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Rocking Horse Road (German Edition)

Rocking Horse Road (German Edition)

Titel: Rocking Horse Road (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Nixon
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Bierbauch, der sich über seinen Gürtel wölbte, machte einen Schritt nach vorn und stieß den Mann von HART vor die Brust. Der taumelte zurück, wurde aber von den Demonstranten hinter ihm aufgefangen und vor einem Sturz bewahrt. Nun blieben noch mehr Tourgegner stehen und konfrontierten die Gruppe auf dem Gehweg.
    Das Empire hat im oberen Stock einen langen Balkon zur Straße hin. Etwas schweres Weißes knallte inmitten der Demonstranten auf den Boden. Einige schrien auf, und die Frau in Violett ließ das Megaphon fallen.
    Eine weiße Wolke hüllte sie ein. Einen Moment lang sah es so aus, als hätte eine plötzliche Wetterkapriole eine Nebelbank auf die Tourgegner herabgesenkt. Mehl. Offensichtlich hatte irgendein Scherzkeks eine volle Mehltüte vom Balkon geworfen. Die Tüte muß schon aufgerissen gewesen sein, denn ein Teil ihres Inhalts breitete sich bereits während des Flugs aus. Wir schauten zu, wie sich die Wolke sanft auf Kleider und Haare der Demonstranten legte. Vor der Dunkelheit wurden sie zu Negativen ihrer selbst. Wir schauten hoch und sahen vier oder fünf Männer auf dem Balkon. Sie schmissen jetzt auch andere Sachen runter. Kleine Geschosse flogen durch die Luft und zersprangen auf der Straße. Das waren Eier. Eines traf eine Demonstrantin an der Schulter, und das Eigelb spritzte ihr ins Gesicht. Sie schrie wie am Spieß.
    Die Männer auf dem Gehweg lachten. Einer der Tourgegner am Rand der Menge hatte die Nase voll. Er stieß einen Kerl, der ständig Beschimpfungen brüllte. Wir erkannten Mr. Jenson, unseren Lehrer. Der Kerl stieß ihn zurück, und dann packten sie sich gegenseitig am Hemdkragen. Die beiden Gruppen vereinigten sich um sie herum, und die Fäuste flogen. Überraschenderweise (für uns zumindest) war es der schimpfende Kerl und nicht der junge Englischlehrer, der zurücktaumelte und sich das Gesicht hielt. Nun griffen Männer aus beiden Gruppen ein, und wir verloren Mr. Jenson inmitten von fuchtelnden Armen und kräftigen Faustschlägen aus den Augen.
    Aus beiden Gruppen mischten sich jetzt Leute ein, um sich an der Schlägerei zu beteiligen oder um die Kontrahenten auseinanderzubringen. Der alte Mr. Robinson war darunter, er versuchte, einen Trinker, der doppelt so groß war wie er, wegzuziehen. Wir sahen, daß der arme Mr. Robinson Gefahr lief, übel zugerichtet zu werden. Dann war Jenson plötzlich wieder da, mit wutblitzenden Augen, Stirn an Stirn mit einem ebenfalls total aggressiven Rugbyfan. Sie schrien sich gegenseitig an:
    »Rassist!«
    »Verräter!«
    »Du bist doch zu dumm zum Scheißen!«
    »Ab nach Rußland, du Dreckskommunist!«
    Sie beharkten sich noch immer, als man sie auseinanderzerrte. Auch andere wurden jeweils in die eigenen Reihen zurückgezogen.
    Aus Mangel an Alternativen marschierte der Protestzug weiter. Die elfenhafte Frau mit dem Megaphon starrte schweigend vor sich hin. Sie hatte Mehl auf den Haaren und Ei auf dem Kleid. Die Demonstranten sahen bemitleidenswert aus, mehrere junge Frauen weinten. Was die Organisatoren sich als Demonstration von Geschlossenheit und Stärke gegen die Springbok-Tour gedacht hatten, wirkte jetzt wie ein ungeordneter Haufen Flüchtlinge. Einige Männer hatten Wunden oder Blutergüsse im Gesicht. Andere hinkten, während sie versuchten, das Mehl von ihren Kleidern zu wischen. Sie schienen alle unter Schock zu stehen, und doch zogen sie stoisch weiter. Die beiden, die das Transparent trugen, gingen so nahe nebeneinander, daß das Spruchband durchhing und nicht zu lesen war. Es gab keinen Gesang mehr. Die Taschenlampen waren jetzt alle an, und als wir weiter zurückblieben, sah der Protestzug aus wie ein beleuchtetes Schiff, das leckgeschlagen war und Schlagseite hatte. Es verschwand in der Dunkelheit, um zu sinken.
    Zum Glück machten sich nur ein paar Männer aus dem Empire die Mühe, den Demonstranten zu folgen. Die Aufgebrachtesten gingen noch eine Weile mit und brüllten Beschimpfungen oder »Wir wollen Rugby!«, doch als keine Reaktion mehr kam, kehrten auch sie ins Empire zurück. Zweifellos standen sie bis zur Sperrstunde an der Bar und erzählten sich wieder und wieder ihre Heldentaten, mit einer Begeisterung wie sonst nur bei Angleroder alten Rugbygeschichten.
    Nach und nach verließen einige der Demonstranten den Zug. Sie scherten kommentarlos aus, einzeln oder zu zweit, und blieben zurück. Genug ist genug. Sie konnten immerhin sagen, daß sie ihren Teil beigetragen hatten. Bestimmt benutzten sie Seitenstraßen auf

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