Rocking Horse Road (German Edition)
sie zu diversen Adressen zu fahren, wo sie Dope kaufen konnte. Manche der Häuser waren durch dicke Betonmauern mit Stacheldraht darauf gesichert. Carolyn läutete und wurde reingelassen. Jim wartete im Wagen und verbot sich den Gedanken daran, womit sie wohl bezahlte.
Wenn sie so durch die Gegend fuhren, unterhielten sie sich. Manchmal war sie high, und ihre Gedanken kreiselten langsam durch den Wagen wie die vom Wind verwehten Gedichte, die wir noch immer fanden. Jim erzählte uns, daß sie gerne über Lucy redete. »Viele Kleinigkeiten, an die sie sich aus ihrer Kindheit erinnerte, und solche Sachen.«
Natürlich stellten wir uns alle zwangsläufig die Frage, ob Jim und Carolyn miteinander schliefen. Wir konnten uns nur schwer vorstellen, daß man mit einem Mädchen, das so geworden war wie Carolyn Asher, einfach nur redete. Aber wir wußten, daß wir Jim nie nach Details fragen durften. Alles, was er uns je von ihren Gesprächen erzählte und davon, was sie machten, wenn sie allein waren, war, daß das ihre Privatangelegenheit sei und sie im übrigen nichts als gute Freunde waren.
Noch ein paar erwähnenswerte Dinge sind in dieser Zeit passiert. Das erste hat mit dem toten Hund zu tun.
Es gibt eine Kolonie von Pfuhlschnepfen, die jedes Frühjahr auf The Spit eintrifft. Manche Leute machen ziemlich viel Aufhebens darum. Offenbar fliegen diese Vögel ohne Zwischenlandung von Sibirien, um dann über die Häuser der Rocking Horse Road hinwegzugleiten und sich im Naturschutzgebiet am Südende von The Spit niederzulassen. Sie verbringen den Sommer dort, ernähren sich aus der Lagune und fliegen dann im April oder Mai wieder nach Sibirien zurück. Wenn man auf Vögel steht, dann ist es schon eine ziemliche Leistung, so weit zu fliegen, aber offen gestanden interessierte uns das mit fünfzehn nicht im geringsten. Für uns waren diese Schnepfen einfach kleine gefleckte Vögel mit langen Beinen, kaum anders als die anderen Watvögel, die das ganze Jahr über an der Lagune lebten.
Wir interessierten uns nur für sie, weil in diesem Jahr irgendwer oder irgendwas sie umbrachte. Eines Morgens fand ein Biologiestudent etwa ein Dutzend dieser Vögel tot am Strand. Mark Murray erfuhr zuerst davon, sein Vater hatte es beim Frühstück im Radio gehört. Natürlich gingen wir nach der Schule hin, um es uns anzusehen. Als wir ankamen, standen da schon ein paar bärtige Vogelfreaks rum und dachten lautstark darüber nach, einen temporären Zaun um das Nistgebiet der Schnepfen zu ziehen. Wir waren enttäuscht, daß wir die toten Vögel nicht mehr zu sehen bekamen. Nur noch ein paar Federn lagen verstreut herum.
Einer der Bärtigen kam zu uns. »Seid ihr von hier, Kinder?« Wir mochten es nicht besonders, wenn man uns »Kinder« nannte, aber wir nickten dennoch. Er fragte uns, ob wir in den letzten Tagen einen uns unbekannten Hund hier rumlaufen gesehen hätten. Wahrheitsgemäß verneinten wir. Grant sagte ihm, daß andauernd Leute ihre Hunde am Strand ausführten.
»Nein, ich meine einen Hund ohne Besitzer, besonders abends.« Bei diesen Worten spähte der Mann über den Strand, als erwartete er, daß der Hund, von dem er redete, jeden Moment auftauchen würde, um noch mehr Vögel zu zerfetzen. Aber wir hatten nichts dergleichen beobachtet. Wir wußten zwar, daß in den Dünen und zwischen den Lupinen ein Hund sich tagelang ungesehen im Naturschutzgebiet rumtreiben konnte, aber das sagten wir ihm nicht.
Zwei Tage später berichtete The Press auf Seite zwei, daß der Killer wieder zugeschlagen hatte. Diesmal waren es drei tote Vögel. Zwei weitere wurden von örtlichen Tierärzten wegen schwerer Verletzungen behandelt und hatten kaum Überlebenschancen. Wir suchten nach einer Ablenkung von der Schule und vom Fall Asher, also waren wir begeistert dabei, als Tug Gardiner vorschlug, eine Falle für die Mörderbestie zu bauen.
Wir durchforsteten die Garagen und Schuppen unserer Väter und trafen uns am Nachmittag mit einer breiten Auswahl an Spaten und Schaufeln im Naturschutzgebiet. Wir wählten eine Stelle hinter der ersten Düne, etwa hundert Meter entfernt vom Rastplatz der Pfuhlschnepfen. Es gab da einen schmalen Pfad, den Kaninchen benutzten, und da hatten wir schon öfter mit selbstgebastelten Fallen Erfolg gehabt. Ein Hund aber ist wesentlich größer als ein Kaninchen, und wir wußten, daß wir weit mehr als eine Drahtschlinge brauchten, wenn wir einen fangen wollten.
Wir waren zu fünft an diesem Nachmittag und gruben
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