Rockoholic
Anzeigenblättchen auf die Armlehne des Sofas und schaut mich an. Ihre rotbraune Tönung sieht grässlich aus.
»Wie ist es gelaufen? Haben wir das Haus gekriegt?«
Sie setzt sich auf die Kante des Zwei-Sitzer-Sofas gegenüber. »Ja. Wir haben das Haus gekriegt.«
»Hatte er irgendwelche Schulden?«
Sie schüttelt den Kopf. »Nein. Das hatte er alles geregelt. Ich kannâs zwar kaum glauben, aber nein, nein, keine Schulden. Er hat sogar die Hypothek abbezahlt.«
»Und ist die Sache damit gegessen? Wir können hierbleiben?«
»Ja, wir können hierbleiben.«
Ich rechne mit schlechten Nachrichten. Ich rechne immer mit schlechten Nachrichten, vermutlich weil ich immer bloà schlechte Nachrichten bekomme. Die Bekanntgabe meiner Abschlussnoten der Mittelstufe â miese Nachrichten. Das wichtige Gespräch, das Mum und Dad mit Halley und mir führen wollten â Scheidungsnachrichten. Die Testergebnisse von Opa â die schrecklichsten Nachrichten überhaupt. Aber das hier, das hier sind tatsächlich mal gute Nachrichten. Keine Schulden, die Sorgen bedeuten würden, und kein erneuter Umzug.
»Aber das ist noch nicht alles, Jody«, sagt sie, lehnt sich nach vorne und legt sich beide Hände an den Mund, als ob sie die Worte darin zurückhalten will.
»Was?«, frage ich und mache mich schon auf das Schlimmste gefasst. Was? Was? Was? Stirbst du jetzt auch? Muss dir ein Bein amputiert werden? Was ist los?!
»Dein Opa hat uns Geld vermacht. Dir, mir und Hal. Einen ziemlichen Batzen.«
»Oh. Okay.« Er hatte gesagt, falls ihm Geld übrig bliebe, würde er das dem Altersheim für betagte Breakdancer in Croyde vermachen. Er hat die letzten zehn Jahre von seiner Pension gelebt, sehr viel kann es also nicht sein.
Mum holt tief Luft. Da sind Tränen in ihren Augen. »Erinnerst du dich noch an diesen Lotteriegewinn, den er vor geraumer Zeit gemacht hatte?«
»Ja. Aber das Geld hat er doch in den Schlagzeugraum gesteckt.«
»Nein, er hat einen Teil des Geldes in den Schlagzeugraum gesteckt. Einen anderen Teil hat er den betagten Breakdancern geschickt. Und er hat für ein Lemuren-Pärchen die Patenschaft übernommen. Aber es war noch was übrig.«
»Oh. Wie viel?«
»Ãber den Daumen gepeilt ⦠so ungefähr hunderttausend Pfund.«
KAPITELÂ 13
BELLA ITALIA
Innerhalb von einer Woche nimmt alles eine Wendung zum Besseren, sogar Jacksons Verhalten. Das ist vermutlich der Grund, warum ich dieses seltsame Glücksgefühl empfinde. Mir hat das Glücklichsein gefehlt â wirklich schön, es wieder zu fühlen. Was die Woche für mich so viel angenehmer macht, ist die Tatsache, dass meine Schwester Halley noch immer mit ihrer Jugendgruppe in den Quantock Hills unterwegs ist, somit muss ich nur vor Mum auf der Hut sein, aber Mum hat anscheinend einen neuen Schwerpunkt in ihrem Leben â Shoppen. Früher hatte sie Shoppen nie gemocht, vermutlich weil sie nie genug Geld hatte, um Shoppen zu mögen, aber seit der Testamentseröffnung ist es, als hätte sie ein neues Hobby entdeckt. Ich kann allerdings nicht behaupten, dass ich dieser Entwicklung so ganz bedenkenlos gegenüberstehe. Als Dad ein neues Hobby entdeckt hatte â Kasinoinvestitionen â, mussten wir am Ende unser Haus verkaufen. Aber mal von der guten Seite betrachtet, kann Mum erstens besser mit Geld umgehen als Dad und zweitens ist sie oft auÃer Haus, und das bedeutet für mich weniger Sorgen, dass sie Jackson in der Garage entdecken könnte und mir die Giraffe macht.
Wenn er sich nicht um Cree kümmert oder probt oder arbeitet, hilft mir Mac auf Jackson aufzupassen. Wir sind wie zwei Emo-Versionen von Florence Nightingale. Jackson schläft nachts zwar meist durch, aber am Tag ist sein Verhalten gelinde gesagt ziemlich sprunghaft. In der einen Minute ist er wie im Koma, in der nächsten ist er wie eine explodierende Feuerwerkskiste. Wenn er hulkmäÃig rumrandaliert, was zehn Minuten oder auch eine Stunde dauern kann, verschlieÃen wir die Garagentür und überlassen ihn sich selbst.
Am Tag nach der Badeaktion zerfetzt Jackson meine Kissen. Ich bringe ihm etwas zum Mittagessen und kann nicht anders als laut loslachen. Er sitzt auf dem FuÃboden, in der Mitte, splitternackt, umgeben von Federn und macht einen auf Schmolltussi.
»Bist du nicht sauer auf mich?«,
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