance wäre, die Typen direkt anzusprechen.
    »Biste vielleicht ihr Bruder?«, war ein ziemlich typischer Kommentar. Diesmal von einem, der später Jase Harbidge Prügel androhte, falls er nicht auf hörte, in der Nähe seiner Wohnung rumzuschnüffeln. Tatsächlich durften wir dem Kerl seine Gereiztheit nicht mal vorwerfen, schließlich war Carolyn minderjährig, und das noch über ein Jahr lang.
    Jahre später verstanden wir es, in Pubs mit diesen ehemaligen Freunden von Carolyn Gespräche anzufangen. Wir arrangierten eine scheinbar zufällige Begegnung und ließen dann Carolyns Namen fallen. »Sie war jederzeit dafür zu haben«, sagte uns einer. Ein anderer meinte spöttisch: »Sie war schon eine ziemlich schräge Nummer, aber sie hat verdammt gern gefickt!«
    Das Muster war immer gleich: Mit keinem der Typen dauerte es lange. Einige von ihnen hatten schon Freundinnen, aber soweit wir wissen, hat sie nie einer, auf den sie ein Auge geworfen hatte, abblitzen lassen. Wenn sie dann mit einem Kerl ein paar Wochen zusammengewesen war, ließ sie ihn einfach sitzen. Die meisten schienen das achselzuckend zu akzeptieren; sie nahmen es nicht persönlich. Sie waren dankbar für den leichten Sex,

Weitere Kostenlose Bücher